Mord mit kleinen Fehlern
Wenn wir an die Börse gehen, wärst du auf einen Schlag steinreich. «
Anne hielt die CD hoch. »Was ist das?«
Gil grinste schief. »Du musst zuerst antworten. Wann willst du anfangen? Wir beide - ich und du - können Chipster wirklich nach. oben bringen!«
»Du hast getrunken.«
»Schuldig im Sinne der Anklage!« Gil hielt eine Hand hoch. »Und? Willst du meine Firmenanwältin sein? Und ich wäre gern dein Lover.«
Annes Magen drehte sich. »Gil, konzentriere dich bitte. « Sie ließ die CD wie eine fliegende Untertasse über die Tischplatte kreiseln.
»Ich versuche, diesen Fall für dich zu gewinnen, obwohl du alles tust, um das zu verbocken. Zuerst hast du mich hinsichtlich deiner Affäre mit Beth Dietz angelogen, dann bringst du mir eine CD mit, obwohl ich dich um Beweise gebeten hatte. Was soll das? «
»Du brauchst diesen Fall nicht für mich zu gewinnen, Anne. Das habe ich schon ganz allein bewerkstelligt. Die CD ist der Beweis, meine Herzallerliebste.«
Anne ignorierte »meine Herzallerliebste«. Gil versetzte sich zusehends in eine peinliche Lage, und es war der Glenlivet, der aus ihm sprach. »Wie kann eine CD der Beweis für eine Affäre sein?«
»Ist sie nicht, dennoch ist sie ein Beweisstück. Ein hammerharter Beweis.«
»Wofür?«
»Für Fehlverhalten. Für Diebstahl. Für Industriespionage.« Gil nahm die CD zur Hand und lugte mit einem blaugrünen Auge durch das eingestanzte Loch in der Mitte.
»Buh! «
»Gil, was machst du da ?«
»Du unterschätzt mich, Anne.« Er legte die CD auf den Tisch, plötzlich ernst. »Du dachtest, ich hätte alles verbockt - übrigens eine interessante Wortwahl -, aber das sieht man nicht gleich. Ich verwische meine Spuren. Ich plane meine Schritte. Das muss man, wenn man im E-Business Erfolg haben will, weißt du. Die Konkurrenz ist mörderisch. Einer muss immer bluten, und man muss verdammt gut aufpassen, dass man das nicht selber ist.«
»Was ist auf dieser CD?«
»Also schön. Lass mich dich kurz mit unserer Firmengeschichte vertraut machen. Als ich Chipster gründete, war ich nicht allein, sondern da waren noch ein paar andere gute Männer - tut mir Leid, meine Hübsche -, und einer von ihnen war Bill Dietz.«
Anne erinnerte sich, das am Vortag in der Zeugenaussage gelesen zu haben.
»Dietz stieß etwas später dazu. Er kam von einer anderen Internetfirma namens Environstar. Dietz war schlau und arbeitete hart, machte viele Überstunden und hatte gute Ideen, wenn man bedenkt, was für ein Arschloch er war. Aber vor allem schrieb er gute Codes.«
»Weiter.«
»Chipster gelang also der Durchbruch, und wir entwickelten unser Produkt, unsere Web-Anwendung, zum Teil auf dem Code, den er geschrieben hatte. Aber ein Jahr später teilte Dietz mir mit, dass er den Basiscode von Eviron star gestohlen hatte.« Gil hielt die CD hoch. »Das hier ist der Code, den er gestohlen hat. «
»Hat Environstar ihn strafrechtlich verfolgen lassen? «
»Nein, die hatten den Code selbst gestohlen und damit ihre Firma gegründet. Jeder stiehlt Software - und zwar deshalb, weil Software nie ganz fertig ist, sie durchläuft nur hunderte von Versionen von 1.o bis 37.9. Und im Laufe der Zeit wechseln die Leute den Job. Aber darum geht es gar nicht. Es geht um mich, nicht um Dietz. Zeig mir, dass du ein schlaues Mädchen bist, und sage mir, was ich als Nächstes getan habe.«
Anne dachte kurz nach. Letzte Woche hätte sie noch eine andere Antwort gegeben, aber nun sah sie Gil mit neuen Augen an. Und lernte, zu planen – im Voraus. »Du hast nichts getan. Du hast den Basiscode weiterhin verwendet, ihn weiter entwickelt und ein Vermögen gescheffelt. Du hast deine Firma auf einem geklauten Code aufgebaut.«
»Ja! Mein Gott - schön und schlau! Ein echter Schlager!« Gil beugte sich über den Tisch. »Ich mag Frauen, die intelligent sind. Ich bin nicht wie die anderen.«
Nein, du bist schlimmer. »Warum hast du Dietz keine Aktienbezugsrechte gewährt?«
»Weil er etwas später dazustieß und genau genommen keiner der Gründer war. Und ich musste ihn auch nicht auf diese Weise an das Unternehmen binden.«
Anne begriff allmählich. »Nein, du wusstest ja bereits von dem gestohlenen Code. Darum hattest du ihn in der Hand. Falls er deine Firma verlassen wollte, würdest du ihn bloßstellen.
»Ich liebe es, wenn du Tacheles redest. Kannst du auch schmutzig reden, Anne? Das habe ich mich oft gefragt, mitten in der Nacht.« Als Gil sich noch weiter über den Tisch
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