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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
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ausgegangen. Vielleicht war sie gar nicht tot. Sie konnte nicht tot sein.
    Annes Gedanken purzelten in ihrer Verwirrung übereinander. Na gut, sie wusste nicht, wo sich Willa aufhielt, aber sie musste der Welt mitteilen, dass sie noch am Leben war. Sie dachte an ihre eigene Familie, verwarf diesen Gedanken jedoch schnell wieder. Ihre Mutter konnte sie nicht ausfindig machen, und ihren Vater, einen Gitarristen, der noch vor ihrer Geburt einfach abgehauen war, hatte sie nie kennen gelernt. So viel dazu.
    Anne dachte unwillkürlich an Gil und Chipster. Gil musste erfahren, dass sie noch lebte und dass sein Fall am Dienstag wie geplant verhandelt würd e. Chipster.com wollte a n di e Börse , un d ei n negative s Geschworenenurtei l würd e de n Börsengang , de r scho n einma l verschobe n worden war , völli g unmöglic h machen . Si e nah m de n Höre r a b und ga b Gil s Handynumme r ein . E s klingelt e viermal , dann fünfmal , dan n meldet e sic h di e Voicemail . Ann e wartete , bis sein e Bandansag e geende t hatte , doc h plötzlic h ertönt e ein Gong , un d ein e mechanisch e Stimm e erklärte : »I m Augenblic k könne n kein e weitere n Nachrichte n angenommen werden. « Dan n wa r di e Verbindun g tot.
    »Verdammt!« Anne drückte auf die Gabel und versuchte es erneut. Gils Voicemail musste voll sein. Sie hörte wieder nur die Bandansage und den Abbruchsgong. Anne knallte den Hörer auf die Gabel. Ihre Gedanken rasten. Bei Gott,  es waren noch viele andere Anrufe zu tätigen.
    Sie nahm den Hörer wieder zur. Hand und wählte die Nummer der Kanzlei. Irgendjemand würde jetzt bei der Arbeit sein. Mary nahm heute für sie die eidesstattliche Erklärung einer Zeugin im Chipster-Fall auf. Der Termin fand um dreizehn Uhr in der Kanzlei statt. Sofort meldete sich eine Stimme. »Sie haben die Rufnummer von ROSATO & PARTNER gewählt«, sagte der Anrufbeantworter der Kanzlei. »Bis Dienstag, den fünften Juli, haben wir geschlossen. Wir trauern um unsere verstorbene Kollegin Anne Murphy. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht, dann rufen wir Sie so bald als möglich zurück.«
    Anne hängte erstaunt ein. Sie hatten die Kanzlei geschlossen? Wo sie Anne doch nicht einmal leiden konnten! Ihr kam die Idee, Mary auf dem Handy anzurufen, aber wie lautete die Nummer? Anne kannte sie nicht, ihr Handy dagegen schon.
    Sie lief ins Schlafzimmer, in dem sie ihr vorübergehendes Kriegshauptquartier eingerichtet hatte. Das Doppelbett war zum Arbeits-, Schlaf- und Wohnbereich umfunktioniert worden. Ihr dicker Laptop stand offen auf dem Kissenschreibtisch, und schwarze Notizbücher voller Notizen lagen im Halbkreis um das Doppelbett. Ihr silbernes Handy funkelte im Sonnenlicht, das durch das geöffnete Fenster fiel. Anne griff nach dem Handy und klappte es auf.
    Das Display war nunmehr transparentes Schwarz. Die Batterien waren leer. In der Eile der letzten Nacht hatte sie vergessen, das Handy im Wagen aufzuladen. »Scheiße! «, brüllte Anne und knallte das Handy auf die Matratze.
    Kevin ist draußen. Kevin ist frei. Kevin hat das getan.
    Der Gedanke lähmte sie einen Moment lang. Im letzten Jahr war sie ans andere Ende des Landes gezogen, um so weit wie möglich von Kevin Satorno wegzukommen. Sie waren sich in Los Angeles in einem Supermarkt begegnet. Er hatte ihr erzählt, er sei gerade dabei, an der University of California in Geschichte zu promovieren. Ein einziges Mal war sie mit ihm ausgegangen, eine Verabredung zum Abendessen, die in einem keuschen Kuss geendet hatte, aber dieser eine Abend hatte ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt.
    Danach rief Kevin ständig bei ihr an, sprach von Ehe und Kindern, schickte ihr Geschenke und rote Rosen. Irgendwie war er auf die Idee verfallen, dass sie ihn liebte. Zuerst war ihr ganz schrecklich zumute, weil sie glaubte, ihm die falschen Signale vermittelt zu haben, aber als er dann unangemeldet in ihr Büro kam und seine zehn Anrufe täglich auf dreißig anwuchsen, bekam sie es mit der Angst zu tun. In kürzester Zeit folgte ihr Kevin überall hin. Er wurde zum Stalker.
    Sie war zu den Behörden gegangen, wo sie von Erotomanie beziehungsweise dem  de-Clérambault-Syndrom erfuhr, bei dem ein Mensch der irrigen Annahme verfällt, eine bestimmte Person würde ihn lieben. Sie hatte baldmöglichst eine Unterlassungsverfügung bewirkt, aber die hatte ihr in der Nacht, als Kevin ihr an der Haustür auflauerte und sie mit einer Waffe bedrohte, auch nicht geholfen. Es war großes Glück

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