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Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Titel: Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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Überraschung verspürte sie nach dem ersten Schrecken keinerlei Furcht.
    Während Fallersleben jetzt in ein kurzes Schweigen verfallen war, tastete Hanna die steile Böschung ab, die sie eben heruntergerutscht war. Sie fand keinen Halt. Nichts, woran sie sich aus eigener Kraft hätte hochziehen können.
    »Herr von Fallersleben!«, rief sie. »Helfen Sie mir! Allein schaffe ich es nicht.«
    »Wissen Sie«, fuhr er fort, als habe er sie nicht gehört. »Ich glaube, ich stehe unter Schock. Für einen alten Mann wie mich ist das alles zu viel. Bis gestern habe ich ein gutes und ruhiges Leben geführt. Was ist nur geschehen?«
    »Halten Sie keine Vorträge! Tun Sie etwas!«
    »Ja, das muss ich wohl. Mir ist nur so seltsam zu Mute …«
    Hanna sah, wie die Silhouette erst in die Knie sackte und dann zur Seite kippte.
    »Fallersleben!«, schrie sie. »Nein! Nicht ohnmächtig werden! Das ist ein ganz schlechter Zeitpunkt!«
    Ohnmächtig? Hoffen wir mal, dass es nur das ist, zischte die Stimme.
    Hanna legte die Hände wie einen Trichter an den Mund und rief so laut sie konnte: »Sie sind jetzt nicht tot! Ist das klar?«
    Keine Antwort. Nur seltsame raschelnde Geräusche. Waldtiere? Wildschweine? Fraßen Wildschweine ohnmächtige Grafen?
    Stopp, Hanna! Nicht durchdrehen!
    Okay, okay.
    Ruhig werden. Nachdenken. Welche Optionen hatte sie? Keine. Wie konnte sie Hilfe herbeiholen? Ohne Handy? Blöde Frage. Alles, was ihr blieb, war ihre Waffe. Das Geraschel über ihr wurde lauter. Hanna zog ihre Waffe, zielte in die vor dem Sternenhimmel dunkel aufragenden Baumkronen und gab einen Schuss ab.
    Das Geraschel verstummte.
    Fallersleben wachte davon nicht auf.
    Mannomann! Der war aber weggetreten.
    Hanna dachte angestrengt nach. Sollte sie alle Schüsse, die sie hatte, nacheinander abfeuern in der Hoffnung, jemand würde sie hören? Nein, besser in regelmäßigen Zeitabständen. Alle zehn Minuten vielleicht.
    Sie schaute auf das Leuchtzifferblatt ihrer Uhr. Es war, abgesehen von den fernen Sternen, ihre einzige winzige Lichtquelle. Mitternacht vorüber.
    Hier würde niemand zufällig vorbeikommen. Nicht um diese Zeit. Nur Johannsen im Auto.
    Aber man würde doch nach ihnen suchen, oder? Wenn der Graf nicht heimkehrte, würde die Gräfin sofort einen Suchtrupp losschicken. Es sei denn, sie fühlte sich wieder so schwach, dass ihr die Abwesenheit ihres Gatten gar nicht auffiel.
    Und der Sohn? Der würde den Schnabel halten und froh sein, wenn sein despotischer Vater wegblieb.
    Spekulationen.
    Hanna starrte auf den Minutenzeiger. Er rührte sich wenig. Sie zitterte plötzlich.
    Das ist nur der Schock, sagte sie sich.
    Beziehungsweise die Grabeskälte, wurde ihr geantwortet.
    Ein Wort mit Grab darin war jetzt kein gutes Wort.
    »Fallersleben!«, rief sie wieder so laut sie konnte. »Wachen Sie auf!«
    Plötzlich erklang in der Ferne ein Motorengeräusch. Johannsen. Ganz sicher Johannsen.
    Sie konnte sogar hören, wie der Wagen langsamer wurde. Bestimmt hatte er die Abzweigung erreicht. Er schien anzuhalten, aber so genau hätte sie das nicht zu sagen vermocht. Rasch feuerte Hanna den nächsten Schuss ab. Ein paar Minuten lang tat sich nichts, dann entfernte sich das Motorengeräusch.
    Verdammt!
    Johannsen musste den Knall doch gehört haben! Und er musste nicht nur den Mercedes, sondern auch ihren Golf entdeckt haben. Was dachte der sich bloß? Fuhr einfach weiter!
    Mistkerl! Wieso kam er nicht, um sie zu retten?
    Hörte er etwa so laut Musik, dass ihm der Schuss nicht aufgefallen war? Oder ging er davon aus, dass im gräflichen Wald zu jeder Tages- und Nachtzeit fleißig rumgeballert wurde?
    Hanna bemerkte, dass sie weinte. Er hasste sie, und deshalb machte er sich gar nicht erst die Mühe, nach ihr zu suchen.
    Im nächsten Moment wischte sie sich die Tränen ab und zwang sich selbst zur Vernunft. Johannsen konnte im Leben nicht auf die Idee kommen, dass sie keine vierzig Meter von ihm entfernt in einer Erdspalte festsaß. Vielleicht machte er sich sogar Sorgen um sie, nahm aber an, er würde sie ebenfalls im Herrenhaus antreffen. Und deshalb fuhr er jetzt auch so schnell weiter. So und nicht anders musste es sein.
    »Fallersleben!«, rief sie wieder.
    Keine Antwort.
    Keine Regung.
    Grabesstille.
    Super, danke. Noch so ein schönes Wort.
    Etwas klapperte. Ziemlich laut. Ihre Zähne. Hanna schloss fest den Mund.
    Ohne ihr Zutun hob sich ihr Arm, ihr Finger krümmte sich, der nächste Schuss hallte durch den Wald.
    Das mit den zehn

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