Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
dampfte heftig aus der Kühlerhaube, bei ihrem eigenen Wagen war der rechte Hinterreifen vom Blech eingedrückt worden und sah vollkommen platt aus.
Fallersleben war ihrem Blick gefolgt.
»Da will ich mal großzügig sein und Sie nicht wegen des Unfalls anzeigen, den eindeutig Sie verursacht haben. Wir wollen ja kein unnötiges böses Blut.«
»Ich habe einen Fluchtversuch verhindert«, erwiderte Hanna und ärgerte sich, weil das viel zu sehr nach Rechtfertigung klang.
Fallersleben antwortete nicht sofort, sondern tätigte zunächst den Anruf bei seiner Frau.
Hanna konnte hören, wie Gräfin Iris entsetzt aufschrie, aber er schaffte es, sie zu beruhigen, indem er mehrmals erklärte, niemandem sei etwas passiert.
Dann widmete er sich wieder Hanna. »Irrtum, Frau Petersen. Ich wollte keineswegs flüchten. Florian wird morgen früh in seinem Internat in Genf erwartet. Aufgrund der unglücklichen Ereignisse hat sich unsere Abreise um beinahe einen Tag verschoben. Wir hätten die Nacht durchfahren müssen und wären trotzdem zu spät gekommen.«
Wer’s glaubt, dachte Hanna.
Ich nicht!, rief es in ihr.
Andererseits – mit den Informationen, die sie seit wenigen Minuten besaß, wurde auch die Familie Fallersleben in ein anderes Licht gerückt.
Erneut wollte sie etwas sagen, erneut kam sie nicht zu Wort.
Fallersleben wies seinen Sohn an, das Gepäck aus dem Kofferraum zu holen.
»Ein bisschen dalli!«
Florian musste sich anstrengen, um zwei schwere Koffer herauszuwuchten und an den Straßenrand zu stellen. Er wirkte erleichtert, weil sich die Abreise ins verhasste Internat erneut verzögert hatte.
»Die passen aber nicht in Mamas Auto«, erklärte er.
»Lass die Koffer dort stehen. Ich rufe Andrew an. Er wird den Transport organisieren.«
Fallersleben wandte sich ab und tippte erneut eine Nummer in sein Handy.
Hannas Schläfe schmerzte jetzt wieder stärker. Sie befühlte vorsichtig die Stelle. Das würde eine dicke Beule geben.
Dennoch erkannte sie die Chance, die sich ihr bot, und handelte. Während der Graf telefonierte, näherte sie sich mit kurzen Schritten seinem Sohn.
Der wich erst vor ihr zurück, setzte dann aber eine trotzige Miene auf, rammte die Hacken in den Boden und kreuzte die Arme vor der Brust.
Hanna setzte ihr freundlichstes Lächeln auf.
»Hallo, wir haben uns noch gar nicht richtig kennengelernt. Ich bin Hanna Petersen.«
Sie hielt ihm die Rechte hin.
Fallersleben war abgelenkt. Er sprach mit dem Butler und bellte einige Anweisungen ins Handy.
Florian zögerte, löste dann aber die verknoteten Arme und ergriff ihre Hand.
»Guten Abend«, sagte er artig.
Hanna fühlte, was zu fühlen war.
Jetzt war sie ganz sicher.
Fallersleben wirbelte herum. »Fassen Sie meinen Sohn nicht an!«
Er machte Anstalten, sich auf Hanna zu stürzen.
»Immer mit der Ruhe. Ich habe mich nur mit ihm bekannt gemacht.«
Florian fand die Vorstellung seines Vaters offenbar witzig. Er grinste breit. »Hey, Papa, bloß keinen Stress. Hier, siehst du? Ich habe gar keine Handschellen um. Der Henker muss warten.«
»Spar dir die dummen Witze für deine asozialen Freunde auf!«
Florians Grinsen erlosch, die Mundwinkel wanderten nach unten.
Hanna zog sich zwei Meter zurück und verhielt sich still. Für einen Moment vergaßen Vater und Sohn ihre Anwesenheit. Perfekt.
»Du bist so gemein!« Florian klang auf einmal wie ein Kind. »Manni und Tom sind die besten Kumpels der Welt!«
»Sicher«, erwiderte Fallersleben. Hanna sah, wie er um seine Selbstbeherrschung kämpfte. »Sie sind ein paar wunderbar erzogene Jungs, die dir heute Abend schnell noch Marihuana vorbeibringen wollten.«
Florians Blässe bekam etwas Wächsernes.
»Woher …«
»Wer in meinem Haus telefoniert, sollte immer daran denken, dass jemand anderes vom Zweitanschluss aus mithören kann.«
Beziehungsweise vom Flur aus, so wie Westermann und ich, dachte Hanna.
Florian schrumpfte um ein paar Zentimeter. »Du hast mein Handy eingezogen, und dann belauschst du meine Privatgespräche? Das sind Nazimethoden.«
Fallersleben war jetzt ganz ruhig.
»Die Nazis kannten noch keine Handys.«
Hanna schluckte schnell ein Kichern hinunter.
»Das bisschen Gras sollte mir den Einstieg im Internat erleichtern«, nuschelte der Junge.
»Florian!« Der Graf schrie jetzt. »Du solltest ein Kilo Marihuana in die Schweiz einschmuggeln! Das ist wohl etwas mehr als ein bisschen!«
Oha!, dachte Hanna.
»Was glaubst du wohl, was passiert wäre, wenn man
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