Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
ganz liebes Pferd und wird bestimmt nicht austreten.«
»Ich werde mich hüten«, gab Fallersleben zurück. »Sie sollten wissen, Frau Petersen, dass ich kein Pferdefreund bin.«
»Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen.«
Ihm entging ihr ironischer Unterton.
»Nicht wahr? In einem Pferdeland wie Niedersachsen sollte man meinen, dass der Landadel von früh bis spät im Sattel sitzt, seinen Besitz abreitet und die Knechte mit der neunschwänzigen Katze auspeitscht.«
»Hm, so ungefähr.«
Sie starrte angestrengt geradeaus. Fallersleben ging sehr langsam. Weiter vorn wieherte Alfred leise.
»Jetzt kommt schon!«, rief Westermann. »Ich höre einen Wagen. Nein, ich glaube, es sind zwei.«
Der Graf ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Nun, mein Vater hat edle Hannoveraner gezüchtet, bei ihm stimmte noch das Klischee. Aber ich bin als kleiner Junge schwer von meinem Pony gestürzt. Als ich meinen Vater beerbt habe, da habe ich als Erstes sämtliche Pferde verkauft.«
»Warum erzählen Sie mir das alles? Erwarten Sie von mir Mitleid, weil Sie als Kind mal ins Gras geplumpst sind?«
»Gewiss nicht«, kam es zurück. »Ich möchte Sie nur bitten, dieses hässliche Tier nicht zum Haus mitzubringen. Es weckt unschöne Erinnerungen.«
»Ich kann Alfred ja wohl kaum hier im Wald aussetzen, nachdem er uns gerettet hat.«
Bevor Fallersleben etwas entgegnen konnte, erreichten sie die Straße.
Hanna entdeckte einen Pferdehänger und davor einen Opel älteren Baujahrs, dessen hell erleuchtete Scheinwerfer sie endlich aus der Dunkelheit erlösten. Dann sah sie, wie ein Mann die breite Klappe des Hängers herunterließ.
»Komm, Fritz, hilf mir mal.«
Hanna ging auf ihn zu.
»Herr Westermann?«
Er drehte sich um, ein großer, kräftiger Landwirt mit weißen Haaren und hell blitzenden Augen. »Na, endlich sehe ich Sie mal, Frau Kommissarin.«
Ihre Hand verschwand in seiner Pranke.
Ein guter Mann.
»Sie kommen genau im richtigen Moment. Alfred braucht eine Transportgelegenheit.«
Westermann senior nickte. »Die gute Luise hat mich angerufen. Sie sagte, mien Jung wäre losgetrabt, um Ihnen bei einem wichtigen Einsatz zu helfen. Da hab ich mich schnell mit dem Hänger auf den Weg gemacht. Dachte mir, dass der Dicke ja wieder nach Hause muss.«
Er tätschelte Alfreds Kruppe. Die beiden verstanden sich. Schon schritt der Schimmel auf den Hänger und schickte ein kleines Wiehern zum Abschied durch die Nacht.
Die Klappe wurde wieder geschlossen.
»Besonders dreckig hat er sich nicht gemacht«, erklärte der Sohn seinem Vater. »Kannst ihn wieder in den Stall lassen.«
Westermann senior grinste, setzte sich dann in seinen Wagen und fuhr langsam an.
Erst als er fort war, entdeckte Hanna das zweite Auto. Es war vom Hänger verdeckt gewesen.
Johannsen.
Er stieg aus und sah kurz dem Hänger nach.
Jetzt mal in Ohnmacht fallen, dachte sie. In seinen Armen landen und für ein paar kostbare Augenblicke alles vergessen.
Zu dumm, dass sie dafür nicht der Typ war. Das konnte Fallersleben besser. Und sein Sohn war gut darin, einen Schwächeanfall vorzutäuschen.
Johannsen kam direkt auf sie zu. In seinen Augen lag Sorge.
Und noch etwas?
Zärtlichkeit?
Ein klitzekleiner Seufzer stahl sich aus ihrem Mund. Sie schaute ihm entgegen.
Er ließ sie stehen und wandte sich an Fallersleben.
Toll. Danke.
»Was ist passiert? Geht es Ihnen gut? Sie sehen sehr blass aus. Kommen Sie zu meinem Wagen und setzen Sie sich auf den Beifahrersitz. Wir fahren sofort zum Haus. Dort kann ich Sie gründlich untersuchen.«
Fallersleben machte eine abwehrende Handbewegung. »Mit mir ist alles wieder in Ordnung, Herr Doktor. Mir war vorhin nur ein wenig unwohl.«
»Ich bestehe darauf«, erwiderte Johannsen.
»Hey, Jo«, sagte Westermann. »Ich bin schwer verletzt, und Hanna ist zweimal auf den Kopf geknallt. Der Graf war nur mal kurz weggetreten. Vielleicht kümmerst du dich lieber um uns?«
»Ihr beide seht aber ganz frisch aus«, gab Johannsen ungerührt zurück. »Also bitte, die Herrschaften. Fahren wir.«
Nett klang anders, entschied Hanna und folgte den anderen müde zum Wagen.
In Johannsens Kombi nahm Westermann den Großteil der Rückbank ein, indem er auf allen vieren hineinkroch und in dieser hockenden Stellung verharrte. Hanna quetschte sich mit Mühe und Not neben ihn und hörte zu, wie er Johannsen einen kurzen Abriss der Ereignisse lieferte. Er selbst war natürlich der tapfere Held, der sich in stockfinsterer Nacht
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