Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
todesmutig auf einen Höllenritt begab, um seine Holde zu retten.
Fallersleben schwieg dazu, und auch Hanna blieb still. Sie war noch damit beschäftigt, über sich selbst entsetzt zu sein.
Warum war sie so enttäuscht gewesen, als Johannsen sie eben ignoriert hatte? Was war denn plötzlich los mit ihr? Verwirrt rieb sie sich über die Stirn, ertastete die Beule an der Schläfe, dann die schmerzende Stelle am Hinterkopf.
Verdammt! Sie hatte nicht vor, sich zu verlieben. Vor allem nicht in Johannsen.
Ist das klar, Herz?
»Was?«, fragte Westermann.
Hanna presste die Lippen zusammen. Hatte sie etwa laut gesprochen?
Ihr Kollege grinste. »Ich weiß ja, dass dein Herz für alle Zeiten mir allein gehört, aber können wir das auf später verschieben? Wenn ich mich wieder wie ein Mann bewegen kann?«
»Halt den Schnabel, Westermann.«
Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber da kam das hell erleuchtete Herrenhaus in Sicht. Johannsen half Fallersleben beim Aussteigen und bestand darauf, ihn in sein Zimmer zu begleiten. Er holte nur rasch seine Arzttasche aus dem Kofferraum und blieb dann dicht an seiner Seite.
Hanna und Westermann waren sich selbst überlassen.
Sie hörten noch, wie Johannsen dem Grafen erklärte, seiner Familie gehe es gut. Die Gräfin habe von ihm ein Beruhigungsmittel bekommen und schlafe bereits. Florian sei vollkommen in Ordnung und warte in seinem Zimmer.
»Ich fand, er sah sehr verängstigt aus, aber das hatte meiner Meinung nach nichts mit dem Unfall zu tun. Sicherlich geht es um eine Familienangelegenheit.«
Fallerslebens Antwort war nicht mehr zu verstehen.
Unendlich müde stieg Hanna neben Westermann die Freitreppe hoch. Ihr Kopf schmerzte jetzt stark, ihr Magen erinnerte sie daran, dass er immer noch nichts zu essen bekommen hatte, und ihr Herz schlug seltsam langsam. Westermann neben ihr schleppte sich breitbeinig und steif nach oben.
»Ein tolles Paar geben wir ab«, sagte er grinsend.
Sie lächelte müde und schaute an sich hinab. Ihre Jeans waren verdreckt und an zwei Stellen eingerissen. Pulli und Jacke sahen nicht viel besser aus. Ihr Haar hing verfilzt auf die Schultern, und sieben Fingernägel waren abgebrochen. Westermann machte keinen viel besseren Eindruck.
Ihr Retter in der Not war Butler Andrew. Er brachte Hanna zunächst zu einem Gästebad, wo sie sich einigermaßen säubern konnte. Anschließend war ihr Kollege dran. Dann ließ Andrew die beiden Polizisten in den Salon eintreten. Der Raum entsprach vollkommen Hannas Erwartungen von einem hochherrschaftlichen Ambiente. Alte Meister an den Wänden, antike Möbel aus edlen Hölzern sorgsam verteilt, dicke Teppiche auf Eichenparkett und ein großer, aus Feldsteinen gemauerter Kamin mit einer prunkvollen goldenen Uhr auf dem Sims. Westermann legte sich bäuchlings auf ein überdimensionales Sofa, Hanna sank in einen bequemen Ohrensessel. Andrew ließ sie kurz allein, kehrte aber bald mit einem Servierwagen zurück, auf dem sich Schnittchen in allen Variationen türmten. Dazu gab es zwei Kannen Kaffee, eine große Obstschale und einen Teller mit aufgeschnittenem Butterkuchen.
Trotz seiner unbequemen Lage schaffte es Westermann, Unmengen an Essen in sich reinzuschaufeln und literweise Kaffee hinterherzukippen.
Hanna dagegen bekam plötzlich kaum etwas runter. Ein halbes Tomatenbrot, ein Apfel, zwei Tassen Kaffee.
»Wenn du so weitermachst, fällst du mir noch vom Fleisch«, erklärte Westermann. »Ich mag aber keine Hungerhaken, Chefin.«
»Hör schon auf. Du hast mich gerettet, und ich bin dir dankbar. Aber das gibt dir noch lange kein Recht …«
»Stopp, mein Herzblatt! Brauchst dich jetzt nicht zu echauffieren. Ich mach doch nur Spaß. Weiß doch längst, dass der Jo …«
»Stopp!«, fiel Hanna ihm ihrerseits ins Wort. »Kein Ton mehr, Westermann.«
Er schob sich ein großes Stück Butterkuchen in den Mund und kaute andächtig.
»Wenn ich mich bloß umdrehen könnte«, sagte er dann. »Mein Magen kann nicht richtig arbeiten, wenn er so eingequetscht ist. Ich fürchte, gleich passt nichts mehr rein.«
»Dann hör auf, bevor dir schlecht wird. Wir haben noch eine lange Nacht vor uns.«
»Was? Nee, geht gar nicht, Chefin. Ich bin ein Invalide. Jo soll mir eine Spritze geben, und dann will ich nur noch pennen.«
Sie sah ihn streng an. »Kommt nicht in Frage. Wir sind im Dienst.«
Ein herzzerreißendes Stöhnen erfüllte den Salon. »Wie war mein Leben doch schön und beschaulich, bevor du in Hasellöhne
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