Mord nach Drehbuch
Hände. »Könnte schwierig werden.«
Sie hörte, wie ihr Magen laut knurrte. Doherty auch.
»Ein bisschen Enthaltsamkeit ist gut für die Figur«, meinte er und schlang das letzte Stück herunter.
Honey warf ihm einen warnenden Blick zu. »Das ist seelische Grausamkeit.«
Es klopfte an der Tür. Detective Sergeant Peter Fleming, der jüngste Neuzugang auf dem Revier, steckte den Kopf herein. »Tut mir leid, wenn ich Sie unterbreche, Chef, aber ich wollte nur sagen, dass Mrs Drivers Alibi in Ordnung ist.« Er strahlte sie mit seinem kastanienbraunen Gesicht freundlich an. »Sie können jetzt gehen.«
»Mit oder ohne Tüten?«
Der Sergeant verschwand, ohne darauf zu antworten.
Doherty grinste. Er wusste, dass dies wohl der letzte heitere Augenblick des Tages war. Ab jetzt war die Angelegenheit ernst. Er hatte keine Hauptverdächtige mehr.
Honey schaute ihm unverwandt in die Augen, während sie sich langsam die Tüten von den Händen streifte, als wären es lange, elegante Abendhandschuhe. »Dann wollen wir diesen kleinen Zwischenfall mal hinter uns bringen, was? Kommen wir zu den Einzelheiten. Wie ist sie umgebracht worden? Wo?Wann? Wer sind die Verdächtigen? Hm? Ich brauche Details, ehe Casper hier auftaucht und von mir verlangt, dass ich im Sturmschritt losziehe und jemanden verhafte.«
»Wenn er vielleicht jemanden vorschlagen könnte, den wir verhaften sollen, würde uns das die Arbeit erheblich erleichtern.«
»Ich glaube, er tippt auf die Chefgarderobiere.«
Doherty zog fragend die Augenbrauen hoch. »Du meinst, sie hat das stärkste Motiv?«
»Nein. Er mag das Kostüm nicht, das sie ihm verpasst hat.«
Kapitel 6
Casper St. John Gervais, der Vorsitzende des Hotelfachverbandes von Bath, trat ihnen in den Weg, als sie zum Tatort gehen wollten. Er nahm Honey zur Seite.
»Ich denke, ich brauche nicht zu betonen, wie wichtig es ist, dass diese Angelegenheit so rasch wie möglich aufgeklärt wird. Ist Ihnen klar, wie viele Filme in Bath gedreht werden? Und wie viel Geld sie der Stadt einbringen?«
Natürlich war ihr das klar. Jane Austens Romane wurden immer und immer wieder verfilmt, ad infinitum, dazu noch andere historische Romane und deftige Schinken wie
Tom Jones
,
Moll Flanders
und
Fanny Hill
. Wer das echte Ambiente des achtzehnten Jahrhunderts brauchte, kam nach Bath. Es war, als lebte man in einem riesigen Filmset.
Casper redete munter weiter, um zu betonen, dass die großen Produktionsgesellschaften in Hollywood natürlich nur ungern ihre Dreharbeiten an einen Ort verlegen würden, wo sie Gefahr liefen, dass ihre Hauptdarstellerin das Zeitliche segnet.
Honey seufzte. »Vielleicht waren sie ja gar nicht sauer auf die Hauptdarstellerin. Vielleicht hatten sie die Nase gestrichen voll von Jane Austen. Und in diesem Fall wäre ich einer Meinung mit ihnen.«
Caspers blassblaue Augen weiteten sich vor Schrecken. »Machen Sie keine frivolen Scherze, Honey! Ich glaube Ihnen einfach nicht, dass Sie Jane Austen nicht mögen.«
»Stimmt aber. Zu langatmig. Zu lahm.«
Casper schnappte nach Luft. Es hatte ihm die Sprache verschlagen.
Doherty zerrte sie weiter. »Böses Mädchen! Wie gemeindu bist!« Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und grinste.
»Ich war nur ehrlich.«
»Du magst also
Stolz und Vorurteil
nicht?«
»Meine Mutter mag es. Das liegt an den Hosen. Die liegen so eng an. Frauen mögen enge Hosen. Das bringt die Schlampe in ihnen zum Vorschein.«
»Hm. Vielleicht lege ich mir mal ein Paar zu?«
»Na, das würde meinen Tag wirklich aufheitern.«
Martyna war die einzige Mitwirkende des Films, die einen eigenen Wohnwagen hatte. Die Garderoben für alle anderen waren auf der anderen Straßenseite im großen Haus untergebracht, und die Statisten mussten sich mit dem ausrangierten Londoner Doppeldecker zufriedengeben.
Man hatte Doherty einen Umschlag in die Hand gedrückt, in dem sich Fotografien des Opfers befanden. Er blieb vor dem Wohnwagen stehen und blätterte die Bilder kurz durch.
»Schlimm?«, fragte Honey.
»Na ja, für eine Doppelseite im
Hello!
taugen sie nicht, das ist mal sicher.«
Nachdem er die Fotos wieder in den Umschlag gesteckt hatte, betraten Honey und Doherty den Wohnwagen. Der war so groß, dass eine achtköpfige Familie bequem darin hätte leben können, und er war luxuriös ausgestattet. Die Polstermöbel waren in einem frischen Minzgrün bezogen. Der Teppich war weiß. Man hatte alles für die Schauspielerin eigens so angefertigt. Das Bad war mit
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