Mord nach Drehbuch
aus dem Bett geklingelt worden.
Sie überquerten zusammen die Straße, der Wachmann immer ein paar Schritte voraus. Das ließ sich doch gut an. Man hatte eine Frau mit blutbefleckten Händen gefunden. Mit ein bisschen Glück hatte er die Angelegenheit bald aufgeklärt. Was für ein Triumph das wäre! Eigentlich passierte ihm so was zum ersten Mal, wenn man mal von der Begebenheit mit den beiden irischen Maurern absah, die sich auf einer Baustelle gegenseitig die Köpfe eingeschlagen hatten. Einer war gestorben. Der andere war der Täter. Einfacher ging’s nicht.
Doherty hätte sich höchst zufrieden die Hände gerieben, wenn er nicht einen Pappbecher mit Kaffee und ein knuspriges Brötchen zu tragen gehabt hätte.
»Hier drin ist sie«, sagte der Wachmann. »Mein Kumpel hat sie mit blutigen Händen erwischt.« Er leckte sich die Lippen. Wahrscheinlich fand er den Anblick von Blut einfach aufregend.
»Verstehe«, antwortete Doherty.
Der »Kumpel« nickte und erhob sich von dem Stuhl, den er vor eine Doppeltür geschoben hatte.
Doherty biss von seinem Brötchen ab und nahm noch einen Schluck Kaffee, ehe er fragte: »Eine harte Nuss, was?«
»Na ja, nicht sonderlich angriffslustig, aber sehr scharfzüngig. Hatte wohl vorhin schon einen kleinen Disput mit Miss Manderley. Da hätten wir dann das Motiv. Stimmt’s?«
»Also, dann wollen wir mal.«
Doherty reichte dem Mann mit der schiefen Nase seinen leeren Pappbecher und schob die Tür auf.
Honey hatte es sich in einem Ledersessel bequem gemacht und die Füße auf einen passenden Schemel hochgelegt. Man hatte ihr Plastiktüten über die Hände gestülpt. Sie fuchtelte mit den Armen.
»Scheißkaffee. Können Sie mir einen frischen besorgen? Besser noch, Sie sehen mal nach, ob noch was von der heißen Schokolade da ist. Hallo, Steve. Sollst du den Fall lösen oder spekulierst du auf eine Nebenrolle?«
Sie konnte nicht verhehlen, dass sie froh war, ihn zu sehen. Martyna Manderley war zu einem äußerst günstigen Zeitpunkt gestorben. Jetzt musste zumindest auch Steve sein Wochenende auf Eis legen.
Doherty stöhnte auf. »In Ordnung, Jungs«, sagte er zu den beiden Wachmännern, die ihm auf den Fersen gefolgt waren. »Ich glaube, mit der komme ich allein klar.«
Honey lehnte sich mit ausgestreckten Armen im Sessel vor. »Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie mir eine frische Tasse Kaffee besorgen könnten. Bitte«, fügte sie noch hinzu und wedelte einem von den beiden mit dem Becher vor der Nase herum, bis er ihn ihr abnahm.
Sobald die Tür zugefallen war, zog Doherty einen Stuhl näher. »Da siehst du, was du angerichtet hast. Wärst du mit mir weggefahren, dann wärst du jetzt nicht die Hauptverdächtige in einem Mordfall.«
Sie ließ ihre Finger in den Plastiktüten tanzen. »Also, weißt du, ich habe ein blutverschmiertes Manuskript in die Hand genommen, sonst nichts.«
»Erklär mir das mal näher.«
Das machte sie. Sie erzählte von der Streiterei um das Mobiltelefon. »Die Frau war völlig von der Rolle, und dazu noch geldgeil. Ihr ist der bloße Gedanke zuwider, dass außer ihr noch jemand ein bisschen Kapital aus ihrem Ruhm schlägt. Mich wundert es überhaupt nicht, dass jemand sie abgemurkst hat – aber ich war es nicht.«
Doherty grinste frech, und um seine Augenwinkel bildeten sich kleine Fältchen. »Sie hat dich doch nicht etwa aus der Fassung gebracht?«
»Ich lasse mich nie aus der Fassung bringen.«
Dann berichtete sie ihm weiter, es sei ihr kalt gewesen und sie sei irgendwie in diese Besprechung geraten.
»Das Drehbuch lag da auf einem Stuhl – ehrlich. Ich habe es hochgehoben. Es fühlte sich klebrig an, und als ich runtergeschaut habe …«
»Da hast du gesehen, dass es keine Marmelade war.«
Sie ging souverän über diese Bemerkung hinweg. »Ich habe erst erfahren, dass jemand Martyna Manderley umgebracht hat, als die Frau ins Zimmer gestürzt kam und es laut und deutlich für alle hörbar gebrüllt hat.«
»Das Drehbuch haben sie schon in Plastik verpackt.«
»Mich auch. Wann kommen denn die hier wieder weg?« Die Plastiktüten knisterten, als sie die Finger bewegte.
Doherty strich sich nachdenklich übers Kinn. »Wenn es nicht um eine so ernste Sache ginge, würde ich deine Hilflosigkeit jetzt schamlos ausnutzen. Aber wie es nun mal ist …«
Sie bemerkte die traurigen Reste des Brötchens in seiner Hand. »Ich bin kurz vorm Verhungern. Darf ich mal abbeißen?«
Er deutete mit dem Kinn auf ihre eingetüteten
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