Mord nach Drehbuch
er sie, die Angelegenheit zu beschleunigen.Jetzt versuchte sie, sein schwer angeschlagenes Selbstwertgefühl ein wenig auszupolieren.
Sein großer Kopf verschwand beinahe in dem hohen Kragen seines Mantels. Sein Kiefer wirkte hart wie Beton. Eine junge Frau von der Kostümabteilung kam, um ein Foto zu machen.
»Die Show muss weitergehen«, zwitscherte sie fröhlich.
»Wieso eigentlich?«, fragte Casper missmutig zurück.
Die junge Frau schaffte es, trotzdem weiter heiter zu lächeln. »Trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten gehen die Dreharbeiten wie geplant weiter.«
»Das ist ein Mord, keine Schwierigkeit«, grummelte Casper.
Fräulein Sonnenschein machte unbeirrt weiter. »Wir müssen alle Einzelheiten genau aufzeichnen, damit wir Ihr Kostüm beim nächsten Mal wieder richtig hinbekommen.«
Casper richtete sich zu seiner vollen Körpergröße auf. Seine Stimme grollte wie Donner. »Es wird kein nächstes Mal geben!«
Mit hocherhobener Nase und entschlossen vorgerecktem Kinn stolzierte er über die Straße davon.
Die junge Frau starrte hinter ihm her. Sie hatte die Kamera sinken lassen.
Honey zuckte die Achseln. Sie hatte schon immer gewusst, dass Casper eine theatralische Ader hatte. Jetzt war ihr klar, dass die Dinge so einfach nicht lagen. Casper sah sich als Hauptdarsteller, zumindest in der Rolle eines kultivierten und höchst verfeinerten Herren. Und jemand, der Pferdeäpfel einsammelte, kultivierte damit ja höchstens Rosen und Rhabarber.
»Tasse Kaffee, Miss?«
Die Stimme kam von oben. Ungefähr auf Honeys Kinnhöhe ragte die Theke des Cateringwagens heraus. Honey schaute hoch. Sie konnte das Gesicht nicht sehen, das zu der Stimme gehörte, nur ein paar schwarz behaarte Arme und breite Schultern. Der Rest des Mannes lag im Schatten. Wennsie den Kopf zurücklegte, schaffte sie es gerade mal, ein glänzendes Kinn und rote Wangen auszumachen. Sie vermutete, dass die Gesichtsfarbe auf die Schwaden zurückzuführen war, die dem Mann ständig um den Kopf waberten. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und legte den Kopf in den Nacken, um ihn besser sehen zu können.
Sie bedankte sich für sein Angebot und schaute ihm zu, wie er die schmutzige Schürze abnahm und eine frische hervorholte.
Er bemerkte ihren Blick. »Hier muss immer alles schön adrett aussehen. Ich lasse nicht zu, dass irgendetwas meine Qualitätsansprüche beeinträchtigt.«
»Und ich vermute, die sind hoch?«, erkundigte sie sich.
Er beugte sich vor. »Extrem hoch. Stars von Film und Fernsehen haben mir schon zu meinen Welsh Rarebits gratuliert. Und die berühmte Lady Wie-heißt-sie-noch hat mir gesagt, dass meine süßen Haferkekse die besten sind, die sie je gegessen hat. Und Kevin Costner, der ist zwar kein Lord, aber trotzdem ein feiner Mann. Hat meine Thai Curry Beefburger über den grünen Klee gelobt! Jawohl! Wer beim Film gut essen will, der ruft bei Richard Richards an! Sehen Sie?«
Er deutete auf die roten Buchstaben über der Theke. »Ri chard Richards. Catering für Stars!« Als er sich vorbeugte, sah sie sein ganzes Gesicht: dunkle buschige Augenbrauen und einen Wuschelkopf voll drahtigem schwarzem Haar mit silbernen Fäden. »Nennen Sie mich Richard!«
Er hatte sich ein rotes Halstuch mit weißen Punkten um den Hals geknotet, das ihm ein verwegenes Zigeuneraussehen geben sollte. Es hätte Honey nicht überrascht, wenn er unter all den dampfenden Töpfen und Pfannen eine Geige hervorgezogen und eine Runde Vivaldi gefiedelt hätte.
»Nett, Sie kennenzulernen, Richard. Ich bin Honey, Honey Driver.«
»Ah ja. Honey wie Honig und Bienen. Honig ist gesund. Ich gebe immer Honig mit einer Spur Ahornsirup über meine Frühstückspfannkuchen.«
Diese Honiggeschichten gingen Honey nun doch ein wenig zu weit. »Eigentlich heiße ich Hannah. Aber Honey ist irgendwie netter.«
Das schien er nicht zu hören. »Mein Speck ist der beste, den Wiltshire zu bieten hat. Haben Sie das bemerkt?«
Honey antwortete, dass sie nur Toast mit Butter gegessen hatte. Als sie seinen betrübten Gesichtsausdruck wahrnahm, fühlte sie sich zu der Bemerkung veranlasst, das Brot sei aber das frischeste gewesen, das sie je gekostet hatte.
»Ich habe schon Catering für die Allerbesten gemacht, für einige der größten Stars von Film und Fernsehen. Die loben alle meine Küche. Ich bin der König der Cateringwagen. Das sagen die wirklich.«
Mit diesen Worten schwenkte »King« Richard seine frische Schürze wie der Torero sein Cape, band sie
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