Mord nach Drehbuch
ich bezweifle, dass die Kameras ihn einfangen könnten.«
Das stimmte. Sir Cedric war angeblich das Hausgespenst im Green River Hotel, und es ist ja allgemein bekannt, wie kamerascheu Gespenster sind. Nur Mary Jane konnte ihn überhaupt sehen, und das aus gutem Grund. Sie waren nämlich miteinander verwandt – jedenfalls laut Mary Janes Aussage, die Expertin für derlei Dinge war. Sie war Professorin für das Paranormale und hatte an einem entsprechenden College ihr Studium absolviert, das natürlich in Kalifornien lag – wo sonst?
Doherty schaute besorgt drein. Seine Stirn war dann immer besonders tief zerfurcht. Es sah irgendwie attraktiv aus. Honey wollte die Hand ausstrecken und die Runzeln glattstreichen.
»Die sind aber schnell wieder bei der Arbeit«, murmelte Doherty.
Er meinte damit natürlich die Produktionsgesellschaft. Großes Geld, große Geschäfte, große Interessen. Kaum war die arme Martyna Manderley in ihrem eisgekühlten Fach in der Leichenhalle verschwunden, da machten sie schon ohne sie weiter.
»Die Show muss weitergehen«, zwitscherte Mary Jane. »Ich muss morgen früh um sechs Uhr da sein. Und du?«
Diese Frage war an Honey gerichtet.
»Klar«, meinte Honey. »Ich bin dabei. Arrangier das bitte mit Derek auch für mich, ja?«
Mary Jane versprach es und verschwand. Mit ihr der Mottenkugelduft.
Honey und Doherty atmeten beide tief auf.
»Das ist vielleicht eine«, meinte Honey.
»Mach schon. Hol deinen Mantel. Lass uns in den Zodiac Club gehen und ein bisschen Rauch einatmen.«
»Hmmm! Himmlisch«, seufzte Honey. »Immer noch besser als Kampfer.«
»Das war es also?«
»Sag mir bitte nicht, dass du geglaubt hast, das wäre Parfüm?«
Er schüttelte leicht verlegen den Kopf. »Na ja, du weißt doch, wie diese netten alten Damen sind. Lavendel, Kampfer, Feigensirup und so.«
Sie schaute ihn an und lachte laut los. »Feigensirup?«
»Die mögen doch solches Zeug«, antwortete er zu seiner Verteidigung.
Im Zodiac war viel los, wenn auch noch nicht so viel wie später gegen Mitternacht, wenn alle Hotelbesitzer und Gastwirte und Pensionsbesitzer, die bis tief in die Nacht hinein arbeiten mussten, hier hereinströmten, um über den Tag zu sinnieren und zu prahlen, wie viele Vorteile
ihr
Unternehmen verglichen mit allen anderen doch hatte. Oder sie kamen einfach her und betranken sich.
Clint – eigentlich Rodney – Eastwood war heute der Türsteher. Das Zodiac veranstaltete wieder einmal einen Themenabend.Heute Abend ging es um Cowboys und Indianer. Clint war als Mohikaner verkleidet, was besonders wegen seiner extravaganten Frisur bestens zu ihm passte.
»Schicke Haare«, lobte Doherty.
Obwohl er in einer Hand eine Streitaxt trug, fuhr sich Clint mit beiden Händen über die rasierten Seiten rechts und links seines schrillen Haarkamms. Honey vermutete, hoffte vielmehr, dass die Axt aus Gummi war.
Sie fügte noch ihr eigenes Lob hinzu. »Na, du bist ja perfekt für diese Rolle.«
Clints Outfit bestand im Wesentlichen aus einem Lendenschurz, einer Menge Holzperlen und einem Pulverhorn an einem Lederriemen. Rote und gelbe Kriegsbemalung wetteiferte mit seinen unzähligen Tätowierungen um Aufmerksamkeit.
Er strahlte voller Stolz. Trotz seines Aussehens war Clint im tiefsten Inneren kein schlechter Kerl. Oberflächlich betrachtet, war er ein wenig wild und nicht ganz ehrlich, aber im Geschirrspülen nahm es niemand mit ihm auf. Honey beschäftigte ihn immer, wenn Not am Mann war, das heißt, wenn sie sonst niemanden kriegen konnte und Clint das Geld dringend brauchte.
»Hier«, sagte Clint stolz. »Ich habe ein paar von denen hier zu verteilen.«
Er heftete Doherty einen Blechstern an die Brust.
»Da Sie ja ein Sheriff sind – sozusagen.«
Er murmelte ein paar entschuldigende Worte, warum Honey als Frau keinen Stern bekommen konnte.
»Es ist eine altbekannte Tatsache, dass Cowboys die schlimmsten Machos sind«, konterte sie.
Clint schaute verletzt drein. »Ich bin doch ein Mohikaner!«
»Mit einer sehr authentischen Frisur, Clint. Obwohl ich nicht glaube, dass die Mohikaner ihre Haare quietschgrün gefärbt haben.«
Kapitel 11
Miss Lavender Cleveley faltete sorgfältig das Blatt Papier auseinander, das sie in ihrer Handtasche hatte verschwinden lassen. Die Telefonnummern, die sie brauchte, standen alle in einem kleinen Notizbuch, das sie hauptsächlich für die wichtigen Nummern benutzte, den Doktor, den Zahnarzt und die paar Verwandten, die der Schnitter Tod noch
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