Mord nach Drehbuch
einlassen, der all seine Zeit mit staubigen alten Büchern verbringt?«
Honey schluckte die Bemerkung herunter, dass ihr Männer mit staubigen Fingern immer noch lieber waren als Steuerberater und Zahnärzte. Na gut, einige hatten ein volles Bankkonto, aber sie konnte sich nicht so für sie begeistern wie für Doherty oder John Rees oder ein gutes Sirloin Steak mit allen Beilagen.
»Also gehe ich da morgen früh nicht hin.«
»Aber du hast doch eine Komparsenrolle«, protestierte Gloria.
Honey schnalzte mit der Zunge und lächelte mit den Augen.
»Strohhüte im Morgengrauen!«
Als Honey merkte, dass Smudger langsam die Geduld verlor, packte sie ihre Mutter und Tochter bei den Schultern und komplimentierte sie sanft, aber bestimmt aus der Küche.
»Sechs Uhr dreißig, sagt ihr? Ich denke, das kriege ich hin. Ich frage mich, was für eine Rolle ich spielen werde«, überlegte sie laut. Ehrlich gesagt, lockten sie die Gewänder im Stil von Jane Austen nicht so sehr wie das Wiedersehen mit John Rees.
»Wahrscheinlich eine flirtende Kokotte«, meinte Lindsey mit wissendem Grinsen.
»Eine Schlampe«, trumpfte ihre Mutter auf. »Bei deinem Auftritt zu nachtschlafener Zeit geht es ja wohl nicht darum, dass du für deine Kunst leiden musst, oder?«
»Natürlich nicht. Allerdings geh ich auch nicht hin, um John Rees zu treffen. Der Mord an Martyna Manderley ist bisher nicht aufgeklärt, und ich habe da noch einige Fragen zu stellen. Ich lasse mich heute Abend von Doherty auf den neuesten Stand bringen und baue dann auf diesen Informationen meine Fragen auf.«
Ihre Mutter zog alle Register: Jammern, Stirnrunzeln und Schmollmund, alles gleichzeitig. »Versuch bloß nicht, mir einen Bären aufzubinden!«
»Wie bitte?« Honey spielte die Unschuldige. Dafür hatte sie eigentlich kein Talent, aber einen Versuch war es wert.
Die Miene ihrer Mutter blieb unerschütterlich. »Heute Abend gehst du mit dem einen Mann aus, und morgen triffst du dich mit dem anderen.«
Der Duft von gegrillten Steaks und Lamm mit Knoblauch wehte Honey entgegen, als sie das Zodiac betrat. Das Tonnengewölbe war aus unglasierten Backsteinen gemauert, eine perfekte Wölbung von einer Wand zur anderen. Die Steine trugen die Narben vieler Jahre und waren mit Fett verschmiert. Daran hätte vielleicht das Gesundheitsamt etwas auszusetzen, den Gästen jedoch war es gleichgültig. Da das Lokal unterhalb der North Parade lag, konnten auch noch so viele Sauglüfter in der Küche nicht gegen die Dünste des brutzelnden Fleisches ankommen, die in Schwaden unter der Gewölbedecke hingen.
Doherty saß schon an der Bar und hatte drei leere Gläser vor sich stehen. Sie vermutete, dass sie alle ihm gehörten und dass ein viertes bereits bestellt war. Er war nicht der Typ, der unnötig lange durstig am Tresen herumhing.
Er sah sie, als der Barmann ihm gerade seinen Drink brachte.
»Einen Wodka mit Slimline Tonic, Eis und Zitrone fürdie Dame.« Er wandte sich von der Bar zu ihr und erhob sein Glas. »Brett Coleridge ist unschuldig. Jedenfalls hat er keinen Mord begangen«, fügte er hinzu, kniff ein Auge zu und blinzelte durch seinen Whisky. Er schüttelte traurig den Kopf. »Und ich hatte mich so darauf gefreut, ihn über seine Rechte zu belehren.«
»Ach, wirklich?«
»Das hätte den Fall sauber aufgeklärt. Und wir hätten feiern können.«
»Also heißt es zurück an die Arbeit, Detective Inspector.«
Er kniff ein Auge zu und musterte sie. »Du bist nicht mein Boss. Hör auf, mir zu sagen, was ich zu tun habe.« Er legte den Kopf ein bisschen schräg. »Du siehst ganz schön selbstzufrieden aus. Irgendwas Gutes passiert?«
Sie nippte an ihrem Wodka. »Ich bin morgen wieder am Set. Ich habe eine kleine Komparsenrolle bekommen. Ich glaube, ich spiele ein Flittchen.«
Sie sagte es mit einem Lachen, weil sie meinte, das würde ihn vielleicht aufheitern. Fehlanzeige. Eher ungewöhnlich für ihn. Normalerweise war ein bisschen anzügliches Geplänkel seiner Laune stets sehr förderlich.
»Du bist ja völlig filmverrückt geworden.«
Ach, na ja, sie hatte ihr Möglichstes versucht. Sie kippte ihren Drink herunter. »Ich habe etwas über Miss Cleveley herausgefunden.«
Doherty schaute verwirrt, bis sie ihn daran erinnerte, wer die alte Dame war. Er nickte. »Ah ja, der Jane-Austen-Verschnitt.«
Barhocker waren ihr eigentlich zu hoch, aber ihr taten die Füße weh – so war es nun mal in der Hotelbranche. Sie setzte sich.
»Du erinnerst dich, dass
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