Mord nach Liste
sicher war, dass der Irre genau wusste, wo sie war, bestand immer noch die Möglichkeit, dass er sie suchte. Sie wollte ihm auf keinen Fall helfen.
Sehr lange würde sie dieses Tempo nicht mehr durchhalten. Ihre Muskeln brannten. Noch ein, zwei Minuten, dann würden sie Regan im Stich lassen.
O Gott, die Sache war hoffnungslos! Nein, stimmt nicht, positiv denken! Nicht aufgeben! Laufen, immer weiterlaufen! Regans Beine zitterten und schmerzten. In der Wade hatte sie einen Krampf. Sie biss die Zähne zusammen und lief weiter. Sie würde nicht aufgeben. Es gab zu viel, für das zu leben sich lohnte. Regan wollte nicht zulassen, dass ihr ein Verrückter die Zukunft nahm.
Sie musste sich etwas einfallen lassen, um Zeit zu gewinnen. Gut, was konnte sie tun? Nachdenken … Er hatte eine Pistole, sie nicht. Er war in besserer körperlicher Verfassung, und er war stärker. Außerdem schneller.
Eventuell hatte sie einen Vorteil: Sie war vielleicht klüger.
Und dann fiel ihr etwas ein. Plötzlich wusste Regan, was sie tun musste. Allerdings funktionierte der Plan nur, wenn sie zurück zu der Mauer und dem Abhang fand.
Sie musste weiterlaufen. Sie brach durch das Unterholz auf den Weg und erblickte die Mauer direkt vor sich. In welche Richtung nun?
Der Irre nahm ihr die Entscheidung ab. Er kam von links, also rannte Regan nach rechts. Auf dem Weg zu bleiben, traute sie sich nicht, sie lief zwischen den Bäumen hindurch, die Mauer immer in Sichtweite.
Da, da war die Eiche. Regan entdeckte sie vor sich, die schweren Äste hingen über die Mauer. Nach dieser Stelle hatte sie gesucht.
Regan stürzte durch das Gestrüpp. Jetzt! Sie musste es tun. Er war schon nahe, obwohl sie nicht annahm, dass er sie sehen konnte. Sie wischte sich die Hände an der Hose ab, beschleunigte ein letztes Mal ihr Tempo und sprang mit einem gewaltigen Satz über die Mauer.
48
Eric Gage erreichte den Pfad und blieb stehen. Wo war die Frau? In welche Richtung war sie gelaufen? Er neigte den Kopf und lauschte, konnte aber nichts hören. Sie war verschwunden.
Seine Enttäuschung war groß. Sie hatte aus der Jagd ein Versteckspiel gemacht. Er konnte sie nicht hören, aber in der Ferne rief jemand nach ihr. Eric hatte das Gefühl, der Suchende kam näher.
Er musste sich beeilen. Er hatte keine Zeit für diese Spielchen. Diese Frau war närrisch. Sie musste doch wissen, dass er sie finden und töten würde. Warum wehrte sie sich gegen das Unvermeidliche?
Er spürte, wie die Wut in ihm wuchs, begleitet von einer unaussprechlichen Traurigkeit, weil er wusste, dass er furchtbar zornig sein würde, wenn er sie fand. Sie hätte unter seinem Zorn zu leiden, bevor sie ihren letzten Atemzug tat. Wenn sie sich nicht bald zeigte, bliebe ihm nicht einmal mehr genug Zeit, um ihr klarzumachen und nahezubringen, warum sie sterben musste.
Er sah ein, dass er einen Fehler begangen hatte: Er hätte sie sofort töten müssen, hätte sie nicht entkommen lassen dürfen. Er hatte ihr das Gefühl geben wollen, ihrem Schicksal nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Nina hatte nicht gewusst, was sie erwartete. Sie hatte geschlafen, zusammengerollt auf dem Beifahrersitz, die Jacke zu einem Kopfkissen geformt und ans Fenster gedrückt. Nina hatte nicht gewusst, wie ihr geschah. Der Lkw stürzte um und rutschte weiter, das Führerhaus schlidderte über die Straße, Funken stoben auf allen Seiten hervor wie aus einem elektrischen Kabel, es kam immer näher. Das alles war in wenigen Sekunden geschehen, doch Eric hatte das Gefühl gehabt, als bräuchte das Führerhaus eine Ewigkeit, bis es sein Auto traf … und sein Leben für immer zerstörte.
Wieder rief jemand hinter ihm. Das brachte ihn durcheinander. Aber es klang schwächer als zuvor.
Er meinte, Schritte auf Kies zu hören. Das Geräusch kam von weiter vorne, er stürzte darauf zu. Als er um die Kurve bog, blieb er stehen. Er wusste, wo er sich befand. Einmal im Kreis herum gelaufen war er. Sie hatte ihn zurück an die Stelle geführt, wo er zum ersten Mal auf sie geschossen hatte. Ja, dort neben dem alten Baum hatte sie gestanden.
Er hatte beobachtet, wie sie die Hände auf die Mauer stützte, sich vorbeugte und den Abhang hinunterblickte. Dann hatte sie auf die andere Seite des Bachs geschaut und ihn entdeckt. Ganz geduldig hatte er gewartet, bis sie ihn zwischen den Bäumen sah.
Aber wo versteckte sie sich nun? Eric stand ganz still und lauschte, konnte aber nichts hören. Er sah sich um. Nichts. Ah … da war doch
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