Mord Nach Maß
Hilfe kommen und ihn auslösen.«
»Genau«, meinte ich, »er ist also das schwarze Schaf der Familie. Mit ihm käme ich wohl besser aus als mit diesem Musterexemplar von Greta.«
»Wenn er will, kann er sehr charmant sein. Er ist ein guter Gesellschafter.«
»Aber in Wirklichkeit können Sie ihn nicht ausstehen?«
»Ach, doch… Es ist nur, manchmal… Oh, ich kann das einfach nicht erklären. Ich hab nur das Gefühl, dass ich im Grunde gar nicht weiß, was er denkt oder vorhat.«
Sie machte nie den Vorschlag, dass ich ein Mitglied ihrer Familie kennenlernen sollte. Manchmal fragte ich mich, ob ich das Thema von mir aus anschneiden sollte. Ich war mir über ihre Einstellung da nicht im Klaren. Schließlich fragte ich sie eines Tages geradeheraus.
»Pass mal auf, Ellie: Meinst du, du solltest mich deiner Familie vorstellen, oder wäre es dir lieber, wir ließen es sein?«
»Auf keinen Fall. Ich will euch auf keinen Fall zusammenbringen«, sagte sie schnell.
»Na ja, ich weiß, dass ich kein besonderer…«
»Nein, so meine ich das nicht, ganz und gar nicht! Ich wollte nur sagen, sie würden ein fürchterliches Theater darum machen. Und so was kann ich nicht ausstehen.«
»Manchmal hab ich das Gefühl, dass wir hier ein ziemlich schäbiges Verstecken spielen. Es wirft kein gutes Licht auf mich, meinst du nicht auch?«
»Ich bin alt genug, mir meine Freunde selbst auszusuchen«, sagte Ellie. »Bald werde ich einundzwanzig, und dann kann ich verkehren, mit wem ich will, und niemand hat mir etwas zu verbieten. Aber jetzt, weißt du… Na ja, wie gesagt, es gäbe ein fürchterliches Theater, sie würden mich irgendwohin schicken, nur damit wir uns nicht mehr treffen können. Es wäre… O bitte, bitte, lass uns so weitermachen wie bisher.«
»Von mir aus, wenn es dir lieber ist«, meinte ich. »Ich wollte nur keine Geheimniskrämerei.«
»Es hat nichts mit Geheimniskrämerei zu tun, wenn man einen Freund hat, mit dem man sich aussprechen kann. Jemand, mit dem man…«, unvermutet lächelte sie, »…mit dem man so tun kann, als ob. Du weißt ja gar nicht, wie ich das genieße.«
Ja, das verstanden wir gut, dieses So-tun-als-ob. Bei unserem Zusammensein verbrachten wir immer mehr Zeit damit. Manchmal ging es von mir aus, aber öfter war es Ellie, die vorschlug: »Komm, wir wollen uns vorstellen, wir hätten Gipsy’s Acre gekauft und würden uns jetzt ein Haus darauf bauen.«
Ich hatte ihr sehr viel von Santonix und den Häusern erzählt, die er entwarf. Ich versuchte, sie ihr zu beschreiben, aber wahrscheinlich gelang mir das nicht sehr treffend, weil Beschreibungen nicht meine Stärke sind. Ohne Zweifel hegte Ellie ihre eigenen Vorstellungen über das Haus – unser Haus. Wir sagten nicht wörtlich »unser« Haus, aber wir wussten beide, dass wir es so meinten…
Also, wie gesagt, über eine Woche lang sah ich Ellie danach nicht. Ich hatte meine Ersparnisse abgehoben (es war nicht allzuviel) und einen kleinen Shamrock-Ring mit einem irischen Halbedelstein gekauft. Ihn hatte ich ihr als Geburtstagsgeschenk überreicht, und sie schien sehr glücklich darüber.
»Er ist wunderschön«, sagte sie.
Sie trug wenig Schmuck, und wenn, dann nur Brillanten und Smaragde oder ähnliches, da war ich ganz sicher; dennoch gefiel ihr mein kleiner, irisch-grüner Ring.
»Ich weiß jetzt schon, dass er mir von allen Geburtstagsgeschenken das liebste sein wird«, sagte sie.
Danach bekam ich nur noch eine hastige Nachricht von ihr. Unmittelbar nach ihrem Geburtstag fuhr sie mit ihrer Familie ins Ausland, nach Südfrankreich.
»Aber mach Dir keine Sorgen«, schrieb sie, »wir sind in zwei bis drei Wochen wieder da, als Zwischenstation auf dem Weg nach Amerika. Dann werden wir uns auf jeden Fall wiedersehen. Ich will nämlich etwas ganz Bestimmtes mit Dir besprechen.«
Es machte mich ruhelos und nervös, Ellie in Frankreich zu wissen; sie fehlte mir. Außerdem hatte ich einige Neuigkeiten über Gipsy’s Acre. Offenbar war es tatsächlich an Privat verkauft worden, doch es kursierten fast keine Informationen über den Käufer, irgendein Londoner Anwaltsbüro. Ich versuchte, mehr zu erfahren, es gelang mir aber nicht. Die betreffende Firma war sehr verschwiegen, und natürlich trat ich nicht an die Chefs heran. Ich hielt mich an einen Angestellten und kam so zu einigen vagen Auskünften: Sie hatten das Grundstück für einen schwerreichen Mandanten erworben, der es als gute Investition betrachtete für den Fall, dass
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