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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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mich um. Es gab ein paar
Stühle, aber sie waren unter Pappkartons, Hanteln, hingeworfenen
Kleidungsstücken, Zeitungen und Fachzeitschriften für die
Unterhaltungsindustrie und für Zahnmedizin begraben. Larkey sah meine
Hilflosigkeit und wedelte mit einem Arm. »Nehmen Sie meinen Schreibtischstuhl«,
sagte er.
    Ich ging hinter den Schreibtisch und
setzte mich. Er war übersät mit Papieren, von denen viele mit einer
Grundstückstransaktion zu tun zu haben schienen.
    Larkey trat weiter in die Pedale. »Ich
werde am Silvesterabend im Fernsehen eine Wohltätigkeitsshow machen«, sagte er
durch seine zusammengebissenen Zähne. »Ein Teil der Einnahmen geht an die
Potrero Medical Clinic — eine meiner Stiftungen. Sonst würde ich das hier nicht
tun. Aber ich mag nicht länger wie so ein übergewichtiger, abgewrackter
Komödiant aussehen. Ich dachte, vielleicht kriege ich auf diesem Ding einiges
von den Weihnachtsfettpolstern wieder heruntergestrampelt.«
    »Mir kommen Sie gar nicht übergewichtig
vor. Und ganz sicher nicht abgewrackt.«
    »Dann müssen Sie etwas mit den Augen
haben und einen Knick in der Optik. Ich bin beides, und ich weiß es.« Er machte
eine Pause, schnaufte ein bißchen und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Das Problem ist, daß ich weiß, ich muß mich kümmern, es aber tief in meinem
Innern nicht mit Überzeugung tue. Ich habe genug Geld, der Club wirft etwas ab,
und zum erstenmal in meinem Leben habe ich Spaß.«
    »Hatten Sie den nicht, als Sie noch
Ihre regelmäßige TV-Show machten?«
    »Nein, verdammt. Können Sie sich den
Druck vorstellen, unter dem man bei dieser Art Leben steht? Mörderische
Termine? Zu wenig Privatleben? Sie sind nicht Herr Ihrer Zeit. Jeder will ein
Stück von Ihnen. Als ich oben in Red Bluff als Zahnarzt praktizierte, hätte ich
einen Mord begangen, um dieses Leben führen zu dürfen. Aber als es dann soweit
war...« Er schüttelte den Kopf.
    »Wie lange haben Sie praktiziert?«
    »Fünf Jahre. Meine kurze
Zahnarztkarriere war eine Katastrophe. Ich war komisch, und wer wünscht sich
schon einen komischen Zahnarzt? Karieslöcher und Zahnbelag sind eine ernste
Sache. Und ich stand da und reimte vor mich hin, während meine Patienten gar
nicht lachen konnten — ich hatte ja meine Hände in ihrem Mund, gackerte selbst
über meine Witze und bohrte dabei Wurzeln an. Es ging so stark abwärts mit
meiner Praxis, daß ich zu dem Schluß kam, ich könnte ebensogut hierherkommen
und es mal im Comedy-Geschäft versuchen.«
    »Und das gewiß mit Erfolg.«
    »Stimmt, aber man zahlt seinen Preis
für diesen Erfolg. Ich habe versucht, Tracy davor zu warnen, aber sie wollte
nicht hören. Genausowenig wie ich es in ihrem Alter getan hätte.«
    »Mochten Sie sie?«
    »Auf eine väterliche Art. Wie alle
Kinder, die hier arbeiten. Ich kümmere mich um meine Leute — bezahle sie gut,
biete ihnen volle medizinische und zahnärztliche Versorgung durch die Potrero
Clinic. Jedenfalls habe ich versucht, Tracy Ratschläge zu geben, ihr Mentor zu
sein. Nicht, daß sie einen gebraucht hätte.«
    »Warum nicht?«
    »Sie hatte ihre Karriere gut im Griff.
Für eine Komikerin hatte Tracy nicht gerade viel Sinn für Humor, sobald es um
ihr Vorwärtskommen ging. Früher, noch auf dem Junior College, las sie jedes
verdammte Buch über Selbstbehauptung und Durchsetzungsvermögen. Sie sah sich
jede Comedy-Show im Fernsehen an, ging ständig in die Clubs und zu Wettbewerben
und machte sich Notizen.«
    »Ich habe das Bücherregal mit den
Titeln über Comedies in ihrem Schlafzimmer gesehen. Sie waren ziemlich
zerlesen.«
    Larkey fuhr fort: »Sie hat ständig an
sich gefeilt. Wissen Sie, wie sie gearbeitet hat?«
    »Ich weiß, daß sie Figuren entwarf, wie
Carol Burnett.«
    »Stimmt — Frauen aus dem Leben, die
Lage, in der sie sich befinden, ihre Probleme. Kommentare zur Gesellschaft, die
einen zum Lachen brachten, aber auch zum Nachdenken. Hinter der Bühne hat sie
diese Figuren so ernsthaft diskutiert, als wären sie lebendige Menschen: Würde
Annie das wirklich so und so machen? Paßt es zu Lizzies Charakter, mit dem und
dem auszugehen? Wenn sie eine neue Rolle probierte, mußte es auf Video
aufgezeichnet werden, und dann hat sie das Band stundenlang studiert, hat sich
auf die Wortwahl konzentriert und auf kleine Nuancen. Sie ist die Comedy
wissenschaftlich angegangen.«
    »Ich nehme an, das ist nicht die
übliche Art.«
    »Comedy ist wie jede andere Kunstform:
Sie kommt tief aus einem heraus,

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