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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ernsten persönlichen Probleme gehabt. Für sie
hatte die Karriere immer vornan gestanden.
    »Sie stand vor dem großen Durchbruch«,
sagte Amy. »Ihre Auftritte im Café Comédie haben das verdammt gut gezeigt, und
Jay — also Jay Larkey, der Besitzer — hatte ihren Vertrag um sechs Monate
verlängert. Sie hatte ein paar Werbespots für’s Fernsehen gemacht, und ein
Hollywood-Agent hatte sich ihrer angenommen. Aus ihr hätte eine neue Carol
Burnett werden können, und dann... dann passierte ihr diese Sache.«
    »Sie sagen ›diese Sache‹, dabei hatte
ich bisher den Eindruck, sie seien überzeugt, daß sie tot ist.«
    »Ich rede von dieser ›Sache‹, weil ich
das andere Wort einfach nicht aussprechen kann. Aber wie gesagt, ich weiß, daß
sie tot ist, und ich kann damit leben. Bobby hat sie umgebracht. Er hat doch
gestanden, oder?«
    »Aber dieses Geständnis steckt voller
Widersprüche.«
    »Aber es gibt auch Beweise.«
    »Traeys Mutter glaubt, sie ist
freiwillig verschwunden und hat die Beweise vorgetäuscht. Tracy hat ein paar
Dinge gesagt, die sie zu dieser Annahme gebracht haben —«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Daß sie das Gefühl gehabt habe, sich
zu einem schlechten Menschen entwickelt zu haben. Daß die Umstände sie dazu
gezwungen hätten, Dinge zu tun, die sie zuvor nie getan hätte.«
    Amy zog die Füße auf das Sofa und
schlang die Arme fest um die Knie. »Gott«, flüsterte sie.
    Ich sah sie fragend an, aber sie
schüttelte den Kopf und weigerte sich, präziser zu werden.
    »Sie haben vor Gericht für die Anklage
ausgesagt«, sagte ich. »Bobbys Pflichtverteidiger glaubt, daß Sie etwas
zurückgehalten haben.«
    Sie umklammerte ihre Knie noch fester.
»Was hätte ich denn zurückhalten sollen? Alles, was ich aussagen konnte, war
die Tatsache, daß mich Trace in jener Nacht beim Heimkommen wecken sollte, und
das hat sie nicht getan.« Ihre Stimme war hoch und schrill geworden. »Ich habe
nur gesagt, daß man sich auf sie verlassen konnte wie auf eine Uhr. Mehr weiß
ich nicht. Schließlich war es nicht meine Aussage, die Bobby dahin gebracht hat,
wo er jetzt ist — es war sein eigenes Geständnis.«
    »Dennoch hört es sich an, als wäre es
Ihnen nicht recht, gegen ihn ausgesagt zu haben.«
    Sie sah mich nicht an.
    »Ist das so?«
    »Sehen Sie, mir gefällt es nicht,
irgendwie daran beteiligt zu sein, daß jemand in die Gaskammer geschickt wird,
wenn Sie darauf hinaus wollen. Ich habe die Wahrheit gesagt, und habe nichts
zurückgehalten. Es gibt nichts, das ich zurückgehalten haben könnte.«
    Ich antwortete nicht. Nach etwa einer
halben Minute des Schweigens wand Amy sich verlegen, den Blick noch immer auf
das andere Ende des Zimmers gerichtet.
    »Was hat es mit den Dingen auf sich,
die Tracy ihrer Mutter erzählt hat? Haben Sie eine Idee, was sie damit gemeint
haben könnte?«
    »Sehen Sie, jeder weiß, daß Mrs. K.
verrückt ist. Wahrscheinlich hat sie das Ganze erfunden.« Amys Stimme war jetzt
noch schriller geworden. Das, was ihre Wohnungsgenossin ihrer Mutter erzählt
hatte, hatte sie erschreckt.
    »Das glaube ich nicht, Amy. Und das ist
auch keine richtige Antwort auf meine Frage. Haben Sie eine Idee —«
    »Nein!« Sie löste die Arme von ihren
Knien und stand auf. »Es ist schon nach acht, und ich habe Ihnen viel Zeit
geschenkt. Mein Freund ist... Ich habe eine Verabredung. Sie müssen jetzt
gehen.«
    Ich sah sie einen Augenblick lang fest
an, und wieder wich sie meinem Blick aus. Schließlich stand ich auf und zog
meine Jacke an. Als ich nach Tracys Notizbuch griff, erwartete ich ihren
Protest, doch sie schien es nicht zu merken.
     
     
     

6
     
    Das Café Comédie lag an der South Park
Avenue, in einer Gegend, die unter dem Namen SoMa oder South of Market bekannt
war. Es war kurz nach neun, als ich über die Bryant Street am Justizgebäude
vorbeifuhr. Die Büros der bail bondsmen, der berufsmäßigen
Kautionsvermittler, waren hell erleuchtet. Das Geschäft lief. Ich lächelte, als
ich bei meinem Liebling unter ihnen vorbeikam: Cable Car Bail Bonds hausten in
einem schicken kleinen Wohnwagen, der, wie ich wußte, zugleich auch als
Verkaufsbüro für den Gebrauchtwagenmarkt nebenan diente. Ich habe mir nie darüber
klarwerden können, bei welchem Unternehmen ich anklopfen würde, benötigte ich
derartige Dienste. Cable Car besitzen Niederlassungen über ganz San Francisco
verteilt (die wahrscheinlich bei Touristen sehr beliebt sind), aber was konnte
einem wohl ein größeres

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