Mord ohne Leiche
der nicht gerade besonders
komische fette Junge auf der Bühne.« Larkey ließ sein berühmtes füchsisches
Grinsen aufblitzen. »Warum, glauben Sie, strampele ich mir hier den Arsch ab?
Ich halte es nicht aus, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Doch das ist die Masche,
auf die die Masse heute abfährt.«
»Er trat noch nicht hier auf, als Tracy
verschwand?«
»Nein, obwohl er sich Hoffnungen
machte. Ich habe ihm immer wieder gesagt, er solle sich an die Bar halten.«
»Wieso, um alles in der Welt, haben Sie
ihm dann eine Chance gegeben?«
»Das war die glänzende Idee meines
Partners Rob Soriano. Er hielt es für eine gute Art von Publicity, ihn für
Tracy einspringen zu lassen. Gepeinigter Freund hilft, daß die Show weitergeht
und wartet auf ein Zeichen seiner Liebsten.« Larkey verzog angewidert das
Gesicht.
»Also dann, warum behalten Sie ihn?«
»Was soll ich machen? Sie mögen den Trottel.«
Ich wollte gerade zu einem Kommentar
über den Geschmack seiner Kundschaft ansetzen, als die Tür aufging und eine
männliche Stimme sagte: »Jay, hast du einen Moment Zeit, einen Blick auf diese
Anleihepapiere zu werfen?« Als der Neuankömmling mich sah, blieb er auf der
Schwelle stehen.
Ein großer, gutgebauter Mann im
Smoking, mit einer Stahlbrille auf der Nase. Seine Haltung glich der eines
Soldaten, Schultern zurück, Rücken gerade. Das Haar trug er kurz und flach
geschoren, ein Stil, der, wie ich gesehen hatte, in gewissen konservativen
Kreisen neuerdings ein Comeback feierte. Es war so einheitlich braun, daß es
gefärbt sein mußte. Sein Alter schätzte ich auf Anfang fünfzig.
»Wenn man vom Teufel redet«, murmelte
Larkey. Lauter sagte er: »Sharon, das ist Rob Soriano. Rob, Sharon McCone. Sie
ist Privatdetektivin und arbeitet am Fall Bobby Foster.«
Für einen Augenblick wich jeder
Ausdruck aus Sorianos Gesicht. »Foster... ach, ja. Der Junge, der Tracy
Kostakos ermordet hat.«
»Also, da scheint es verschiedene
Meinungen zu geben — « Larkey brach ab, weil das Telefon läutete. Er riß den
Hörer hoch und bellte: »Ja?« Nachdem er ein paar Sekunden gelauscht hatte,
sagte er gereizt: »Ich komme sofort.« Er ging zur Tür und sagte zu Soriano und
mir: »Tut mir leid. Ärger mit einem Betrunkenen an der Bar, der anschreiben
lassen will. Bin gleich zurück.«
Rob Soriano musterte mich neugierig.
»Privatdetektivin, soso«, sagte er schließlich.
»Ja, bei der Anwaltskooperative All
Souls.« Ich blieb sitzen, wo ich saß, die Füße noch immer auf der Schublade.
»Nie davon gehört.«
»Das haben viele nicht. Kannten Sie
Tracy Kostakos, Mr. Soriano?«
»Nicht sehr gut. Ich habe sie ein
paarmal spielen gesehen. Nette, kleine Begabung.«
»Und Bobby Foster?«
»Er war einer der Jungs, die die Wagen
einparkten.«
»Sind Sie aktiver Teilhaber am Café
Comédie?«
»Nein, ich halte mich da lieber im
Hintergrund. Meine Frau hat Spaß an jeder Art von Glamour.«
»Ein lukratives Unternehmen?«
»Mehr oder weniger.«
»Heute abend ist es wirklich voll.«
»Wir bringen sie schon alle unter.
Comedy ist beliebt in San Francisco, und die Leute gehen gern in Clubs. Gibt
ihnen die Möglichkeit, sich gut anzuziehen und auszugehen, sehen und gesehen
werden. Aber den großen Profit macht man nicht in den kleinen, unabhängigen
Clubs, den bringen die großen, die nach dem Franchiseprinzip arbeiten, wie die
Improvs.«
Ich erinnerte mich, daß kürzlich ein
Improv-Club in der City eröffnet hatte. »Ist das eine Kette?«
»Manche Leute nennen sie die ›Baskin-Robbins
of comedy‹. Quietschsauberes Zeug, nichts, was kränkt. Sie hängen mit ein paar
TV-Shows zusammen. Gute Clubs, aber sie kommen mehr bei den Touristen an und
bei Leuten aus der Vorstadt, weniger bei den Einheimischen. Doch zurück zu
Ihrer Frage, das Café Comédie ist mehr oder weniger Jays Hobby. Manche Leute
ziehen sich zurück und spielen Golf. Jay wurde zum Champion junger,
aufstrebender Comedy-Akteure.«
»Als Sie hereinkamen, sprachen Sie von
Anleihepapieren, und hier auf Jays Schreibtisch sehe ich Verträge über
Grundstückstransaktionen. Will er erweitern oder den Club verlegen?«
Über seine dünnen Lippen huschte ein
Lächeln. Es verschwand so schnell, wie es erschienen war. »Sie interessieren
sich sehr für Jays Angelegenheiten. Aber es ist gar kein Geheimnis: Wir beide
sind noch in einer anderen Sache Partner, und zwar im Grundstücksgeschäft. Wir
haben Grund im SoMa aufgekauft, halten ihn und warten ab, wie sich die
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