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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ihr
gefragt?«
    »Nein.«
    »Ist es möglich, daß Sie das vergessen
haben, angesichts des schlimmen Jahres, das Sie hatten?«
    Sie schloß die linke Hand um die toten
Wedel und zerkrümelte sie. Sie hatte knochige Finger, und die Haut war so blaß
und gespannt wie im Gesicht. »Es war kein so schlimmes Jahr. Jetzt, wo
ich ein paar Minuten darüber nachdenken konnte, bin ich sicher, daß niemand
nach ihr gefragt hat. Die Frau, die sagt, sie wäre hier gewesen, lügt, wer
immer sie auch sein mag.«
    Irgend jemand log ganz sicher.
     
    In der Bäckerei unten gab es ein
Münztelefon, also rief ich Rae bei All Souls an. Als sie abhob, war ihre Stimme
ganz hoch vor Erregung.
    »Wo, zum Teufel, bist du gewesen?«
wollte sie wissen. »Ich habe diese tolle Neuigkeit für dich, und du meldest
dich nicht!«
    »Was ist los?«
    »Dein Freund Johnny Hart hat mir die
Information über Lisa McIntyre besorgt, die du von der Kellnergewerkschaft
haben wolltest. Sharon, du hattest recht! Hör zu: The Great American Laugh-in,
27333 Reseda Boulevard, Reseda. Ich habe mich bereits erkundigt: Sie ist dort
unten nicht polizeilich gemeldet.«
    Es war ein anderer Comedy Club. Sie
konnte die Finger nicht davon lassen. Nicht Lisa McIntyre — sondern Tracy
Kostakos in der Identität von Lisa.
    Ich wühlte nach Block und
Kugelschreiber. »Reseda. Das ist doch -«
    »Im San Fernando Valley, gehört zu L.
A. Vom Flughafen nimmst du den Freeway 405 Nord, dann schwenkst du nach Westen
auf den 101. Es gibt eine Abfahrt Reseda Boulevard.«
    »Großartig. Ruf an bei — «
    »USAir.«
    »Und frag’«
    »Sie fliegen fast jede Stunde nach L.
A. Ich habe dir einen Platz in der Drei-Uhr-Maschine reservieren lassen,
Rückflug offen.«
    »Ich brauche einen — «
    »Wagen. Ist reserviert. Bei der
National.«
    »Noch eines: Ich habe in einer halben
Stunde eine Verabredung mit Jay Larkey. Sag sie ab. Ich rufe ihn später wieder
an.«
    »Mach ich.«
    »Danke, Rae. Ich melde mich... wenn...«
     
     
     

21
     
    Der frühe Rush-hour-Verkehr bewegte
sich nur noch kriechend auf der Interstate 405 vom L. A. Airport nach Norden,
vorbei an Industriegebieten und alten Siedlungen mit gleichförmigen kleinen
Häusern. Nach ungefähr zehn Meilen kam man in hügeliges Gelände, und es
tauchten sagenumrankte Namen aus einer Zeit auf, als der Film noch eine
Glamour-Industrie war: Sunset Boulevard, Mulholland Drive.
    Ich war diese Straße früher oft
gefahren, vom Haus meiner Eltern in San Diego nach San Francisco oder noch
davor nach Berkeley. Viel hatte sich nicht verändert in den Jahren, nur die
Zahl der Autos hatte zugenommen. Ich behielt die Stoßstange des Lieferwagens
vor mir sorgsam im Auge und versuchte, meine wachsende Spannung unter Kontrolle
zu halten.
    Mir kam es jetzt so vor, als habe die
Theorie, die ich zunächst als reichlich unwahrscheinlich verworfen hatte, doch
eine gewisse realistische Grundlage. Tracy war zum Cottage am Napa River
gefahren. Lisa war später zu ihr gestoßen. Vielleicht waren die beiden allein
gewesen, vielleicht gab es auch noch eine dritte Person. Am Ende standen
jedenfalls Lisas Tod durch eine Schußverletzung, Tracys Flucht und ihre
Übernahme von Lisas Identität.
    Sie war nach Los Angeles gegangen,
einem guten Ort für eine junge Frau, die ihre Identität wechseln wollte. Da sie
schon als Kellnerin gearbeitet hatte, bevor Larkey ihr eine Chance auf der
Bühne gab, war es für sie ein leichtes, Lisas Beruf auszuüben. Aber sie hatte
genau den Fehler gemacht, der den meisten Menschen unterläuft, die untertauchen
wollen: Es war ihr nicht gelungen, sich vollständig von ihrem früheren Leben zu
lösen. Sie hatte sich nicht von Comedy Clubs fernhalten können.
    Mit diesen simplen Fakten konnte ich
mich zufriedengeben. Aber es gab andere, die nicht dazu paßten. Der gestohlene
Wagen. Der vorsätzliche Mord an Lisa. Das vorgetäuschte Kidnapping. Die
Hinnahme der Verurteilung ihres Freundes Bobby für ein Verbrechen, das er nicht
begangen hatte. Die Anrufe bei ihrer Mutter nach fast zweijährigem Schweigen.
Und das Motiv für all das...
    Ich würde es bald herausfinden, und
wenn —
    Die Bremslichter des Lieferwagens vor
mir leuchteten auf. Ich trat mit voller Kraft auf die Bremse. Der Wagen — japanischer
Billigimport — kam stotternd wenige Zentimeter hinter der Stoßstange des
Lieferwagens zum Stehen. Ich ließ ihn wieder an und kroch mit dem übrigen
Verkehr weiter bergan.
    Wenn ich an dem Punkt angelangt bin, an
dem aus den

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