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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sie
relativ freimütig und entgegenkommend gewesen. Wahrscheinlich hatte sie die
Fragen, die ich ihr stellte, mehr oder weniger so erwartet. Dann hatte die
Eröffnung, daß eher Tracy den Geschäftswagen gestohlen hatte als Bobby Foster,
sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Und bei meiner Frage, ob sie gesehen habe,
wie Tracy in jener Nacht den Club verlassen hatte, hatte sie unser Gespräch
abgebrochen. Ich dachte an Kathys Beziehung zu Tracy. Sie hatte zugegeben, daß
sie sie mochte, obwohl sie sonst »nicht gut auf Frauen zu sprechen« war. Waren
sie möglicherweise Freundinnen gewesen? Wußte Kathy vielleicht mehr über die
Ereignisse, als ich anfangs unterstellt hatte? Vielleicht konnte Larkey ein
wenig Licht in die Sache bringen.
    Nach dem Essen rief ich im Club an.
Larkey war da und verhandelte mit einem neuen Vertreter von den Stadtwerken
über das hartnäckige Leck in der Gasleitung. Er sagte mir, bis drei Uhr hätte
er eine Besprechung mit Rob Soriano und seinem Steuerberater. Ob ich um halb
vier vorbeikommen könne? Ich war einverstanden und machte mich auf den Weg
zurück in die Stadt. Ich wollte noch einmal vor Lisa McIntyres früherem
Apartmenthaus anhalten. Was die Hausmeisterin laut Kathy über Lisas Auszug
erzählt hatte, war nicht besonders aufschlußreich. Bevor ich mich dann mit
Larkey traf, mußte ich auch noch einmal in die Mikrofilmabteilung in der
Bibliothek und mich um die Ausgabe der L. A. Times kümmern.
     
    Kaum hatte ich bei der Hausmeisterin
geklingelt, da summte auch schon der Türöffner im Haus an der Pacific Avenue.
Der Geruch von gebackenem Brot wehte mir aus dem Laden im Erdgeschoß hinterher,
als ich die Treppe zum ersten Stock hinaufstieg. Welch schrecklicher Gedanke,
über einer Bäckerei zu wohnen. Kaum hätten sie morgens ihre Backwaren aus dem
Ofen gezogen, würde ich mir die Nase an der Tür plattdrücken und darauf warten,
daß sie endlich öffneten.
    Die Hausmeisterin sah aus, als hätte
sie niemals ein Croissant auch nur angeschaut. Sie war dürr wie eine Bohnenstange
und trug schwarze Jeans und einen Stehkragenpullover, der ihre Magerkeit noch
betonte. Ihre milchweiße Haut spannte sich so über den Backenknochen, daß sie
fast durchsichtig schien. Das jugendliche Outfit und die langen Haare gehörten
eigentlich zu einer Frau in den Zwanzigern oder Dreißigern. Ihre Augen dagegen
ließen auf zwei Jahrzehnte mehr Erfahrung schließen. Sie trat in den Flur
hinaus, statt mich in ihre Wohnung zu bitten. Während wir uns unterhielten,
zupfte sie die braun gewordenen vertrockneten Wedel aus einem halb
eingegangenen Farn, der von der Deckenlampe über der Treppe herabhing.
    Ihr Name sei Ms. Wilson, sagte sie. Ja,
sie sei schon Hausmeisterin hier gewesen, als Lisa McIntyre hier gewohnt habe.
Nein, sie könne sich nicht an die Frau von dem Comedy Club erinnern, die Lisa
hier nach ihrem Auszug gesucht habe. Das sei damals ein schlimmes Jahr gewesen,
und sie habe den Besuch wohl vergessen. Ich machte mich schon auf die
Geschichte von dem schlimmen Jahr gefaßt — wildfremde Leute vertrauen mir nur
zu gern ihre Kummergeschichten an — , aber nichts folgte. Wie sich
herausstellte, war Ms. Wilson eine Frau von wenigen Worten. Ich sagte: »Die
Frau, die Lisa suchte, behauptet, Sie hätten gesagt, Lisa sei ohne Kündigung ›abgehauen‹
und habe eine Menge Sachen zurückgelassen.«
    Die Hausmeisterin runzelte die Stirn.
»So etwas habe ich nicht gesagt — wenn ich überhaupt mit dieser Person
gesprochen habe. Lisa hat nicht gekündigt, aber sie hat mir eine Nachricht
hinterlassen, daß ich die Kaution mit der verlorenen Miete verrechnen soll. Das
Apartment war möbliert. Sie hat das mitgenommen, was sie besaß, und dagelassen,
war zur Wohnung gehörte. Ich würde das nicht ›Abhauen‹ nennen. Sie?«
    »Nein, sicher nicht. Haben Sie die
Nachricht aufbewahrt?«
    »Dafür gab es keinen Grund.«
    »Hat sie für ihre Post eine
Nachsendeadresse hinterlassen?«
    »Nein.«
    »Kam Ihnen das nicht merkwürdig vor?«
    Sie erlaubte sich ein kleines Lächeln.
Es schien sie eine gewaltige Anstrengung zu kosten. »Das meiste, was die Mieter
hier tun, kommt mir merkwürdig vor.«
    »Hat Ms. McIntyre oft Besuch bekommen,
als sie hier wohnte?«
    »Ich weiß nicht. Ich kümmere mich um
meine Angelegenheiten und hoffe, die Mieter tun das gleiche.«
    »Haben Sie sie gesehen, als sie auszog,
oder jemanden, der ihr dabei half?«
    »Nein.«
    »Und nicht ein Mensch hat nach

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