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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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öffnete eine Lade seines Arbeitstisches, hob eine Metallkassa heraus. Aus der Hosentasche zog er einen dicken Schlüsselbund hervor, wählte einen kleinen Schlüssel aus und öffnete damit die Kassa. Er nahm einen 20-Kronenschein heraus und schob ihn Oprschalek über den Tisch. Gleichzeitig nahm er die Taschenuhr und verstaute sie in einer anderen Lade. Oprschalek steckte den Geldschein in die Brieftasche, die sich in der abgewetzten Ledertasche zusammen mit dem Stemmeisen befand. Das blanke Metall funkelte im Dunkeln. Wie unter Zwang griff seine Hand danach. Angenehme Kühle durchströmte sie. Die Hand schnellte hoch und schlug dem Uhrmacher das Stemmeisen an die Stirn. Die scharfe Schneide verursachte eine stark blutende Wunde. Die nächsten Hiebe trafen den Hehler an der Schläfe und am Hals, aus dem sofort das Blut in einem dicken Strahl hervorquoll. Der Körper des Uhrmachers kippte auf die Seite und rutschte zu Boden. Das hörte der junge Gehilfe im Verkaufsraum. Als er zögernd den Werkstättenraum betrat, attackierte ihn Oprschalek ebenfalls mit dem Stemmeisen. Hier reichte ein gezielter Schlag an die Schläfe.
    »Blutsauger, Ausbeuter, Kapitalistenschwein…«, murmelte Oprschalek wütend. Dann ging er zu dem runden Metallofen, der in der Ecke stand. In ihm brannte fröhlich knackend ein Feuer. Mit einem mächtigen Fußtritt kippte er den Ofen um. Dessen vordere Tür ging auf und glühende Kohlen purzelten auf die mit Linoleum ausgelegten Dielenbretter. Der Bodenbelag fing sofort zu stinken an, kleine bläuliche Flämmchen stiegen auf. Oprschalek ging zu einem Regal, in dem sich fein säuberlich aufgestapelt Türme von Geschäftsunterlagen befanden. Mit energischen Bewegungen warf er alles zu Boden. Die vorerst zarten Flammen begannen sich gierig in das Papier zu fressen. Binnen weniger Minuten stand der Fußboden des gesamten Zimmers in Flammen. Aus der offenen Kassa nahm Oprschalek mehrere hundert Kronen. Den 20-Kronenschein aber stopfte er dem bewusstlosen Köllmer in den offenen Mund. Dann drehte er den Kopf seines Opfers so, dass der Schein ebenfalls zu brennen anfing. Zufrieden trat er zurück und beobachtete sein Werk. Wie in Trance murmelte er abermals: »Blutsauger, Ausbeuter, Kapitalistenschwein…«. Schließlich gab er sich einen Ruck und verließ mit ruhigem Schritt den Uhrmacherladen. Nicht ohne aber die Türe zwischen Verkaufsraum und Werkstätte sowie die Eingangstüre des Ladens offen zu lassen. Damit es schön zog und das Feuer ordentlich Frischluft bekam…

XI.
    Gähnende Leere empfing sie , als sie ihre Lieblingsfleischhauerei in der Gumpendorfer Straße betrat. An den Wänden hingen keine zerteilten Stücke von Rind, Kalb und Schwein, sondern nur einige Dauerwürste sowie etwas Selchfleisch. Aurelia Nechyba wollte bereits auf dem Absatz kehrtmachen, als Vinzenz Mostbichler aus den hinteren Räumen hervorkam und rief:
    »Küss die Hand, habe die Ehre! Frau Litzels… äh, Frau Nechyba! Womit kann ich dienen? Ein Kranzerl Dürre 37 für ein saftiges Erdäpfelgulasch oder ein Selchripperl? Das passt vorzüglich zu einem Erbsenpüree! Ein geräuchertes Rindszüngerl hätte ich auch noch da. Und frisch g’schlagene Kaninchen von meinem Herrn Schwager. Und von meiner Erbtante am Land hab ich gestern ganz frische Henderln bekommen…«
    Aurelia wurde hellhörig. Frische Henderln vom Land? Das war eine Idee! Eigentlich wollte sie sich erkundigen, ob es noch etwas von dem argentinischen Rindfleisch gäbe, das vor ein paar Wochen in Wien eingetroffen war. Aber ein saftiges Hendl hatte auch schon längere Zeit nicht auf dem Speisezettel gestanden. Wenn es nun aufgrund der Versorgungskrise kein Rindfleisch gab, musste man eben ausweichen. Sie runzelte die Stirn und sagte in strengem Ton:
    »Und? Darf ich diese Viecher einmal sehen? Weil alte, ozahde 38 Hendeln nehm’ ich auf keinen Fall. Das muss schon erstklassige, frische Ware sein.«
    »Aber gern doch! Liebe Frau Nechyba, da schaun S’… Sind das net Prachtviecher? Und schon gerupft… Sie brauchen S’ nur mehr in den Ofen schieben…«
    Aurelia Nechyba schüttelte unwillig den Kopf. Denn sie erinnerte sich plötzlich an ein Rezept, das sie vor vielen, vielen Jahren das letzte Mal zubereitet hatte: Ein Hühner Poupeton von Reis. Damals hatte sie noch als Hilfsköchin im Haushalt von Erzherzog Ludwig Viktor gearbeitet. Sie inspizierte die beiden Hühner, die wirklich recht jung und zart waren.
    »In Ordnung! Packen S’ mir s’

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