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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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ein.«
    »Und? Werden S’ die zarten, jungen Viecherln braten?«
    »Aber geh! Wenn ich dem Hofrat Schmerda ein simples Brathenderl serviere, fragt er mich, ob ich krank bin. Nein, der Herr Hofrat will immer was ganz Ausgefallenes. Deshalb werd ich ihm ein Hühner-Poupeton von Reis machen.«
    »A was?«
    »Das ist ein Hühnerfrikassee mit Champignons in einer Reishülle, die dann noch überbacken wird.«
    »Na geh! So was! Sachen gibt’s…«
    »Übrigens, Herr Mostbichler, wissen Sie, dass Ihr ehemaliger Geselle, der Anastasius Schöberl, jetzt Filme macht. Wissen S’ eh, die laufenden Bilder, die s’ in den Kinematographen zeigen…«
    Das ohnehin rötliche Gesicht Mostbichlers nahm plötzlich eine dunkelrote Farbe an. Der anbiedernde Tonfall war weg und er raunzte seine Kundin grantig an:
    »Hören S’ ma auf mit dem Schöberl. Diese Kanaille 39 hat mich mit meiner Frau betrogen. Am liebsten hätt’ ich ihn damals derschlag’n! Gleich da auf dem Hackstock!«
    Voll Wut ließ er das Hackbeil auf den Holzblock niedersausen. Verbissen starrte er vor sich hin. Aurelia Nechyba biss sich auf die Lippen, ›Ui! Das war ein Fauxpas!‹, dachte sie und murmelte entschuldigend:
    »Aber geh, das ist doch schon so lange her…«.
    Ohne sie anzusehen, nannte ihr Mostbichler den Preis für die Hühner. Sie zahlte und verließ schleunigst das Geschäft. Draußen atmete sie tief durch: ›Was manche Menschen für Zwiderwurzn 40 sind…‹
    In der Schmerda’schen Wohnung angekommen, wurde Aurelia selbst zur Zwiderwurzn. Denn sie überraschte das Dienstmädel, wie es mit hochgelagerten Beinen neben dem Herd saß und einen Kolportage-Roman las. Sie riss dem Mädchen das Heftl aus der Hand und schlug es ihm mehrmals um die Ohren.
    »Was liest denn da für einen Dreck? ›Um der Liebe willen verstoßen und geächtet‹… So ein Blödsinn!«
    Voll Zorn holte sie abermals aus und schlug wieder links und rechts zu.
    »Wennst wenigstens meine Kochbücher lesen würdest… Oder das Haushaltsbuch, damit du was lernst. Aber nein! So einen Stuss liest!«
    Und damit öffnete die Köchin die Tür des Herdes und warf das Heft in die Glut. Gerti schrie auf. Aurelia drehte sich um und gab dem Dienstmädel als Zugabe noch eine schallende Ohrfeige.
    »Das Feuer im Herd hast fast ausgehen lassen! Wie soll ich da für Mittag ein Essen kochen? Leg sofort Holz nach! Aber sei vorsichtig, mach mir ja nicht die Glut kaputt!«
    Gerti rannen Tränen über die dicken Wangen ihres Bauerngesichts. Dort, wo Aurelias Ohrfeige getroffen hatte, war die Haut stark gerötet. Mit zitternden Händen öffnete sie die Herdtür und begann vorsichtig Holz nachzulegen. Die Köchin, die sich nun wieder beruhigt hatte, bedauerte ihren Ausbruch, als sie mit gekonnten Griffen die beiden Hühner tranchierte. Das dicke, laut schluchzende Häufchen Elend, das nun vor dem Herd kniete und zuerst kleine Holzspäne nachlegte, und, nachdem diese Feuer gefangen hatten, dickere Holzscheite darüber schlichtete, tat der Köchin leid. Deshalb sagte sie, als Gerti mit dem Nachschlichten fertig war, mit ruhiger Stimme:
    »Gut hast das g’macht, Gerti. Nimm jetzt die Champignons und eine Bürste und putz sie unterm Wasserstrahl. Die sauberen legst du dann auf ein Tuch zum Trocknen. Davor stellst aber noch 40 Deka Reis zum Kochen auf. Nimm den klebrigen, italienischen Reis.«
    Das Dienstmädchen errötete ob des unerwarteten Lobs, zog lautstark den Rotz auf und wischte sich mit dem Schürzenzipfel die Tränen ab. Inzwischen nahm sich die Köchin des Wurzelwerks an. Mit flinken Handgriffen putzte sie die Karotten und gelben Rüben, die Petersilienwurzeln und den Sellerie. Dem Dienstmädchen trug sie auf, einen Topf mit Wasser auf die nun wieder heiß werdende Herdplatte zu stellen. Sie selbst wusch das geputzte Gemüse. Dann salzte sie die appetitlich zerlegten Hühnerfleischstücke. Gemeinsam mit den beiden Hühnerlebern stellte sie alles bis zur Weiterverarbeitung in die Speisekammer. In das kochende Wasser gab sie das geputzte Wurzelwerk sowie die Herzen und Mägen der beiden Hühner. Als sie die gebürsteten Champignons kontrollierte, klopfte es an der Küchentür. Aurelia Nechyba, die dieses schüchterne Klopfen kannte, rief:
    »Komm ruhig rein, Alphonse! Du störst nicht.«
    Alphonse Schmerda betrat die Küche, grüßte die Köchin höflich und nickte dem Dienstmädchen freundlich zu. Dann setzte er sich auf den Stuhl, der im hintersten Kücheneck stand und auf dem vor vielen

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