Mord und Brand
Verkohlen soll er, der Alte…«
»Aber, Alphonse! So was sagt man nicht. Du machst mir direkt Angst…«
Alphonses Gesichtszüge entspannten sich und er lächelte wieder:
»Keine Angst, allein schon wegen Ihnen tu ich es nicht. Aber verstehen kann ich es schon, wenn ein Mensch wie der Oprschalek seine Wohnung und seine Alte anzündet…«
»Wie kommst denn auf den Oprschalek?«
»Den kenn ich vom Naschmarkt, seit vielen Jahren. Der hat mir als Bub damals mein erstes Bier spendiert. Der ist an sich ein leiwandes Haus 43 . Neulich hab ich ihn im Café Dobner gesehen. Dort hat er sich nach irgendwem erkundigt und ist dann gleich wieder weg. Da ich neugierig war, bin ich ihm gefolgt. Er ist hinüber in den 3. Bezirk gegangen, auf den Radetzkyplatz. Dort gibt es ein Hotel Hungaria. Zuerst ist er kurz da hinein und danach ist er in ein Weinhaus gegenüber vom Hotel gegangen. Dort hat er sich dann mit jemandem getroffen. Ich hab’ mir überlegt, ob ich das der Polizei melden soll. Aber da ich ja mit der Polizei im Allgemeinen und mit Ihrem Herrn Gemahl im Besonderen schlechte Erfahrungen gemacht hab’, hab’ ich es dann bleiben lassen…«
XII.
»Herr Inspector! Drüben am Karmelitermarkt ist ein Aufruhr!«
Zischek, der Adjutant des Zentralinspectors Fuchs, hatte die Tür aufgerissen und sprudelte los:
»Das Kommissariat Leopoldstadt hat grad bei uns im Zentralinspectorat angerufen, ob ma ein paar Leut’ rüberschicken können.«
Nechyba stand ohne eine Miene zu verziehen auf, klappte die Akten zu, die er gerade gemeinsam mit Pospischil bearbeitet hatte, schnappte Überzieher und Melone und brummte: »Gemma…«
Pospischil eilte in das Nebenzimmer, um sich ebenfalls Hut und Mantel zu holen. Nechyba warf einen Blick in das fast leere Dienstzimmer und sah, dass von seinen Polizeiagenten nur der lange Paul und der Fraczyk anwesend waren.
»Paul, du haltest die Stellung da. Fraczyk, du gehst mit. Komm schon, zah’ an 44 !«
Im Davoneilen rief er Zischek zu:
»Sagen S’ dem Herrn Zentralinspector, wir sind schon unterwegs, und dass ich mich persönlich drum kümmere!«
Vom Polizeigebäude in der Elisabethpromenade aus hatten sie es wirklich nicht weit: Ihr Weg führte sie über die Augartenbrücke und dann ein Stück den Donaukanal entlang. Über die Schiffamtsgasse und Im Werd gelangten sie zum Karmelitermarkt. Hier war bereits die Menschenmenge zu sehen, die sich vor einem der angrenzenden Häuser versammelt hatte. Zwei berittene Polizisten und vier Sicherheitswachebeamten versuchten, die Schaulustigen abzudrängen. Steine flogen, es wurde geschrien und geschimpft. Nechyba und seine Leute drängten sich durch die Menge, einen Steinewerfer packten sie im Vorbeigehen beim Kragen und schleiften ihn zu den uniformierten Polizisten. Das ließ Ruhe einkehren. Bedrohliche Stille breitete sich aus. Die Berittenen gruppierten sich um die drei Polizeiagenten und den Verhafteten. Nechyba holte tief Luft und brüllte:
»Seid Ihr alle narrisch geworden? Was ist denn los?«
Eine Frau in einem abgetragenen Kleid, einer abgewetzten Schürze und einem Wollumhang drängte sich vor. An ihren Kittel klammerten sich drei verängstigt dreinschauende Kinder.
»Euer Gnaden, bitte, net bös’ sein. Aber unser Hausherr hat uns g’rad delogiert. Und ich weiß net, wo ich mit meinen Kindern, den drei kleinen und den beiden großen, die was beim Handwagerl mit unser’n Siebensachen stehen, hin soll. Ich hab’ mich halt g’wehrt, als mich der Grobian von einem Hausherrn an den Haaren auf die Strass’n gezogen hat. Dabei hamma so viel Aufsehen erregt, dass jetzt der Bahöö 45 beinander is.«
Ein dicker Mann in Anzug, Mantel und Hut stieß die Frau grob zur Seite und schrie mit hochrotem Kopf:
»Ein Grobian soll ich sein? Was bildet sich diese Person ein? Es ist mein gutes Recht als Hausherr, dass ich Leute, die die Miete nicht zahlen, an die frische Luft setze!«
Dabei machte er den Fehler, Nechyba direkt ins Gesicht zu brüllen. Der Inspector packte ihn hart an der Schulter und stieß ihn einen Schritt zurück.
»Beherrschen Sie sich gefälligst! Sonst kommen S’gleich mit aufs Polizeigebäude.«
Der Hausherr ließ sich nicht einschüchtern. Wie von einer Sprungfeder getrieben, stand er schon wieder Aug in Aug mit Nechyba und schrie:
»Ich bin da der Hausherr und ich mach’, was ich will! Ich…«
Weiter kam er nicht, denn das war eindeutig eine Insultierung eines k.k. Beamten. Das konnte Pospischil
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