Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
Vom Netzwerk:
widerlichen und ihn erneut kratzenden Kaktus die vorletzte Tranche der Anzahlung seines Mordlohnes gefunden. Zwei rosarote 50-Kronen-Scheine und einen Zettel, auf dem ein einziges Wort stand: Wann? Er las es und es gab ihm einen Stich ins Herz. Nein, um den Herrn Direktor Hubendorfer war es ihm nicht leid. Im Gegenteil. Er hasste ihn mittlerweile aus tiefstem Herzen. Dieser Kerl hatte seine hohe Stellung skrupellos ausgenutzt, um die Fritzi Nemec zu verführen und auf die schiefe Bahn zu bringen. Der Hund, der! Bei dem Gedanken an Fritzi verspürte er wiederum einen Stich. Den Hubendorfer würde er mit Genuss umbringen… Er schwankte nur noch, ob er ihn zu Tode prügeln oder bei lebendigem Leibe verbrennen sollte. Aber die Fritzi… Mit feuchten Augen und zittriger Hand hatte er schließlich folgende Antwort auf den Zettel geschrieben: Ende Julei is alles vorbei. Und obwohl er stolz auf den Reim war, war ihm ganz und gar nicht danach zu Mute, darüber zu schmunzeln. Ja, die Fritzi… die süße, kleine Fritzi… Er hatte sich in das Mädel richtig verliebt. Und sie mochte ihn auch. In ihrer kindlichen Sorglosigkeit hatte sie begonnen, sich regelmäßig mit dem Herrn Löwenstein zu treffen. Beim Heurigen draußen in Nussdorf waren sie dann per Du geworden und hatten wie narrisch geschmust. Dann hatte er die Gelegenheit beim Schopf gepackt, schließlich war er schon seit Jahren mit keiner Frau mehr intim gewesen und war mit ihr in ein Hotel in der Naschmarktgegend gefahren, das stundenweise Zimmer vermietete. Und obwohl die Polster, Vorhänge und Teppiche nach Staub gerochen hatten und die Leintücher des Bettes nicht ganz sauber waren, hatte sie sich ihm ohne großen Widerstand hingegeben. Er erinnerte sich, wie er ihren weißen Körper aus der Kleidung geschält und dann die vielen weichen, mit einem zarten, blonden Flaum bedeckten Stellen ihres Körpers geküsst und gestreichelt hatte. Er hatte sie zu einem verzückten Stöhnen und Wimmern gebracht. Und als er schließlich vorsichtig in sie eingedrungen war, hatte sie ihn mit einer Leidenschaft und Gier umschlungen, die er bis dahin nicht gekannt hatte.
     
    Ein Schauer überrieselte ihn. Er zwang sich, aus diesem mit wohligen Erinnerungen gespickten Tagtraum aufzuwachen und sich auf die Haustür schräg vis-à-vis zu konzentrieren. »Kruzitürken!«, fluchte er. »Ich hab die Fritzi wirklich lieb, aber es hilft nix. Sterben muss sie.« Schließlich hatte er für ihre Ermordung bereits 200 Kronen im Voraus kassiert. Zusammen mit den ebenfalls angezahlten 200 Kronen für die Ermordung Hubendorfers ergab das stattliche 400 Kronen. In Summe würde er mit dem Doppelmord 1000 Kronen verdienen. Unglaublich! Wer war so wahnsinnig, für die Ermordung zweier Menschen so viel zu bezahlen? Wenn er einen solchen Betrag zur freien Verfügung hätte, würde er ihn auf andere Art ausgeben. Zum Beispiel für einen Kuraufenthalt in Meran oder eine mehrmonatige Reise nach Paris… Seit er im Kaffeehaus in einem Journal Beiträge über diese beiden Städte gelesen hatte, kreisten seine Gedanken ständig darum.
    Eine ältere Dame kam die Gasse entlang und steuerte auf das von ihm observierte Gebäude zu. Als die Frau hinter der Haustür verschwand, lief er ihr hinterher. Sie stieg die geschwungene Treppe hinauf. Er folgte ihr auf Zehenspitzen. Sie hatte den Mezzanin 63 bereits erreicht und stieg schon weiter die Stufen empor. Jetzt! Jetzt müsste sie doch einmal kurz inne halten… Doch nein. Zügig setzte die Dame ihren Weg in den ersten und dann in den zweiten Stock fort. Dort blieb sie stehen. Er hörte, wie eine Tür aufgesperrt wurde. Leise hastete er die Stiegen hinauf in den Halbstock, stach sich an dem Kaktus und fluchte leise. Das Brieferl befand sich nach wie vor an seinem Platz.
    Flink huschte er die Stiegen hinunter, doch da hörte er unten die Haustür aufgehen und Männerschritte. Auf Zehenspitzen zog er sich in den ersten Stock zurück, bereit, weiter hinaufzueilen. Doch der Mann war bereits im Mezzanin zu Hause. Nach einigen Schrecksekunden lief Budka die Stiegen hinunter und aus dem Haus hinaus. In dem Hauseingang vis-à-vis bezog er wieder seinen Beobachtungsposten. Als er neuerlich ins Grübeln und Tagträumen verfallen wollte, hörte er hinter sich Schritte im Hausflur. Er schreckte aus den Gedanken hoch, überquerte schlendernden Schrittes die Gasse und wandte sich der St. Ulrichs-Kirche zu. Über die Schulter sah er, dass ein Dienstmädchen mit einem Einkaufskorb

Weitere Kostenlose Bücher