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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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man werden müssen… Redakteur…«
     
    Goldblatt hatte seine liebe Not, im Gewühl des Marktes Oprschalek nicht aus den Augen zu verlieren. Der ging schnurstracks Richtung Taborstraße und diese dann stadteinwärts. Goldblatt folgte mit einigem Abstand und überlegte, wie er ihn ansprechen sollte. Plötzlich war Oprschalek verschwunden. Der Redakteur blieb stehen, schaute sich suchend um und ging dann ratlos Richtung Innenstadt weiter. Plötzlich packte ihn ein kräftiger Arm beim Krawattl 62 und zerrte ihn in einen menschenleeren Hauseingang. Goldblatt fühlte sich von dem großen, kräftigen Oprschalek wie ein Blatt Papier an die Wand gepresst. Der ehemalige Hausbesorger roch nach Alkohol und Schweiß. Außerdem hatte er einen üblen Mundgeruch.
    »Sie mieser Redakteur, Sie! Sie werden mich nicht an die Polizei verraten!«
    Goldblatt schluckte. Nichts lag ihm ferner als das. Die Hand an seinem Kragen drückte fester zu. Er rang nach Luft und keuchte:
    »Herr Oprschalek! Ich bitt’ Sie…!«
    »Bitten hilft nimmer… nur mehr beten…«
    »Hören S’ mir zu… Ich schlag Ihnen a G’schäft vor!«
    Der Griff an Goldblatts Gurgel lockerte sich.
    »Was für ein G’schäft? Wenn ich Sie jetzt erwürg’, g’hört Ihre Brieftasche sowieso mir.«
    »Ein Gespräch… ein bezahltes Gespräch…«, keuchte Goldblatt und, siehe da, plötzlich ließ ihn die Hand los. Der Redakteur musste fürchterlich husten. Oprschalek betrachtete ihn wie ein Forscher ein zu sezierendes Objekt. Doch statt das Seziermesser zu zücken, stellte er Goldblatt folgende Frage:
    »Sie haben doch den Artikel über den Feuerteufel geschrieben?«
    Goldblatt nickte und massierte sich den malträtierten Hals.
    »Der war gut… sehr gut sogar… Wollen S’ eine Fortsetzung schreiben?«
    Goldblatt nickte. Allmählich erholte er sich. Auch seine Stimme funktionierte wieder:
    »Ich zahl Ihnen 10 Kronen. Mehr hab ich nicht dabei. Dafür erzählen Sie mir, wie das so ist, wenn man seine Frau erschlägt und seine Wohnung in Brand steckt. Einverstanden?«
    Oprschalek dachte kurz nach, grinste und sagte:
    »Ich erzähl’s Ihnen bei einem Bier. Aber auf das müssen Sie mich einladen.«
    Da Goldblatt noch etwas Kleingeld in der Hosentasche hatte, war das kein Problem. Und so setzte er sich mit Oprschalek in ein Beisl in der Taborstraße, trank einige Biere und erfuhr, dass der Mord an seiner ehemaligen Putzfrau eigentlich ein Unfall in Folge eines Ehestreits gewesen war. Dann schilderte ihm Oprschalek das befreiende Gefühl, wenn man etwas in Brand steckt. Feuerreinigung nannte er das. Und schließlich hielt er einen elendslangen Monolog über die kapitalistische Ausbeutergesellschaft und darüber, dass der Zorn der arbeitenden Massen alle Kapitalisten mit Feuer und Schwert ausmerzen werde.
     
    Auf dem Weg zurück in die Redaktion überlegte Goldblatt die Überschrift des Artikels: ›Was ein Feuerteufel zu sagen hat‹. Oder: ›Der Feuerteufel erzählt‹. Doch dann fiel ihm ›Der Feuerteufel und die Feuerreinigung‹ ein. Das war genial! Der Artikel über das Gespräch mit Oprschalek würde spektakulär werden. Als er an das Gesicht des dicken Nechyba bei der Lektüre dieses Geständnisses dachte, musste er schmunzeln. Sicher würde Nechyba ihm wieder einmal die Freundschaft aufkündigen. Vielleicht würde er ihn im Kaffeehaus sogar ignorieren und so tun, als ob man einander nicht kannte? Oder er würde völlig die Contenance verlieren und ihn vor allen Leuten anbrüllen… Mein Gott, der dicke Nechyba. Vor ein paar Tagen hatte der ihm im Café Landtmann erzählt, wie ihm der Oprschalek durch die Lappen gegangen war. Und morgen würde er dann in der Zeitung lesen, dass es gar nicht so schwierig gewesen war, den flüchtigen Brandstifter zu finden.
     
     
     
    XVI.
    Wie ein Reptil, das regungslos auf das Erscheinen seiner Beute lauerte, lehnte er im Dunkel eines Hauseinganges. Budka hatte das ungeliebte Gewand an, in dem er früher Tag und Nacht gelebt hatte. Es war alt, abgerissen und schmutzig. Er hasste es. Um aber als Schundroman-Kolporteur glaubwürdig zu sein, musste er es tragen. Tja, wie sich die Zeiten geändert hatten… Heute schlüpfte er nur mehr in die Rolle, um seinen Auftraggeber nicht vor den Kopf zu stoßen. Er machte nur noch eine Verkaufsrunde pro Woche. Und zwar diejenige, an deren Ende der Blumentopf im Halbgeschoss zwischen 1. Stock und dem Mezzanin auf ihn wartete. Heute, es war wieder ein Monat vergangen, hatte er unter dem

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