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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Arbeiterführer Franz Schuhmeier erzählen. Als die Gruppe zur Sperrstunde aus dem verrauchten Keller hinausgeschmissen wurde, zogen sie weiter in die Franzensbrückengasse, in ein Nachtcafé, in dem sich Praterhuren und deren Strizzis 71 aufhielten. Dort soffen sie, bis der Morgen dämmerte. Im Vollrausch lallte Kaminsky:
    »Jetzt wird’s schon hell und i muss in die Hack’n… So ein Schas… Am liebsten tät i alles anzünden!«
    Oprschalek, der vor sich hindöste, war plötzlich hellwach. Er beugte sich zu Kaminsky über den Tisch und fragte lauernd:
    »Was willst anzünden?«
    »Na den Holzplatz, wo i arbeit’… So viel Holz. Schad d’rum. Des tät so schön brennen…«
    »Geh, hör auf zu phantasieren!«, schaltete sich Mayrleeb ein. »Am besten gehst jetzt hin und tust so, wie wennst mit der Arbeit beginnen würdest. Später, wenn keiner schaut, suchst dir ein ruhiges Platzerl und schlafst deinen Rausch aus.«
    »Das sind mir die richtigen Genossen«, höhnte Oprschalek. »Radikal am Wirtshaustisch, aber sonst brav wie die Lamperln…«
    »Geh, Frantisek, des bringt doch nix, so einen Holzplatz abzufackeln! Wem g’hört der überhaupt?«
    »Meinem Chef, dem Baumeister Schmeykal. Der is’ ordentlich g’stopft. Der hat sogar a riesige Villa. Aber unsereinem zahlt er g’rade so viel, dass man net verhungert.«
    »Anzünden! Alles anzünden!«, schrie Njegusch mit rotem Schädel. Die Unterhaltung im Café erstarb und alle starrten auf den Tisch mit den fünf Männern. Mayrleeb stand abrupt auf und rief: »Zahlen!«, dann verabschiedete er sich von den anderen mit den Worten »Macht’s keinen Blödsinn!« und ging. Die restlichen vier steckten die Köpfe zusammen und tuschelten eine Zeit lang. Dann zahlten sie ebenfalls und gingen wankend hinaus in die frische Luft. Sie wanderten den Donaukanal entlang flussaufwärts, überquerten die Stephaniebrücke und spazierten ein Stück weiter bis zur Oberen Donaustraße. Dort kratzten sie ihre letzten Heller zusammen und lösten im 31er vier Fahrkarten. In Floridsdorf stiegen sie aus der Tramway aus und gingen durch das Zentrum des Industrievorortes in die Kaiserin Elisabeth-Straße, wo sich neben dem Nordbahnhof das Holzlager des Baumeisters Schmeykal befand. Es war kurz vor 6.00 Uhr früh und die Straßen waren menschenleer. Der Lagergehilfe sperrte das Schloss einer kleinen Eingangstür neben dem noch verschlossenen Haupttor des Lagerplatzes auf. Sie huschten hinein und folgten ihm zu der Holzbaracke, die als Büro diente. Auch hier sperrte Kaminsky auf. Er hatte allerdings keinen Schlüssel für das Büro des Lagerleiters. Oprschalek trat die Tür ein und durchsuchte das Büro. Die verschlossene Handkasse knackte er mit Werkzeug, das Kaminsky herbeigeschafft hatte. Die anderen beiden hatte er mittlerweile um Petroleum geschickt. Als sie ein Petroleumfass ins Büro rollten, ließ er sie eine Petroleumspur durch die Baracke hindurch hinaus zu den gelagerten Holzstapeln legen. Aus der Weste seines Anzugs nahm er eine Schachtel Schwefelhölzer, entzündete eines, hielt es einen Augenblick brennend in die Luft und warf es dann in die Lacke zu seinen Füßen. Mit einer fauchenden Stichflamme begann das Petroleum zu brennen. Fasziniert betrachteten die vier Männer, wie das Feuer die Petroleumspur entlangkroch. Oprschalek griff in die Sakkotasche, nahm ein Bündel Kronen-Scheine heraus und teilte sie unter den Anwesenden auf. Dann sagte er aufgekratzt:
    »So, meine Herren! Hier hamma alles erledigt. Gemma!«

XVIII.
    Nechyba war grantig. Er hatte Leo Goldblatts Interview mit Oprschalek gelesen. Dies war in den Räumlichkeiten des Café Landtmann geschehen, zu einem Zeitpunkt, als Goldblatt ausnahmsweise einmal nicht anwesend war. Nechyba hatte mit einem Schnaufer der Entrüstung die Zeitung zugeschlagen, mit dröhnender Stimme »Zahlen!« gerufen und sodann mit wehendem Mantel das Kaffeehaus verlassen. Mit einer mächtigen Wut im Bauch stapfte er dahin. Sein Weg führte ihn durch den Volksgarten, den Ring entlang zum Karlsplatz und dann weiter zum Naschmarkt. Hier herrschte nachmittägliche Stille, denn viele Fratschlerinnen hatten ihre Stände bereits abgebaut. Es gab aber auch noch einige, die in der Nachmittagssonne vor sich hin dösten. Da es in den letzten Tagen ausgiebig geregnet hatte, war es sehr schwül. Vor lauter Wut wäre Nechyba am liebsten aus der Haut gefahren. Doch so sehr er auch suchte, er fand einfach niemanden, an dem er sich im Zuge einer

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