Mord und Brand
und dem Brett und begann den Speck in kleine Würferln zu schneiden. Einige davon steckte er sich mit spitzbübischem Grinsen in den Mund und spülte mit einem Schluck Grünen Veltliner nach. Ja, das war was! So ein resches Tröpferl vom Nussberg und ein Stückerl Speck…
›Der depperte Oprschalek soll mir den Buckel ’runterrutschen!‹, dachte Nechyba und schenkte sich Wein nach. Hin und wieder nahm er einen Schluck und schaute ansonsten ins Narrenkastl 74 . Als das Wasser endlich zu kochen begann, stand er auf und schob die Kasserolle von der Feuerstelle weg. Auf eine Stelle des Herdes, wo es warm blieb, aber nicht weiterkochte. Er schenkte sich neuerdings vom Wein ein, setzte sich nieder, schob ein paar Speckwürferln in den Mund und nahm einen Schluck Wein. Dann seufzte er zufrieden, verschränkte die Arme und schlief ein.
Als er aufwachte, wusste er zuerst nicht, wo er war. Sein Kreuz schmerzte und er stand mühevoll vom Küchensessel auf. Als er sich streckte, krachten die Wirbel in seinem Rücken. Er tapste zum Lavoir und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Dann angelte er die Taschenuhr aus der Hosentasche und erschrak. Es war 10 Minuten vor 8 Uhr. Um 8 Uhr hatte seine Frau Dienstschluss im Haushalt des Hofrats Schmerda. Dann dauerte es 7 bis 8 Minuten, bis sie bei ihm daheim war. Er stürzte zum Herd und sah, dass es zum Glück noch eine schöne Glut gab. Er schob Holzscheite nach und hob die noch immer warme Kasserolle mit dem Wasser zurück auf die große Herdplatte. Nun begann er, den Nockerlteig zuzubereiten. Er vermischte in einem Weidling Eier, Milch und etwas zerlassene Butter, dann arbeitete er ordentlich Mehl ein, bis es einen schön klebrigen Teig ergab. Mit pickenden 75 Fingern suchte er das Nockerlsieb, das er über das nun wieder kochende Wasser legte. Mit einer Spachtel drückte er den Teig durch die runden Öffnungen des Siebes. Danach wusch er sich die Finger und sah mit großer Befriedigung zu, wie die Nockerln im leise wallenden Wasser tanzten. Nun schnitt er den Strunk des Salats ab, entfernte die äußeren welken Blätter und wusch den Rest in der Bassena. Die inzwischen fertig gekochten Nockerl goss er ebenfalls über dem Wasserbecken am Gang ab. ›Zum Glück hab ich die Bassena neben meiner Wohnungstür‹, dachte Nechyba, als er die leere Kasserolle auf die glühend heiße Herdplatte stellte und die Speckwürferl hineingab. Knisternd gaben die Speckwürferl Fett ab, Nechyba rührte mit dem Kochlöffel ein paar Mal um, gab dann die Nockerln dazu und vermischte sie mit dem Speck. Als er den Topf von der Herdplatte nahm und einen Deckel draufgab, wurde die Wohnungstür geöffnet. Seine Frau trat ein, gab ihm ein Busserl und sagte:
»Was kochst denn da, Nechyba?«
»Eiernockerl mit grünem Salat…«
»Ahh… und einen Wein hast auch aufgemacht?«
Nechyba hielt beim Schneiden der Zwiebelringe inne, ging zur Küchenkredenz, nahm ein zweites Weinglas heraus und schenkte seiner Frau ein. Dann prostete er ihr zu: »Auf uns, mein Rehlein…« Aurelia runzelte die Stirn, da sie diese Verniedlichung ihres Vornamens gar nicht mochte. Allerdings war sein Tonfall so zärtlich, dass sie ihrem Nechyba die plumpe Vertraulichkeit verzieh. Dann erzählte er ihr von seinem Ärger mit Oprschalek und gestand ihr, dass er bisher nicht Alphonse Schmerdas Hinweisen bezüglich des Hotels Hungaria nachgegangen war. Seine Frau hatte ihm von Alphonses Beobachtungen schon vor einiger Zeit erzählt. Nechyba seufzte:
»Vielleicht ist da doch etwas dran… Glaubst, kann ich morgen einmal mit ihm reden?«
Aurelia Nechyba seufzte nun ebenfalls. Dann erzählte sie ihrem Mann, dass es gestern Abend einen fürchterlichen Streit zwischen dem Hofrat Schmerda und seinem Sohn gegeben hatte. Und dass Alphonse seitdem verschwunden war. Niemand wusste, wo er sich aufhielt. Seine Mutter und seine Schwestern waren mit den Nerven völlig am Ende. Der Hofrat versuchte zwar Haltung zu bewahren, aber Aurelia hatte beobachtet, dass der Dr. Schmerda, der sonst immer über einen gesegneten Appetit verfügte, heute das Abendessen kaum angerührt hatte.
Nachdem Nechyba den Salat mariniert und mit Zwiebelringen dekoriert hatte, sprudelte er nochmals die Eier auf und goss sie über die heißen Nockerln. Er verrührte alles und richtete zwei kräftige Portionen an. Während er und seine Frau schweigend aßen, dachte er sich: ›Manchmal rennt man überall nur gegen eine Wand…‹ Nach dem Essen und einem kräftigen
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