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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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ging in seinem Gemüt die Sonne auf. Das Leben war herrlich! Er hatte ein wunderbares Mädel, ein Dach über dem Kopf, eine Anstellung, bei der er nicht allzu viel arbeiten brauchte, sowie Geld in der Tasche. Da ihm nun sein Arbeitsauftrag in den Sinn kam, es jedoch Samstagnachmittag war und er in den Dienstbotenbüros wahrscheinlich keinen geeigneten Hausknecht mehr finden würde, sah er sich im Lokal um. An der Theke standen neben einigen Gruppen, die lautstark miteinander diskutierten, zwei einsame Trinker. Der eine machte einen durchaus bürgerlichen Eindruck und schied deshalb für seine Überlegungen aus. Der andere aber hatte stark abgetragene Kleidung sowie brüchiges, schon längere Zeit nicht mehr vom Schuster geflicktes Schuhwerk an. Oprschalek beobachtete den Mann während der nächsten halben Stunde und ihm fiel auf, dass er kaum von seinem Glas trank. Damit war die Sachlage klar: Er hatte zu wenig Geld, um sich zu besaufen. Oprschalek winkte dem Kellner und bestellte für den einsamen Zecher ein Glas Wein. Als der Kellner es ihm hinstellte, lehnte der Mann erschrocken ab. Erst als der Kellner ihm erklärte, dass er darauf eingeladen war, akzeptierte er es. Der Fremde sah zu Oprschalek und der prostete ihm zu. Danach trank der Mann den letzten Schluck des ersten Glases gierig aus und nippte vom zweiten. Oprschalek grinste. Und als der andere wieder einmal zu seinem Tisch hersah, winkte er ihn zu sich. Mit einer einladenden Handbewegung forderte Oprschalek ihn auf, sich niederzusetzen.
    »So ein schöner Tag heute… Der Frühling kommt! Das muss man feiern. Deshalb hab’ ich mir gedacht, ich lad’ Sie ein. Weil S’ so mutterseelenallein an der Theke g’standen sind.«
    »Ergebendsten Dank, der Herr. Sehr liebenswürdig, der Herr…«
    Oprschalek nahm einen kräftigen Schluck und taxierte seinen Tischnachbarn. Ein drahtiger, mittelgroßer Kerl. Der würde Koffer schleppen, Holz hacken und Kohle schaufeln können. Oprschalek verwickelte ihn in ein Gespräch über die Preise, die andauernd stiegen, sowie über die mangelnden Arbeitsplätze. Da er merkte, dass der andere Hunger hatte, lud er ihn auf ein Zigeuner-Gulasch ein. Schließlich unterbreitete er ihm das Angebot, als Hausknecht im Hotel vis-à-vis zu arbeiten.
    »Wann würd’ die Stelle denn frei werden?«
    »Was heißt würde? Die ist frei! Weil der alte Hausknecht verschwunden ist, hat mich der Hoteldirektor beauftragt, so schnell wie möglich einen Ersatzmann zu finden. Also, worauf wartest noch? ’Zahlt hab’ ich, gemma!«
    Der andere stürzte den letzten Schluck hinunter und gemeinsam verließen die beiden Männer das Weinhaus. Draußen zauberte die nun schon ziemlich tief stehende Sonne lange Schatten über den Radetzkyplatz. Oprschalek legte gönnerhaft seine Hand auf die Schulter des anderen und sagte:
    »Als Sozialdemokrat bin i mit jedem Hackler 68 per Du. Also, ich haß Frantisek…«
    Der andere grinste und antwortete:
    »I bin der Ferdinand… der Ferdinand Mayrleeb. Und a Sozi bin i aa. Solange i denken kann…«
     
    Der nächste Tag war ein total verregneter Sonntag. Oprschalek verbrachte den meisten Teil des Tages im Bett. Nur zu Mittag stand er auf und ging ins Café Hungaria frühstücken. Abends half er dann dem Mayrleeb, das Glumpert 69 des alten Hausknechts in den Keller zu verfrachten. Danach beschlossen die beiden, etwas trinken zu gehen. Ihr Weg führte sie in die Stadt, in den Esterhazy Keller im Haarhof. Über steile Treppen stiegen sie in den Untergrund. Das labyrinthartige Kellergewölbe war spärlich beleuchtet und vom Ruß der Petroleumlampen und vom Rauch der Gäste an Decke und Wänden geschwärzt. Hier im Herzen der Stadt trafen sich Menschen aller Stände und Schichten: schwere Alkoholiker und Gelegenheitstrinker, kleine Beamte und große Gauner, Arbeitslose und Hausherren, lose Weibsbilder, die einen Kren 70 suchten, sowie abenteuerlustige Dienstmädeln. Hier trafen sie Freunde von Mayrleeb. Es waren dies der Lagergehilfe Wojtek Kaminsky, der Lohnschreiber Franz Schottek sowie ein Bekannter der beiden, ein junges, aus Dalmatien stammendes Bürscherl namens Nikolaus Njegusch. Nach den ersten Vierteln Wein, die die Gruppe getrunken hatte, taute die Stimmung auf. Mayrleeb und Oprschalek begannen, politische Reden zu halten, bei denen vor allem der junge Njegusch ganz rote Ohren bekam. Er unterbrach die beiden immer wieder mit Fragen, und Oprschalek musste ihm von seinen Begegnungen mit dem Wiener

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