Mord und Brand
nicht nach Haus gehen. Das würde seine Frau riechen. Er bestellte ein Viertel Wachauer Riesling und begann zu grübeln. In das enge, schlauchförmige Lokal kam eine Gruppe Studenten, die sich neben ihm an die Bar stellten. Sie redeten über Weibergeschichten und tranken einen Schnaps nach dem anderen. Einer der Studenten, er war schon etwas älter, orderte neuerlich eine Runde, und als er sein Glas für einen Trinkspruch erhob, stieß er mit der Hand an Nechybas Schulter, worauf ein Teil des Schnapses auf das Sakko des Inspectors spritzte. Noch bevor Nechyba reagieren konnte, entschuldigte sich der Student und bestellte für Nechyba auch ein Glas Schnaps. So kam der Inspector mit den Studenten ins Plaudern, das mit der Zeit zu einem kollektiven Lallen verkam. Und da in diesem Zustand alle Hemmschwellen fallen, erzählten die Studenten dem Inspector von ihren Damenbekanntschaften und er ihnen von seinem nachmittäglichen Abenteuer, das er zutiefst bereute. Der ältere Student beugte sich schließlich stockbesoffen zu ihm und lallte tröstend:
»Josssssefffff, alter Kamerad! Ssssei nicht traurig… Oder… besser… ssssei traurig… weil?… Na weil du ein Recht hasssst… traurig zu sssssein. Warum? Weil… weil omne… omne animal… post coitum triste.«
Und kaum hatte er diese Weisheit abgesondert, beugte er sich noch weiter vor und spie Nechyba aufs Sakko. Überraschenderweise fanden das nicht nur die Studenten, sondern auch Nechyba komisch. Er wankte hinaus aufs WC, das sich jenseits des Ganges befand und für das man sich beim Wirt einen Schlüssel geben lassen musste, und säuberte dort notdürftig seinen Rock. Als er danach daran schnupperte, roch er nur Säuerliches. Und das veranlasste ihn zu grinsen. Endlich war er ihren Geruch losgeworden.
II/2.
Wieder lauerte er wie ein Reptil. Allerdings nicht vorm sondern im Haus: Dort, wo eine steinerne Wendeltreppe in die muffig feuchten Tiefen des Kellers hinabführte. Als er den schlurfenden Schritt des Hausmeisters hörte, schlich er aus dem feuchten Gewölbe nach oben. Mit kaltem Blick beobachtete er jede Bewegung des Mannes. Da es neun Uhr abends war, sperrte der Hausmeister die Eingangstüre ab. Durch mehrmaliges Rütteln vergewisserte er sich, dass diese auch wirklich abgeschlossen war. Dann gähnte er und schlapfte zu seiner Wohnung zurück. Als der alte Mann Budka den Rücken zukehrte, sprang der ihn von hinten an, packte ihn und stieß ihn die Kellerstiege hinunter. Der Hausmeister stieß einen Schreckensschrei aus. Zu mehr kam er nicht. Denn Budka war schon über ihm und hatte ihn an der Gurgel gepackt. Mehrmals schlug er den Kopf des Alten gegen die Kellerwand. Von Panik geweitete Augen starrten ihn an. Budka zischte:
»Warum hast du Sau mein Brieferl im Haus gegenüber net abgeholt?«
»Weil… weil… die Hausfrau…«
»Welche Hausfrau?«
»Na die Gnädige… der dieses Haus da g’hört…«
»Für die Gnädige hast du also die Brieferln transportiert?«
»Ja… ja…für die Gnädige.«
»Weißt du, was in den Brieferln g’standen is?«
»Na! Das waß i wirklich net. I hab die Brieferln immer nur hin und her tragen…«
Budka ließ den Hals des Hausmeisters los, griff in die Brusttasche seines Sakkos und zog das Brieferl mit dem zweifachen Mordauftrag heraus. Ganz ruhig faltete er es auf und las dem Hausmeister dann genussvoll den Mordauftrag vor. Dessen Gesicht wurde bleich.
»Du hast mir den Auftrag für einen Doppelmord überbracht. Wenn das die He erfahrt, gehst in Häfen 120 .«
Schweißperlen traten dem alten Mann auf die Stirn und er stammelte:
»Aber des war die Hausfrau… Die Frau Direktor…«
»Welche Frau Direktor…?«
»Die Frau Direktor Hubendorfer… die oben in der Belletage 121 wohnt… die gnädige Frau… die gnädige Frau hat ihren Mann umbringen lassen… i kann’s gar net glauben…«
Im Erdgeschoss wurde eine Tür aufgemacht und eine alte Frau rief:
»Karleee! Wo steckst denn? Warum kommst net in die Wohnung z’ruck, Karleee?«
Der Hausmeister flüsterte:
»Jössasna! Meine Alte. Sagen S’ ihr bittschön nix. Die trifft glatt der Schlag.«
Budka dachte kurz nach und rief dann zur Hausmeisterin hinauf:
»Ihr Herr Gemahl liegt da herunten. Es ist ihm schwindlig g’worden und er ist über die Kellerstieg’n g’fallen!«
»Karleee! Um Gottes willen!«
Und schon hörte Budka schlapfende Schritte, dann erschien ein altes, fettes Weib am Treppenabgang. Vorsichtig stieg die Hausmeisterin Schritt für
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