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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Plastiksack zu stopfen.
    Nachdem sie das Zimmer in Ordnung gebracht, es gründlich durchgelüftet und den Müllsack in der Garage deponiert hatte, setzte sie sich auf einen Stuhl, mit dem sie ganz nah ans Bett ihrer Mutter rückte.
    Sachte nahm sie deren Hand. »Was soll ich bloß tun?«, sagte sie leise. »Ich kann den Rudolf Westhöll nicht einfach herbestellen. Das würde der Sepp sich nicht bieten lassen.«
    Nach einigem Überlegen kam sie zu dem Schluss, dass wenigstens Hilde einen Blick auf die Beine der toten Mutter werfen sollte. Klammheimlich natürlich, hinter Maibiers Rücken sozusagen.
    Wenn sie auf der Stelle losfährt, dachte Wally, kann sie vor dem Moosbacher Bestatter da sein und sich die seltsamen Male anschauen, denn der Bestatter wird sich wohl kaum schon auf den Weg gemacht haben.
    Eilig stand sie auf, um in den Flur hinauszugehen, wo sich der Telefonapparat befand, ließ sich jedoch im nächsten Moment wieder auf den Sitz fallen und schüttelte mutlos den Kopf.
    Hilde war ja fortgefahren. Auf Urlaub mit den Senioren. Nach – na irgendwohin halt.
    Wally lehnte sich zurück, schloss die Augen und flüsterte: »Himmelmutter, ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Sag du es mir.«
    Mit einem Stich in den Magen fiel ihr ein, dass sie Getränke und Häppchen für die Trauergäste vorbereiten musste.
    Sie raffte sich auf, ging zur Tür und legte die Hand auf die Klinke. So blieb sie stehen und fing wieder zu weinen an. Der Moosbacher würde die Mutter mitnehmen. Auf Nimmerwiedersehen würde er sie fortbringen – mitsamt den Flecken, den verdächtigen Flecken, für die Hilde sich so brennend interessierte.
    Leise, als würde sie einen furchtbaren Frevel begehen, schlich sich Wally zurück ans Sterbebett. Sie schlug ihrer Mutter den Rock hoch, rollte ihr die Strümpfe ein Stück herunter, drehte die Knie vorsichtig ein wenig nach außen und studierte die rötlichen, wie Blasen wirkenden Verfärbungen.
    Ich muss mir ganz genau einprägen, wie sie aussehen, befahl sie sich, damit ich sie Hilde so gut wie möglich beschreiben kann. Vielleicht sollte ich sie auf ein Blatt Papier aufzeichnen. Ein Bild …
    Ein Bild, natürlich, ein Bild. Sie schlug sich an die Stirn. Ihr Mann besaß eine digitale Fotokamera, und sie wusste damit umzugehen. Einigermaßen jedenfalls. Und sie wusste auch, wo er die Kamera aufbewahrte.
    Wally hastete aus dem Zimmer und war schon eine halbe Minute später mit dem Fotoapparat zurück. Sie drückte den winzigen Knopf, der mit »on« gekennzeichnet war, und lächelte triumphierend, als das Objektiv mit einem diskreten Summen herausfuhr. Gewissenhaft darauf bedacht, beide Knie der Toten auf dem Display zu haben, betätigte Wally mehrmals den Auslöser.
    »Ja, bist du jetzt komplett verrückt geworden?« Sepp Maibier riss ihr den Fotoapparat weg. »Richt die Alte wieder ordentlich her und deck den Tisch im Wohnzimmer. Die Buben und die Schwiegertöchter kommen gleich her, die Nachbarn sind auch schon auf dem Weg, und der Bestatter wird nicht mehr lang auf sich warten lassen.«

Mittwoch, der 22. Juni
    Nachmittags im Café Krönner
    Der Fenstertisch, an dem die drei Damen üblicherweise saßen – und den Elisabeth um drei Uhr für sie zu reservieren pflegte –, war noch leer, als Thekla am Mittwochnachmittag das Krönner betrat. Sie nahm Platz und schaute sich um. Wie immer zeigte sich das Café gut besetzt. Thekla ließ die Blicke gleichgültig über die Klientel schweifen. Hausfrauen, Rentner, ein paar Touristen. Elisabeth war hinter der Theke damit beschäftigt, Milch für Cappuccino aufzuschäumen. Theklas Aufmerksamkeit wandte sich erwartungsvoll der Eingangstür zu – Hilde würde staunen, was sie zu bieten hatte.
    Am Freitagmittag hatte Thekla auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht von Dr. Friesing vorgefunden. Er habe Informationen für Thekla Stein, sagte er, und falls sie daran interessiert sei, wäre es am zweckmäßigsten, sie käme heute nach der Sprechstunde – gegen sechs etwa – in der Praxis vorbei.
    Thekla hatte sich pünktlich dort eingefunden, und Friesing hatte ihr auf dem Bildschirm seines PC Abbildungen von Holzer-Blasen gezeigt, hatte sie auf die charakteristischen Merkmale dieser Erscheinung hingewiesen und noch einmal ausgeführt, dass das Symptom in der Regel bei einer Barbituratüberdosierung auftrat. Thekla hatte sich höflich bedankt und schließlich einen Computerausdruck in Empfang genommen, der die Flecken an den Knie-Innenseiten eines Toten

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