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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Er hat mir die Abbildung gegeben und den Begriff dazu. Danach war es nicht weiter schwer, mehr über die Flecken herauszufinden. Google hatte etliche Treffer. Was mir davon wesentlich erschien, habe ich ausgedruckt.«
    »Internet«, stellte Hilde fest. »Ja, natürlich, Internet.« Erneut nahm sie Wally ins Visier. »Und?«
    »Ich …«, begann Wally, brach ab, fing neu an. »Mir sind nur die Male an den Knien aufgefallen.«
    Hilde zog die Stirn in Falten, und Thekla merkte, wie sich Wally verkrampfte. Offenbar rechnete sie mit einem ordentlichen Rüffel.
    Den hat sie nicht verdient, dachte Thekla. Wo sie sich doch so tapfer geschlagen hat. Fotos zu machen! Alle Achtung, Wally.
    Sie suchte noch nach den passenden Worten, um Wally beizuspringen, da sagte Hilde – und ihre Stimme klang um einige Nuancen weicher als zuvor –: »Natürlich, warum hättest du auch noch woanders nachsehen sollen, Wally. Es ist ja immer nur von den Knie-Innenseiten die Rede gewesen.« Sie senkte den Pagenkopf erneut über den Computerausdruck. »Holzer-Blasen!« Sie blätterte wieder um. »Ursache … entwickeln sich bei Barbituratintoxikation … Obduktion … Barbitursäurederivate im Blut …«
    Hilde sah auf und starrte Thekla betroffen an. »Barbiturate, das sind doch Beruhigungsmittel?« Sie achtete kaum auf Theklas Nicken. »Verstehe ich richtig, dass …«
    Thekla erlaubte sich ein winziges befriedigtes Schmunzeln über Hildes Bestürzung, die sie offenbar nach Worten suchen ließ. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche hatte es Hilde die Sprache verschlagen – unfassbar.
    Weil Hilde nach gut einer Minute immer noch nicht weitersprach, sagte Thekla: »Holzer-Blasen sind typisch für eine Barbiturat-Überdosis.« Daraufhin war es wieder still am Tisch.
    Wally hatte die Ellbogen aufgestützt und nippte von Zeit zu Zeit versonnen an ihrer Tasse, um die sie beide Hände gewölbt hatte.
    Thekla fragte sich, ob sie begriff, wovon die Rede war.
    Plötzlich stöhnte Hilde auf. »Überdosis! Schlafmittelvergiftung.«
    Das brachte Wally in Bewegung. »Die Mama ist ganz bestimmt nicht vergiftet worden. Wie denn? Von wem denn?«
    »Sie hat doch sicherlich Schlaftabletten eingenommen«, erwiderte Hilde. »Stenglich wird sie ihr verschrieben haben.« Sie wartete, bis Wally genickt hatte, dann fügte sie hinzu: »Gestern hat sie eine zu viel davon bekommen.«
    Thekla schluckte überstürzt einen Mundvoll Mandelmasse hinunter, weil sie einiges richtigstellen musste. Aber Hilde ließ sie nicht zu Wort kommen. Sie hob die Hand, als wolle sie ein Taxi anhalten, woraufhin Thekla beschloss, sie vorerst einfach weitermachen zu lassen.
    »Wir haben es also mit überdosierten Schlafmitteln zu tun«, sagte Hilde. »Stellt sich die Frage, ob das Grund genug ist, Mordtaten zu unterstellen.« Nachdenklich fuhr sie fort: »Ein paar Tabletten zu viel. Das kann ja passieren. Die Kranken haben Schmerzen, fühlen sich schlecht, wollen nichts als schlafen. Das Mittel dazu liegt auf dem Nachttisch bereit. Der Sohn lässt die Mutter eine Tablette schlucken, die Tochter gibt ihr fünf Minuten später wieder eine. Sie selbst greift danach …« Hilde sah Thekla zustimmungheischend an.
    Doch die schüttelte den Kopf. »Du bist auf dem falschen Dampfer, Hilde. Barbiturate wie Dormopan oder Resedorm waren zwar jahrzehntelang die Schlafmittel schlechthin, aber heutzutage sind sie das nicht mehr. Man hat sie weitgehend vom Markt genommen. Statt Barbituraten enthalten Schlaf- und Beruhigungsmittel heutzutage Benzodiazepine, bei denen anscheinend die Vergiftungsgefahr weniger groß ist, die nicht gleich süchtig machen, die weniger auf die Reaktionszeit des Patienten einwirken und so weiter.«
    Hilde blickte von Thekla zum Computerausdruck und wieder zurück. »Willst du damit sagen, dass Schlaftabletten und Beruhigungspillen auch bei Überdosierung keine Holzer-Blasen machen können, weil sie neuerdings einen ganz anderen Wirkstoff haben?«
    »›Neuerdings‹ musst du streichen«, erwiderte Thekla. »Man hat die Barbiturate schon in den Achtzigern durch Benzodiazepine ersetzt.«
    Hilde machte den Eindruck, als kämpfe sie darum, auf einen verlorenen Pfad zurückzufinden, der sich jedoch in Luft aufgelöst hatte. »In Schlafmitteln stecken also keine Barbiturate mehr?«, vergewisserte sie sich.
    »Da stecken jetzt die Benzodiazepine drin«, bestätigte Thekla.
    Hildes Blick wurde grimmig. »Und was zum Teufel muss man einnehmen, um Barbiturate in die Blutbahn zu

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