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Mord unter den Linden (German Edition)

Mord unter den Linden (German Edition)

Titel: Mord unter den Linden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Pieper
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Falle, verdammt, ich soll hängen wie ein Stück Fleisch!
    Verzweifelt versuchte er, sich zu wehren. Ohne Chance, denn er hatte
ja nur den wackeligen Stand auf der Leiter, und die wurde eben mit einem
kräftigen Fußtritt zu Fall gebracht.
    Seine Arme ruderten herum, ein stechender Schmerz durchfuhr ihn, als
sein fallender Körper durch den Strick ruckartig gestoppt wurde und sich die
Schlinge um seinen Hals abrupt zuzog. Mit abgeschnürter Kehle und zappelnden
Beinen hing er in der Luft.
    Panik stieg ihn ihm auf. Oh Gott, wer tut mir das an, dachte er
verzweifelt. Die bringen mich um, die bringen mich einfach um!
    Sicher, er hatte Ärger im Dorf, aber nie hätte er geglaubt, dass sie
so weit gehen würden. Waren das wirklich alles Mörder, eiskalte Killer? Oder
steckte was ganz anderes dahinter?
    Er würde es nicht mehr herausbekommen, so viel war klar. Er
erstickte. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, das Blut pochte in den
Schläfen, sein Herz schlug wie rasend.
    Es dauerte, bis er das Bewusstsein verlor.
    Seine Arme fielen schlaff herab, ein letztes Zucken durchfloss
seinen Körper.
    Und Jankowskis Orchester spielte:
    Summertime and the livin’ is easy
    Fish are jumpin’ and the cotton is high
    Your daddy’s rich and your ma’s good lookin’
    So hush little baby, don’t you cry …

    Der alte Ford Transit, der wenig später über die nahe Landstraße
fuhr, war über und über mit Graffiti besprüht und viel zu schnell unterwegs.
Aus den Boxen dröhnte Punkrock. Am Steuer saß ein Junge mit schwarz gefärbten
Haaren, der kaum im Führerscheinalter war. Das Mädchen neben ihm war noch
jünger, fast noch ein Kind, in zu großer, mit Nieten besetzter Bikerlederjacke,
und es hatte grüne und lila Strähnen im langen Haar.
    Der Junge wippte mit dem Kopf im Takt der Musik, zog an einem Joint
und reichte ihn dann dem Mädchen, das tief inhalierte und sich entspannt
zurücklehnte. Beide sagten kein Wort und sahen entrückt durch die
Windschutzscheibe hinaus, als säßen sie im Kino vor einem abgefahrenen Film.
Gleichmäßig schoben sich die Scheibenwischer hin und her, der Asphalt der
Straße glänzte nass im Scheinwerferlicht. Plötzlich verschwand er scharf nach
rechts. Verblüfft registrierte der Junge, dass sein Wagen geradeaus weiterfuhr,
knapp zwischen zwei Bäumen hindurch. Alles schaukelte wild durcheinander, und
es dauerte einen Moment, bis die beiden registrierten, dass etwas nicht in
Ordnung war.
    »Oh fuck«, quietschte das Mädchen noch, dann kippte der Wagen nach
vorn und krachte mit der Schnauze voran in einen Bewässerungsgraben. Die Fluten
spritzten hoch, Luftblasen gurgelten auf.
    Dann war Stille.
    Der Transit stand schräg an der Böschung im Graben, mit Motorhaube
und Führerhaus bis zur Dachkante im Wasser. Nur das Heck guckte noch raus. Der
Regen prasselte auf das Blech.
    Nach einer Weile tauchte das Mädchen auf. Prustend und mit
Entengrütze im langen Haar sah es sich erschrocken um.
    »Dark?«, rief es japsend. »Scheiße, was war das, Dark?« Das Mädchen
richtete sich triefend auf und wischte sich mit dem Ärmel der pitschnassen
Lederjacke übers Gesicht.
    »Dark?«
    Keine Antwort.
    » Dark !«
    Hektisch platschte die Kleine ums Auto herum, rüttelte angstvoll an
der versunkenen Fahrertür.
    »Dark, mach keinen Scheiß, du musst da raus! – Oh Gott!«
    Sie hielt sich die Nase zu, tauchte wieder ins schlammige Wasser ab.
Es dauerte endlose Sekunden, bis sie die Fahrertür endlich aufbekam. Hastig
packte sie den Jungen am Kragen, zerrte ihn aus dem Auto und tauchte mit
bleichem Gesicht wieder auf.
    »Oh shit«, keuchte sie
atemlos und zog den Jungen ins Flache. »Dark, alles klar?«
    Nicht wirklich. Der Junge würgte Wasser hervor, und an seiner Stirn
war eine tiefe Platzwunde. Benommen lehnte er am Wagen. »Was ‘n passiert?«
    »Keine Ahnung«, flüsterte das Mädchen zitternd, »offenbar sind wir
mit dieser beschissenen Karre baden gegangen.«
    »Dann brauchen wir ‘n Boot«, murmelte Dark und sank mit weichen
Knien zurück in die Fluten.
    » Dark !«, schrie das Mädchen
erschrocken, zog ihn wieder hoch und schüttelte ihn. »Hey, Mann, komm zu dir,
okay? Das ist kein beschissener Trip hier, das ist … verdammte Realität – oh
shit  …«
    Dark war ohnmächtig geworden. Das Mädchen schleppte ihn keuchend die
Böschung hoch.
    »… ich hol Hilfe, okay? Ich, ich …« Sie legte ihn ins feuchte Gras
und strich ihm liebevoll über die Stirn. »Halte durch, Dark! Ich guck mal,

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