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Mord unter den Linden (German Edition)

Mord unter den Linden (German Edition)

Titel: Mord unter den Linden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Pieper
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sie fort und nahm einen mit – ob man wollte oder nicht.
    »Otto!« Moses war
in Wollpullover und Leinenhosen auf das Achterdeck getreten. Er rieb sich die
Hände, und seine Zähne klapperten. »Es wird Zeit für die Englischlektion.
Ferdinand lässt fragen, ob wir heute technische Begriffe durchgehen können.«
    »Natürlich«,
erwiderte Otto. »Geh schon mal vor. Ich komme gleich nach.«
    Noch einmal wandte
er sich dem Atlantik zu. Ein starker Wind raute die Wasseroberfläche auf. Über
den Himmel jagten graue, zerklüftete Wolken. Mit jeder Seemeile entfernten sie
sich von der Heimat, und mit jeder Seemeile näherten sie sich ihrem Ziel, dem
Hafen von New York.
    Tief atmete Otto
die feuchte, salzige Luft ein. Und plötzlich hatte er einen sonderbaren
Gedanken.
    War das vielleicht
schon das ganze Geheimnis?
    Das Zurücklegen
von Wegen.

Oliver G. Wachlin
    TORTENSCHLACHT
    Kriminalroman
    ISBN 978-3-86358-004-9
    »Oliver Wachlin kreiert pünktlich zum Jubiläum seine Persiflage auf die Wende einen köstlich närrischen Tanz um's Goldene Kalb, hier ›Tortenschlacht‹ genannt.«
    www.berlinkriminell.de

Leseprobe zu Oliver G. Wachlin,
TORTENSCHLACHT
:
    PROLOG
    Er stand in der Küche seines Hauses und überlegte, ob er den
Champagner öffnen sollte. Ein Brut Première, was immer das auch heißen mochte.
Leider war niemand da, dem er zuprosten konnte. Wenn Traudl noch leben würde,
die hätte sich gefreut. Vermutete er jedenfalls.
    Draußen regnete es schon seit Stunden. Auf dem Hof waren große
Pfützen, in denen sich verzerrt die Stallungen widerspiegelten. In der Scheune
brannte Licht. Merkwürdig. Er war seit drei Tagen nicht mehr in der Scheune
gewesen. Wenn er also vergessen hatte, das Licht auszuschalten, hätte es ihm
längst auffallen müssen. War es aber nicht. Irgendwer musste in der Scheune
sein. Jemand, der nicht auf diesen Hof gehörte.
    Über zwei Jahre lang war er nun schon Witwer, und seitdem gab es
hier niemanden außer ihm. Die Felder lagen brach. Der Rest waren Wiesen, die er
an ein paar Züchter im Dorf verpachtet hatte, die dringend Heu für ihre
Karnickel brauchten.
    Wer also hatte Licht in der Scheune gemacht?
    Er nahm den schweren Buchenholzknüppel, den er sich
zurechtgeschnitzt hatte, nachdem sie ihm eine tote Katze an die Tür genagelt
hatten. Zwei Tage später wurde sein Schäferhund Rollo vergiftet aufgefunden.
Und immer wieder lag anonyme Post im Briefkasten: »WIR KRIEGEN DICH, DU RATTE!«
    Na, das wollen wir doch mal sehen. Grimmig öffnete er die Haustür
und lief durch den Regen auf die Scheune zu. Deutlich sah man das Licht. Es
sickerte durch einen Spalt im Scheunentor. Davor hatte sich eine riesige
Wasserlache gebildet, in die der Regen Blasen trieb.
    Und war nicht auch Musik zu hören? – Ja, ganz deutlich. Aus dem
alten Kofferradio, die RIAS Big
Band mit Horst Jankowski. »Summertime« von Gershwin.
    Das war unheimlich. Musik und Licht – das fühlte sich an, als wollte
man ihn ganz bewusst in die Scheune locken.
    Um was mit ihm zu tun?
    Was für eine Scheiße wollten sie jetzt wieder anstellen? Ihn
krankenhausreif prügeln? Ihn mit Gewalt zwingen, den Hof nicht zu verkaufen?
    Zu spät, Jungs, die Sache ist gelaufen. Und wer das nicht versteht,
kriegt eins mit dem Knüppel übergezogen.
    Ruckartig öffnete er das Scheunentor und trat ein. Niemand war zu
sehen, die Scheune menschenleer. Nur das Licht aus einer kahlen Glühbirne unter
der Decke und Jankowskis Big Band. Aber wo war das kleine Kofferradio? Es stand
nicht auf seinem Platz an der Werkbank, sondern – sein Blick ging nach oben –
auf dem Kehlbalken vor dem Heuboden unter dem hohen Satteldach. Machte sich
hier wer einen albernen Scherz mit ihm?
    »Was soll das werden«, rief er laut, »›Verstehen Sie Spaß‹ mit Kurt
Felix und Paola?«
    Keine Antwort. Offenbar waren die Witzbolde schon ausgeflogen.
    Er griff nach der Holzleiter, die am Heuboden lehnte, und prüfte, ob
sie sicher stand. Man will sich ja nicht das Genick brechen auf seine alten
Tage.
    Dann stieg er hoch, um sein Kofferradio herunterzuholen. Das konnte
ja nicht die ganze Nacht hier herumdudeln. Er wollte gerade danach greifen, als
plötzlich ein Schatten über ihm war, eine Gestalt, die, im Dunkel des Heubodens
verborgen, auf ihn gewartet hatte. Sie packte ihn blitzschnell am Kopf, legte
ihm eine grobe Schlinge um den Hals, und plötzlich war klar, wie die Sache
laufen sollte.
    Die Schweine wollen mich lynchen, dachte er erschrocken, das ist
eine

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