Mord zur Bescherung
Doherty und sagte laut, was sie gerade dachte. »Meinst du, dass Eamon Mallorys Sohn das Feuer vielleicht überlebt haben könnte?«
»Das lasse ich überprüfen.«
Schon gab er die Anfrage telefonisch durch.
»Wenn der Sohn noch lebt, dann könnte er der Eindringling im Hotel gewesen sein.«
»Warum sollte er hier einbrechen?«
»Er hat etwas gesucht.«
Doherty schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich glaube, der Eindringling, der dich letzte Nacht in Stiefeln und Bademantel erwischt hat, hat nichts mit unserem Fall zu tun. Und er hat dich nicht verletzt. Du hast dir die Beule zugezogen, als du gegen die Wand gedonnert bist. Vielleicht war es jemand, der nur seinen Schlüssel vergessen hatte.«
Da war sich Honey nicht so sicher. Sie versuchte, sich in Gedanken wieder in diese Situation zurückzuversetzen.
Was Doherty als Nächstes sagte, gab ihrem Gedächtnis einen Stoß.
»Ich fand dein Outfit ja ausgesprochen heiß.«
Ja, ihr Outfit war denkwürdig und ungeheuer schlicht gewesen: ein Frotteebademantel und ein Paar kniehoheStiefel – und noch was, eine ganze Kleinigkeit, aber eine wichtige Kleinigkeit.
»Ich hatte noch Parfüm aufgelegt. Chanel No. 5. Aber ich habe auch Parfüm gerochen – kein Aftershave, sondern Parfüm.«
»Es war also eine Frau?«
»Bingo! Ein weiblicher Hotelgast, der sich aus dem Zimmer eines männlichen Hotelgastes schlich und nicht entdeckt werden wollte.« Sie zuckte resigniert die Schultern. »Das passiert andauernd. Aber normalerweise versuchen die nicht andere Leute niederzuschlagen, wenn man sie erwischt.«
»Wer steht als Nächstes auf unserer Hitliste?« Doherty lehnte an der Bar und dachte nach.
»Entschuldigung?«, ertönte eine leise Stimme.
Der Leiter der Buchhaltung von Mallory und Scrimshaw, Paul Emmerson, war hereingekommen. Sein Gesicht wies keinerlei weiche Rundungen auf. Seine Nase war eine schnurgerade Linie, sein Mund ein Strich, seine Wangenknochen und sein Kinn kantig. Er schaute von Doherty zu Honey Driver.
»Ich müsste mal mit Ihnen reden.«
Er sah schrecklich blass aus, aber Leute, die sich ihren Lebensunterhalt mit Geldangelegenheiten verdienten, wirkten oft so, als gingen sie nur nachts aus dem Haus, fand Honey.
»Ich habe vorhin gesehen, wie Ihre Tochter das Hotel verlassen hat«, sagte er zu Honey. »Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht, als ich bemerkt habe, wer sie begleitet hat.«
Honey hatte das dumpfe Gefühl, dass ihr seine weitere Aussage nicht gefallen würde, und fragte, wieso, was und wen zum Teufel er denn meinte.
Doherty war wieder ganz Mr. Cool. »Könnten Sie unsaus unserer Unwissenheit befreien, Mr. Emmerson? Können Sie uns verraten, wer Lindsey begleitet hat?«
»Crispin Mallory. Eamons Sohn. Das muss er gewesen sein. Er sieht seinem Vater so ähnlich.«
Honey und Doherty richteten sich beide auf.
»Erzählen Sie mir mehr«, bat Doherty den Mann.
»Ich ging gerade zur Garderobe, wo mein Mantel hängt, um meiner Frau ihre Kopfschmerztabletten zu holen. Sie hat oft Kopfweh«, fügte er mit leicht gequältem Gesichtsausdruck hinzu. »Es ist wohl der Wein«, meinte er dann mit einem nervösen Lachen.
Honey ließ sich nicht täuschen. Dieser Mann versuchte sie davon abzulenken, welche Leidenschaften in seiner Ehe brodelten beziehungsweise eben nicht brodelten. Das interessierte sie alles nicht. Sie hatte ein ganz ungutes Gefühl im Magen.
»Den Mann, den Sie mit meiner Tochter gesehen haben, kennen wir unter dem Namen Professor Jake Truebody. Wollen Sie behaupten, dass er Eamon Mallorys Sohn ist?«
Er nickte. »Ja. Er sieht genauso aus wie sein Vater, wenn auch natürlich zwanzig Jahre jünger. Ich habe schon damals in den guten alten Zeiten bei Mallory und Scrimshaw mit den beiden zusammengearbeitet. Ich hoffe, dass ich mich bald zur Ruhe setzen kann, und ich weiß, dass ich nicht mehr der Jüngste bin, aber mein Gedächtnis ist noch gut, und ich habe auch die alten Fotos gesehen, die Clarence aufgehoben hat. Ich habe keinen Zweifel, der Mann, den Sie Jake Truebody nennen, ist Crispin Mallory.«
Doherty forderte den Buchhalter auf, sich zu setzen. »Dieser Sohn, wo hat er sich denn bisher aufgehalten?«
»In den Vereinigten Staaten. Seine Mutter war eine amerikanische Schriftstellerin aus Idaho. Crispin ist erst in den USA geboren. Ich habe immer angenommen, dass er inAmerika zusammen mit seinem Vater bei diesem Brand umgekommen ist, aber das ist offensichtlich nicht der Fall. Er sieht genauso aus wie
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