Mord zur Bescherung
von Green Park« oder »Lüsterne Stadtbewohner der Regency-Zeit«.
Letzteres war bisher das erfolgreichste Buch, und der alte Clarence war sehr darauf erpicht, den Autor zu einer zweiten Folge zu überreden – natürlich wieder mit einem anzüglichen Titel. Bath war eine Regency-Stadt, und man konnte sich darauf verlassen, dass jeder, der etwas mit dem vierten Hannoveraner-König zu tun hatte, ein ziemlicher Draufgänger gewesen war.
Leider war Arthur Lovell, der Verfasser dieses Einblicks in die Regency-Zeit, nicht mehr zur Hand, es sei denn man engagierte ein Medium, um mit ihm im Jenseits Kontakt aufzunehmen. Arthur hatte bei dem Versuch, eine Katze aus der Mündung des Avon zu retten, ein trauriges Ende gefunden. Die Katze hatte überlebt, indem sie elegant überArthurs Leiche an Land trappelte, während er langsam im Schlamm des Avon versank.
Das Büro von Mallory und Scrimshaw lag an einer schmalen Gasse, die auf einen von alten Gebäuden umsäumten schattigen, gruftähnlichen Innenhof führte. Cobblers Court hatte sich im Laufe der Jahrhunderte kaum verändert, wenn man einmal von der besseren Kanalisation und den Plastikregenrinnen absah. Im Inneren der Gebäude war auch noch alles beim Alten.
Obwohl man Computer und Innentoiletten hatte einführen müssen, dazu alles andere, was man so im 21. Jahrhundert für die Veröffentlichung von Büchern benötigte, herrschte in den Geschäftsräumen von Mallory und Scrimshaw noch die düstere Atmosphäre einer längst vergangenen Zeit. Draußen hing schief an einer Mauer eine alte Gaslaterne, die man längst auf Elektrizität umgestellt hatte. Drinnen knarrten die Dielen bei jedem Schritt, und die Wände waren uneben und hellbeige gestrichen.
Nicht dass irgendetwas davon dem alten, unglücklichen Mr. Clarence Scrimshaw etwas bedeutet hätte.
Sein Schreibtisch hatte ihn immer winzig aussehen lassen, wenn er dahinter saß. Aber jetzt saß er nicht. Sein Körper lag ausgestreckt auf der Tischplatte, der Griff eines Brieföffners ragte ihm aus einem Ohr, und Blut tropfte auf ein genau an der richtigen Stelle platziertes Blatt Löschpapier.
Eine behandschuhte Hand hatte das Löschpapier dort hingelegt, und ein verschlagener und rachsüchtiger Mörder hatte im Stillen darüber gelacht, mit was für archaischen Gegenständen der alte Junge sich doch umgab. Die meisten hätte man längst wegwerfen sollen. Füllfederhalter? Löschpapier?
Der Job war erledigt. Zeit zum Gehen.
Die Dielen und die alte Treppe knarrten unter den Schrittendieses Menschen, als er das Gebäude verließ. Die Wände waren immer noch uneben und langweilig. Nichts auf der Welt hatte sich geändert, außer dass Clarence Scrimshaw nicht mehr lebte.
Ein kalter Nebel hatte sich auf Cobblers Court herabgesenkt und ließ einen die uralte Laterne und die wenigen noch verbliebenen Lichter im Gebäude gegenüber nur noch verschwommen erkennen. Dort erledigten die Putzfrauen ihre Arbeit in den Büros im ersten Stock. In der Etage darüber brannten die Lichter hell, und man sah Leute hin und her gehen. Ein Transparent, das man von innen über die Fenster gehängt hatte, verkündete, dass dort kürzlich ein Frisörsalon aufgemacht hatte.
Unten im Cobblers Court trat eine in einen Umhang gehüllte Gestalt aus der Tür von Mallory und Scrimshaw, bog rasch in die Gasse ein und verschwand dann im Nebel.
Anna, die junge polnische Frau, die am Empfang des Green River Hotel aushalf, leitete ein Gespräch auf Zimmer 18 weiter, ohne sich den Namen und die Telefonnummer des Anrufers aufzuschreiben. Normalerweise machte man das, falls jemand zurückrufen wollte und die Nummer vergessen oder verlegt hatte.
Anna war aber nicht in der Stimmung, pedantisch alle Regeln zu befolgen. Sie war beinahe neun Monate schwanger und hatte in letzter Zeit ein bedrohliches Zwicken verspürt. Aber sie wollte auf keinen Fall aufgeben. Sie wollte doch all die Feierlichkeiten zu Weihnachten nicht verpassen.
Oben in seinem Zimmer trat Mr. Paul Emmerson, der Buchhalter von Mallory und Scrimshaw, einen Trampelpfad in den Teppich. Seine Frau saß auf dem Bett, beobachtete ihn und warf ihm aus ihren dunklen Augen wütende Blicke zu. Der Anruf war für ihn gewesen.
»Das war sie, nicht wahr?«
Er nickte, ohne den Blick zu heben, hielt die Augen fest auf seine auf und ab gehenden Füße geheftet.
Sie stieß ein verächtliches Geräusch aus. »Dann lass ihn doch die Sache klären. Er hat den Vertrag aufgesetzt und nicht du.«
»Die ist
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