Mord zur Bescherung
hartnäckig, das muss man ihr lassen. Sie hat mich angerufen, weil sie ihn im Büro nicht erreicht hat.«
»Er muss ja auch längst dort weggegangen sein. Er sollte inzwischen hier im Hotel angekommen sein.«
Paul Emmerson blieb unvermittelt stehen.
Susan Emmerson zuckte zusammen, als sie den Blick sah, den er ihr zuwarf. Verachtung stand darin geschrieben.
»Du glaubst doch nicht etwa, dass er hier auftauchen wird? Er hasst Feiern.«
»Aber er hat schließlich schon alles bezahlt. Warum sollte er da nicht kommen?«
Ihr Mann schüttelte den Kopf, während er seine Frau mitleidig ansah. »Denkst du wirklich, dass der all das hier bezahlt hat?«
Ein verwirrtes Stirnrunzeln betonte die feinen Fältchen, die 45 Jahre in die Haut seiner Frau eingegraben hatten. »Aber das muss er doch. Wenn er es nicht getan hat, wer dann?«
Er zuckte die Achseln. »Wen schert es? Wie man so schön sagt: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Und der alte Scheißkerl schuldet mir noch was. Verdammt, der schuldet mir noch was.«
In Zimmer 19, gleich nebenan von Mr. und Mrs. Emmerson, gab sich David Longborough alle Mühe, seiner Kollegin die Zunge so tief wie möglich in den Hals zu rammen.
Samantha Brown befreite sich in dem Augenblick ausseiner Umarmung, als seine Hand sich seitlich in ihr schulterfreies Kleid stehlen wollte, ein dunkelgrünes Modell, das ihre größten Aktivposten nur eben gerade noch unter Kontrolle hielt.
»Willst du mich nicht, Baby?« Er wirkte verletzt und setzte wieder das Kleine-Junge-Gesicht auf, mit dem er sie schon früher herumgekriegt hatte.
Sie hielt ihn auf Armeslänge von sich. »Es geht jetzt nicht um Sex, und das weißt du verdammt gut.«
»Böses, böses Mädchen.« Er tippte ihr mit dem Finger auf die Lippen. »Der gute alte Clarence würde sicher gar nicht gern hören, dass du so unartige Wörter verwendest, süße kleine Samantha.«
»Es ist alles deine Schuld. Wenn du mich nicht dazu überredet hättest …«
Ihre glatte Stirn kräuselte sich, und ihre glänzend geschminkten Lippen schmollten.
»Wenn das jemand rauskriegt …«
»Niemand kriegt es raus, und wenn sie’s rauskriegen, sind wir längst über alle Berge. Wir gehen nach London. Da finden wir bestimmt sofort einen Job bei einem Verlag. Da nehmen sie jeden.«
Samanthas Stirn war noch immer umwölkt. »Ich habe Angst, was wir getan haben, könnte für uns wirklich böse Folgen haben. Wir könnten im Kittchen landen.«
David Longborough liebkoste ihr beruhigend die Schultern. Das Letzte, was er wollte, war, dass sie jetzt ernst wurde. Lieber wäre ihm gewesen, sie würde nur noch an Sex denken. Er hatte sich das ganze Jahr darauf gefreut. Jetzt war die Zeit reif. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, auf diese Verführung hinzuarbeiten, und schließlich war bald Weihnachten. Zeit, dass der kleine David sein Geschenk auspacken durfte.
»Ach, mach schon. Jetzt ist Zeit zum Feiern! Wir haben gesagt, wir würden das alles hier genießen, und das tun wir, oder? Stimmt’s? Nun lächle mal für mich.«
Ihre Stirn glättete sich. Sie lächelte ein wenig zögerlich, aber zumindest lächelte sie, und das hatte sich David Longborough wirklich sehr gewünscht.
Er verspürte erneut heftiges Begehren. Der kleine Feger hatte ihn das ganze Jahr über hingehalten. Sie hatte wohl gedacht, sie hätte die Zügel in der Hand, alles würde nach ihrer Pfeife tanzen. Da irrte sie sich gewaltig. Jetzt hatte er sie – oder würde sie zumindest sehr bald haben.
Er umarmte sie wieder, aber Samantha Brown hielt ihn auf Abstand.
»Nur noch eines«, sagte sie, ehe er sie wieder küsste. »Deine Zunge schmeckt nach Knoblauch. Es wäre mir lieber, wenn du sie bei dir behalten könntest.«
Es war halb fünf, und in Zimmer 20 genoss Mrs. Janet Finchley die tiefe Badewanne und die unerschöpflichen Heißwasservorräte des Hotels in vollen Zügen. Sie hatte sich auch die Handtücher angesehen und für gut befunden. Insgesamt war sie recht zufrieden mit dem Zimmer und seinen Annehmlichkeiten. Sie hoffte, dass das Essen auch köstlich sein würde, aber wie sie Clarence kannte, würde es das sein. Er bestand stets darauf, dass er so viel wie möglich für sein Geld bekam.
Kaum hielt sie ihren Zimmerschlüssel in der Hand, da hatte sie die anderen am Empfang stehenlassen. Sie freute sich darauf, allein zu sein. Sie wollte sich für die Ankunft von Clarence Scrimshaw vorbereiten.
Die ganze Sache war eine große Überraschung gewesen. Sie hatte
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