Mord zur besten Sendezeit
Verwandtschaft.«
»Ich habe sie sagen hören, dass sie eine Frau suchen und sie umbringen würden, wenn sie sie je fänden. Natürlich haben sie nicht mitbekommen, dass ich ganz Ohr war. Als sie mich dann bemerkt haben, haben sie sofort die Klappe gehalten.«
Honey stimmte ihr zu, dass man verloren geglaubte Verwandte so nicht behandeln durfte. »Oje, was mag ihnen diese Frau bloß angetan haben?«
Bis jetzt hatte Honey ihre Kommentare nicht ernst gemeint. Als sie Mary Janes verletzten Gesichtsausdruck wahrnahm, entschuldigte sie sich sofort dafür.
»Schau mal, Mary Jane. Jetzt sind sie ja weg, auf zu neuen Weidegründen. Die Leute sagen solche Sachen doch ständig.Ich meine, wie oft hast du mich schon drohen hören, ich würde den Chefkoch umbringen?«
»Ständig.«
»Aber wahrgemacht habe ich die Drohung nie.«
Mary Jane schniefte und nahm sich mehr Müsli. »Und das wirst du wohl auch nie tun. Er ist schließlich der Herr der scharfen Messer.«
Doherty rief gleich am nächsten Tag morgens bei ihr an und berichtete, es ginge ihm gut und man hätte ihm am Vorabend im Zodiac Club nur deswegen vom Barhocker helfen müssen, weil der viel zu hoch gewesen sei.
Honey hatte angedeutet, es könnte vielleicht daran liegen, dass für jemanden in seinem Alter Rugby-Training doch nicht ganz das Richtige wäre. Diese Bemerkung war ein schwerer Schlag für ihn gewesen.
»Es hat an meiner Sitzposition gelegen und daran, dass ich mich dann zur Seite nach den Erdnüssen gebeugt habe.«
»Blödsinn!«, hatte Honey gesagt und es dabei belassen.
Er hatte sich noch immer mit schmerzverzerrter Miene den Rücken gehalten, als sie beim Green River Hotel angekommen waren, hatte sich aber merklich aufgerichtet, als sie vorschlug, Mary Jane könnte ihn nach Hause fahren. Mary Janes Fahrkünste waren berüchtigt – und wurden von allen gefürchtet. Feige hatte sich Steve gedrückt und stattdessen einen vorüberkommenden Streifenwagen angehalten.
»Wie macht sich das Team?«, fragte Lester, einer der Streifenbeamten. »Kann ich einen Zehner drauf wetten, dass unsere Jungs gewinnen?«
Doherty versicherte ihm, sie hätten das Spiel so gut wie in der Tasche. Sie waren alle ganz fröhlich, als sie ihn zu Hause absetzten, doch ihr Frohsinn verebbte ein wenig, als sie sahen, dass Honey ihm aus dem Auto helfen musste.
»Sie hat mich geschlagen«, erklärte Steve lachend. »Hat eine Hammerfaust.«
Sie schienen seine Entschuldigung zu akzeptieren, und er riss sich auf dem kurzen Weg zur Haustür mächtig zusammen. Kaum war er dort angekommen, meldete sich sein Rücken wieder.
»Aua!«
Honey wedelte mit den Armen in der Luft. »Diesmal war ich es nicht.«
Als ihm klar wurde, dass seine Kollegen ihn noch im Blick hatten, rief er über die Schulter: »Ihr könnt euch auf mich verlassen, Jungs.«
Die Polizisten machten inzwischen lange Gesichter. Honey vermutete, dass sie wahrscheinlich gerade überlegten, ob sie ihr Geld auf die Gegenmannschaft setzen sollten.
»Gegen wen spielt ihr denn?«, fragte Honey.
»Die Feuerwehr.«
»Sind die gut?«
»Soso, lala.«
Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Sie wusste sofort und ohne jeden Zweifel, dass die Gegner eine gute Mannschaft waren.
»Steve«, sagte sie freundlich, weil sie nicht noch einmal ins Fettnäpfchen treten wollte, »meinst du nicht, es wäre besser, wenn du dich aus diesem Spiel zurückziehst und es den Jüngeren überlässt?«
Da war der Fuß schon wieder im Fettnäpfchen!
»Honey, ich bin gut. Echt gut …«
»Für dein Alter.«
»Ha!«, sagte er verächtlich. »Schau dir nur an, wie ich mich bewege, Baby! Schau’s dir nur an!«
Das machte sie. Sie schaute ihm nach, bis er im Bett war. Dort schlug er sich, als sie endlich beide drin lagen, ziemlich wacker. Aber sie war ja auch keine Rugbymannschaft, und er musste nicht schnell rennen oder gegen eine Wand aus Männermuskeln ankämpfen. Aber es war seine Sache. Sein Spiel. Sein Körper. Sein Schmerz.
Sechs
Mary Jane hatte mehr Fältchen im Gesicht, als ein Apfel aus dem Vorjahr Runzeln hatte. Wenn sie ihre Hellseher-Miene aufsetzte, breiteten sich diese Fältchen über das gesamte Gesicht aus. Gerade eben war so ein Hellseher-Augenblick. Mary Jane verrenkte ihren mageren Hals, verengte die Augen und linste Honey ins Gesicht.
»Deine Aura ist heute Morgen ein bisschen schwach.«
»Wirklich?«
»Das weißt du doch ganz genau.«
Ihr Dauergast war der Meinung, dass sie die Aura der Leute lesen konnte, indem sie
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