Mord zur besten Sendezeit
gesundheitlichen Gründen dort aufhalten. Der war also ihr Schwiegervater? Solche Leute sollte man nicht ärgern, wenn man noch ein bisschen leben will.«
»Interessant.«
Und damit meinte sie nicht allein die Neuigkeiten. Er hatte das Bettlaken nur bis zur Brust hochgezogen. Seine Schultern waren nackt. Sie vermutete, dass sein restlicher Körper auch eher unbekleidet war. Es war schwer, aber sie widerstand der Versuchung, das zu überprüfen.
»Was ist interessant? Ich oder das, was ich dir gerade erzählt habe?«
»Das war immerhin was, das ich nicht wusste. Aber es muss doch noch mehr geben. Ich komme erst näher, wenn du mir was Nützliches mitgeteilt hast.«
»Und dann? Wenn ich dir brav alles berichtet habe …«
Ihr fiel da bereits das eine oder andere ein. Doch sie verschränkte die Arme und lächelte. »Schauen wir mal, wo die Sache hinführt.«
Er grinste. »Ich bin dir schutzlos ausgeliefert. Mach mit mir, was du willst.«
»Hm.«
»Also. Mrs. Arabella Rolfe war ganz fein herausgeputzt, alsman sie in Cobden Manor in den Kamin stopfte. Gut. Ich habe dir verraten, was ich weiß. Jetzt bist du dran.«
»Das war nicht neu für mich. Ich habe es dir selbst erzählt.«
»Rolfes Kinder durften ihn nicht besuchen. Der Älteste ist achtzehn und ziemlich stark. Es ist also durchaus möglich, dass er seine Stiefmama in den Kamin hinaufgeschoben hat.«
»Dass sie die Kinder gehasst hat, wusste ich auch schon.«
»Echt?« Er schaute überrascht, zog die Augenbrauen so sehr in die Höhe, dass es ihn im Rücken piekte. »Aua!«
»Geschieht dir ganz recht. Du solltest nicht versuchen, mit den Jungs zu spielen. Du bist kein Junge mehr. Du bist ein Mann in mittleren Jahren.«
»He«, sagte er und deutete mit dem Zeigefinger auf sie. »Das nehm ich dir wirklich übel.«
»Wer ist also der Hauptverdächtige?«
»Ich würde immer noch auf den Ehemann tippen. Das muss einfach so sein.«
»Aber du weißt nicht, wo er ist, kannst ihn also nicht direkt befragen.« Sie stand auf und ging im Zimmer auf und ab, die Augen zu Boden gesenkt, während sie sich mit den Fingern nachdenklich an die Lippen tippte.
»Nein, aber wir wissen, dass sie eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte, über eine sehr hohe Summe.«
Honey schaute ihn an, dachte darüber nach und schüttelte dann den Kopf. »Das kauf ich dir nicht ab.«
Doherty jaulte leise, als er die Arme hinter dem Kopf verschränkte, und runzelte die Stirn. »Warum nicht? Du weißt doch verdammt gut, dass der Ehemann immer der Hauptverdächtige ist, besonders wenn er Aussichten auf finanziellen Gewinn hat.«
Honey schüttelte erneut den Kopf und ging weiter auf und ab, warf das bestickte Beutelchen mal über die eine, mal über die andere Schulter. Wie passte John Rees in die Sache? Er hatte sich ihr gegenüber verdächtig verhalten. Er war ganz anders gewesen als sonst. Na gut, wenn er nicht beichtete, sobald sieihm eine direkte Frage stellte, musste sie eben verdeckt ermitteln.
Honey holte tief Luft. »Arabella Rolfe war also unter dem Namen Arabella Neville bekannt, ist aber schlicht und ergreifend früher Tracey Casey gewesen und war schon einmal verheiratet. Damals hieß sie Mrs. Tracey Dwyer.«
»Und der erste Gatte ist tot. Wenn ich mich recht erinnere, ging an der Old Kent Road das Gerücht um, Traceys Vater hätte es Mr. Dwyer sehr übelgenommen, dass der seine Tochter vermöbelt hat, und er hätte seine ganz eigene Form der Gerechtigkeit walten lassen.«
Doherty verstummte. Honey betrachtete ihn und sah, dass er sein ernstes Gesicht aufgesetzt hatte. Er starrte zur Decke und überdachte alles.
»Wie ist es mit den Leuten, die sie aus dem Showbusiness kannte?«, fragte er.
Honey reichte ihm Einzelheiten nach.
»Ms Neville – oder Mrs. Rolfe, wenn du willst – hat sich eine Menge Feinde gemacht. Sie hatte irgendwann mal auch eine Talkshow. Eine überaus kultivierte Talkshow. Sie hat alle unmöglich behandelt: die Leute im Studio, die Sponsoren und die Leute, die sie interviewt hat. Anscheinend hielt sie sich für besser als alle.«
Ihre Blicke trafen sich. »Es kann durchaus sein, dass irgendjemand sie deshalb genug gehasst hat, um sie umzubringen«, meinte Honey. »Was habt ihr denn bisher rausbekommen?«
Einige von Dohertys Kollegen waren ausgeschwärmt und hatten die Leute befragt, die mit Arabella zusammengearbeitet hatten. Alle waren sich mehr oder weniger einig gewesen, dass Arabella keineswegs das nette Mädchen von nebenan gewesen
Weitere Kostenlose Bücher