Mord zur besten Sendezeit
gekleidet, dass sie Eindruck schinden musste, trug ein Ensemble, das normalerweise für den Abend reserviert war. Das Kleid war aus olivgrüner Seide, und seine Schlichtheit wurde durch eine Goldbrosche aufgewogen, die Gloria sich an eine Schulter gesteckt hatte. Schuhe und Handtasche waren marineblau und passten perfekt zu den Schmucksteinen in den goldenen Ohrringen.
Mutter, Tochter und Enkelin begrüßten und küssten einander. Gloria gurrte begeistert über die Geschenke, die sie mitgebracht hatten. Natürlich durfte es nichts Billiges sein. Honeys Mutter war für »billig« nicht zu haben. Die beiden durften auch nicht ihr Geld zusammenlegen und ihr einfach nur ein teures Geschenk kaufen. Gloria Cross erwartete ein Geschenk von ihrer Tochter und eines von ihrer Enkelin. Dass die beiden vielleicht gerade nicht sonderlich gut bei Kasse waren, interessierte Gloria nicht weiter.
Die Miniatur aus dem späten achtzehnten Jahrhundert mit dem Bildnis einer lieblichen jungen Frau im blauen Kleid war sehr gut angekommen. Alistair im Auktionshaus hatte Honey den Tipp gegeben, dass sie zum Verkauf stand, noch dazu zu einem sehr vernünftigen Preis. Da sie selbst nicht zur Versteigerung kommen konnte, hatte Alistair für sie geboten.
»Die wird Sie nicht enttäuschen, Mädel«, hatte er in seinem breiten schottischen Hochlandakzent zu ihr gesagt. Dabei wusste Honey, dass der nur aufgesetzt war, denn Alistair kam aus Glasgow.
»Um mich geht es hier nicht. Solange nur meine Mutter nicht enttäuscht ist.«
Er hatte gemerkt, wie ernst ihre Stimme klang, und versicherte ihr, dass sie einen sehr guten Kauf gemacht hatte.
»Wie kommen Sie mit dem Mordfall voran?«, fragte Alistair dann.
»Ich muss im Augenblick für zwei arbeiten. Doherty liegt flach, hat sich beim Rugby eine Muskelzerrung zugezogen. Ich bin, was den Hotelfachverband betrifft, in dieser Sache im Augenblick allein.«
»Rugby ist ja auch ein hartes Spiel, eher was für jüngere Männer«, meinte Alistair und schüttelte weise den Kopf.
»Das habe ich ihm auch gesagt.«
»Und was macht der Kauf des Landhaushotels?«
»Damit geht es gar nicht voran. Ich glaube, Cobden Manor hätte mich schon sehr interessiert, aber dass ich da eine Tote im Kamin gefunden habe, hat mich doch ein bisschen abgeschreckt.«
»Ah«, meinte Alistair und warf den Kopf leicht nach hinten. »Cobden Manor. Natürlich. Die sind in ein kleineres Anwesen umgezogen und mussten einen Haufen Möbel loswerden. Diemeisten waren recht schön, aber ein paar auch ziemlich seltsam. Wir versteigern sie demnächst.«
»Wer sonst.«
Es hatte wohl kaum Zweck, mehr über diese Möbel herauszufinden. Die konnten ja kaum von Bedeutung für den Mordfall sein. Jedenfalls hatte Honey jetzt ein Geschenk für ihre Mutter, und das war alles, worauf es ankam.
Lindsey hatte sich getraut, ein etwas praktischeres Geburtstagsgeschenk zu kaufen. Sie hatte einen Gutschein für zwölf Fahrten in einer Limousine mit Chauffeur erworben.
Honey bewunderte Lindseys Courage und überlegte, dass es wahrscheinlich für ihre Tochter auch einfacher war, weil sie eine Generation weiter von Gloria Cross entfernt war – die Enkelin und nicht die Tochter.
»Was ist das denn?«, fragte Honeys Mutter, als sie die Hochglanzkarte mit den geprägten Goldbuchstaben betrachtete. Die Falten auf ihrer Stirn waren abgrundtief.
Doch sobald Lindsey ihr alles erklärt hatte, war die Welt wieder in Ordnung.
»Du könntest deine Freundinnen mitnehmen«, meinte Lindsey.
Gloria schaute ob dieses Vorschlags völlig entsetzt drein. »Auf gar keinen Fall. Das werde ich mir ganz allein gönnen.«
Das Essen verlief angenehm, die Umgebung war elegant, und alles war wunderbar. Das Gespräch drehte sich hauptsächlich um die Online-Partnervermittlung, die Gloria Cross aufgezogen hatte. Natürlich wurde auch die Hochzeit erwähnt, aus der plötzlich und unerwartet eine Beerdigung geworden war.
»Der arme Wilbur. Er war so enttäuscht, dass ich einfach was tun musste, um seinen Schmerz ein wenig zu lindern. Alice am Tag vor der Hochzeit zu verlieren!«
»So ein Pech«, meinte Lindsey. »Was hast du denn getan, um seinen Schmerz zu lindern?«
»Zwölf Monate kostenlose Vermittlung habe ich ihm angeboten.Ich habe ihm auch noch versichert, dass wesentlich mehr Frauen einen Mann suchen als umgekehrt. Das hat ihn ein wenig aufgeheitert. Das war ja das mindeste, was ich tun konnte.«
Honey lag die Bemerkung auf der Zunge, dass der gute alte Wilbur
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