Mord zur besten Sendezeit
mal?« Die Menge buhte ihn spöttisch aus, und er machte für die Kamera den Clown.
Sabrina sagte, man unterbräche jetzt für einen kurzen Werbespot. Die Metall-Musik dröhnte wieder, und alle ließen ihre Pobacken in den Sitzen tanzen.
Ich gönnte mir noch einen Schuß Tequila und amüsierte mich darüber, daß Notfallwattebäuschchen behaupteten, über Nacht Pickel wegzuzaubern. Ich fragte mich, ob unser Freund Benjamin Savage solche Notfallwattebäuschchen benutzte. Otis sprang mir auf den Schoß und traktierte meine Oberschenkel mit ihren kleinen schwarzen Pfoten, als wolle sie sie melken. Ich fragte ; mich, ob Max wohl gerade an mich dachte, ob er vielleicht sogar gerade auf dem Weg zu mir wäre, mit Badeölperlen und einer großen Tüte Kartoffelchips. Ich schloß die Augen und sah vor meinem inneren Auge, wie er auf der Treppe zur Tür meines Hauses steht, die Tür mit seinem Schlüssel öffnet, den Flur zu meiner Wohnung entlanggeht. Otis sprang plötzlich von meinem Schoß. Sie hatte vor mir das Klopfen an der Tür gehört. — Ich wußte in meinem tiefsten Innersten, daß es Max war. Ich stand auf, fuhr mir durchs Haar und ging auf das immer drängendere Klopfen zu. Otis miaute mit Nachdruck an der Tür. Das Aroma wehte mir Sekunden später um die Nase — Muscheln und Knoblauch. Verdammt, dachte ich. Mein tiefstes Innerstes hatte sich mal wieder geirrt. Ich nahm mir vor, in Zukunft wieder meine Hellseherinnen-Übungen zu machen. Ich öffnete die Tür, und Santina Epstein drängte sich in meine Küche. Sie trug einen Topf mit Linguine in Muschelsauce. »Ich war gerade in der Gegend«, sagte sie und schnaubte ein Lachen hervor, wie sie das immer tut. Santi ist immer in der Gegend. Sie wohnt mit ihrem Verlobten, Shlomo Zambini, einem Orthopäden, in der Wohnung über mir. Sie ist Kosmetikerin im Adrienne Argola Frisurenstudio an der Upper East Side. Sie poliert und lackiert, wachst und kämmt und versucht, mich von Ärger fernzuhalten. Sie könnte sich wirklich nicht noch mehr um mich kümmern — aber sie findet, ich könnte es.
»Ich bin einfach brillant«, kündigte sie an und wedelte den Knoblauchgeruch mit der einen Hand in ihre gierigen Nasenlöcher, während sie den Topf auf ihre Hüfte stützte. »Hör mir zu, hörst du mir auch zu? Ich bin ein Genie in Sachen Knoblauch. Probier das nur mal, du wirst dahinschmelzen.« Sie hielt mir den Topf hin. Ich streckte die Hand aus, um ihn zu nehmen. Sie zog ihn zurück. »Nur ein Schmeckerchen. Zwing mich nicht, deine Hüften zu erwähnen.« Sie schnalzte mit der Zunge und drückte mir den Topf in die Hände. Ich schoß ihr Pfeile statt Blicken zu. Es gab an meinen Hüften nichts zu bemängeln. Santi ging durch das Wohnzimmer und annektierte meinen vorgewärmten Sitzplatz auf der Couch. Sie trug Leggings und einen langen, ausgeschlabberten Pullover. Sie arrangierte ihre fünfzigjährigen Beine in einen Schneidersitz und fing an, Krümel von den Kissen herunterzupflücken.
»Also«, fragte sie, »wie geht es Max?« Die Frage nach dem Mann ist stets der nächste Tagesordnungspunkt, nachdem die Beurteilung der Hüften vorüber ist. Ich war dazu aber nicht in der Laune.
»Sabrina Delorean hat mich heute angerufen«, sagte ich. »Sie ist meine neue beste Freundin.« Ich legte mir einen Berg von Pasta auf den Teller und leckte mir die Finger.
»Leck dir nicht die Finger.«
»Ich meine es ernst. Ich bin heute abend bei ihr zum Abendessen eingeladen. Gleich nach der Show.«
»Zum Abendessen, ja? Dann solltest du vielleicht nichts von dieser Pasta da essen, Fräulein Mit-meinen-Hüften-ist-doch-nichts.«
»Halt die Klappe wegen meiner Hüften.« Ich meinte das ernst. Sie merkte das.
Sie arrangierte also ihre Gliedmaßen auf dem Sofa neu und tat so, als sei der Themenwechsel nicht meine Idee gewesen. Als Ersatzeltern teil kann Santina beleidigend, kontrollierend und abscheulich sein, aber sie ist der einzige Mensch, von dem ich ganz genau weiß, daß er nur das allerbeste für mich will. Ich bin mir sicher, daß Alex und Max (naja, Max vielleicht schon nicht mehr) behaupten würden, mir nur das allerbeste zu wünschen, aber die Beziehungen waren zu kompliziert, um die Möglichkeit subtiler Rivalitäten oder eines ausgewachsenen Egoismus auszuschließen. Ich weiß, daß ich Max schrecklich vermissen würde, wenn er als Schlagzeuger doch irgendwann die richtige Band fände und seinen Job bei der Bank aufgeben würde, um auf Tournee zu gehen. Ich stelle mir gerne
Weitere Kostenlose Bücher