Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
schon am Steuer. Sie schaute Honey ziemlich überrascht an. »Meine Güte, du hast es aber heute eilig. Normalerweise fährst du doch immer auf der Rückbank mit.«
    »Keine Zeit«, meinte Honey und schnallte sich an.
    Wenn sie glaubte, ihrer Mutter so leicht entkommen zu sein, dann hatte sie sich gewaltig geirrt. Gloria saß bereits neben Lindsey und lehnte sich von hinten zu ihr vor. »Er hat eine Kette von Seniorenheimen überall in England.«
    »Na toll!« Sie spuckte die Worte beinahe aus. Doch der Brechreiz blieb. Seniorenheime! Dachte ihre Mutter dabei langfristig an ihre eigene Zukunft?
    Als sie losfuhren, überlegte Honey kurz, ob ihr Testament auf dem neuesten Stand war. Ein Motorrad wich ihnen aus, konnte auf diese Weise gerade noch einer Kollision mit dem vorderen Kotflügel entgehen. Quietschend kam ein Taxi zum Stehen. Den Rest der Pulteney Street durchquerten sie ohne größere Vorkommnisse. Am unteren Ende hatte sich der Verkehr ein wenig |299| gestaut, und Mary Jane quetschte den Cadillac haarscharf zwischen einem Würstchenwagen und einem Bus hindurch.
    Honey hielt die Luft an, versuchte, sich so schmal wie möglich zu machen, als sie um Haaresbreite an den beiden Wagen vorbeischrammten.
    Mary Jane blickte über die Schulter zurück. »Schreit mir da jemand was nach?«
    »Augen nach vorn und auf die Straße, Mary Jane!«
    »Der Mann da hinten ist ganz mit Senf und Zwiebeln verschmiert«, meinte Gloria.
    Noch ein paar haarsträubende Manöver, und dann standen sie vor Glorias Laden.
    Honey wies darauf hin, dass sie im Halteverbot parkten.
    »Ach, das macht nichts«, antworte Mary Jane. »Man muss einfach positiv denken, dann passiert schon nichts Schlimmes.«
    »Zum Beispiel ein Knöllchen für fünfzig Pfund«, murmelte Lindsey.
    Mary Jane schnappte sich die Tasche mit ihren Zaubermittelchen und hüpfte behände aus dem Wagen. »Also, dann man los.«
    Sie folgten ihr wie die Küken der Glucke.
    »Weiß sie wirklich, was sie da macht?« Lindsey schien alles für einen Riesenwitz zu halten.
    Gloria zuckte die Achseln.
    »Weißt du überhaupt, wo du hin musst?«, erkundigte sich Honey.
    »Instinkt«, antwortete Mary Jane. »Ich mache so was instinktiv.«

[ Menü ]
    |300| 60
    Mary Jane blieb vor dem richtigen Laden stehen. »Sieht wirklich gut aus«, meinte sie und beäugte das Schaufenster. »Etwas mehr Farbe wäre nicht schlecht. Vor allem Rosa.«
    »Das ist überhaupt nicht in Mode«, meinte Gloria.
    »Bei mir schon.« Niemand hätte von Mary Jane etwas anderes erwartet.
    Nun schnürte sie ihr Bündel auf. Die Tasche war aus Segeltuch, hatte Holzgriffe und wurde mit einer langen Zugschnur verschlossen. Natürlich war sie rosa – mit einem wilden Wirbelmuster in Pistaziengrün.
    Glorias Armband, Ohrringe und Halskette rasselten und glitzerten golden, während sie sich mit dem uralten Türschloss abmühte.
    »Lass mich mal«, meinte Lindsey und versuchte ihr Glück. Sie legte das Ohr ans Holz und führte den Schlüssel mit dem eleganten Geschick eines Chirurgen.
    Die Tür ging auf.
    Nicht zum ersten Mal wunderte sich Honey über die verborgenen Talente ihrer Tochter. Wo hatte sie das nun wieder her?
    Mary Jane rauschte als Erste hinein und wirbelte mitten im Laden herum.
    »Ein starker Geruch«, meinte sie und schnüffelte wie ein reinrassiger Bluthund.
    »Feuchte Farbe«, erwiderte Gloria. »Ich musste alles ein bisschen auffrischen. Vielmehr habe ich jemanden dafür bezahlt, das für mich zu übernehmen. War gar nicht teuer.«
    Honey roch mehr als Farbe. Es war nur ein Hauch, aber unverkennbar. »Ich rieche Parfüm.«
    »Meines. Chanel Nummer 5. Das hat Marilyn Monroe im Bett getragen. Sonst nichts.«
    |301| »Das einzige Parfüm, das wir hier wirklich brauchen, ist der Duft dieses feinen Kräutchens hier«, verkündete Mary Jane. Sie zog ein Büschel Räuchersalbei aus der Tasche und wedelte damit herum. »Hat jemand ein Feuerzeug?«
    Großmutter Cross, Honey und ihre Tochter schauten einander ratlos an. Keine von ihnen rauchte.
    »Ich weiß!« Gloria verschwand auf klappernden Stöckelschuhen im Hinterzimmer. »Wir haben einen Gasherd. Ist nicht gerade High-Tech, aber er zündet gut.«
    Sie hielt den batteriebetriebenen Anzünder über den Gasring. Ein Kreis blauer Flammen flackerte auf.
    »Wunderbar!«
    Mary Janes Augen funkelten im Gaslicht, als sie das Büschel Räuchersalbei in die Flammen hielt. Die trockenen Blätter sprühten rote Funken. Die rote Glut verwandelte sich sogleich in

Weitere Kostenlose Bücher