Mord zur Geisterstunde
Meldung für alle Flughäfen, Fähren und Busbahnhöfe durch. »Und lasst euch von Swansea die Einzelheiten über sein Nummernschild geben.«
Und schon flitzten sie weiter auf breiten Reifen den Berghang hinunter und auf die Autobahn A4. Der Verkehr war bis zur Ampel am unteren Ende der A46 nicht sonderlich dicht. Ein Lastwagen fuhr von der Straße aus Richtung Bradford-on-Avon auf die Autobahn. Auf der hinteren Plane war in leuchtenden Buchstaben »Wallace & Gates Transporte« zu lesen.
Auf dem Weg zur Müllkippe?
Die Vermutung drängte sich auf, dass auch die Deponie sich im Besitz von Wallace & Gates befinden würde. Dohertys Gedanken waren offensichtlich in die gleiche Richtung gewandert.
»Hat ein weites Betätigungsfeld, unser Mr. Cameron.«
»Ich gehe davon aus, dass auch Associated Security Shredding zur gleichen Gruppe gehört.«
»Jawohl.«
»Und die Kopier-Firma nebenan?«
»Ebenso. Habe ich auch überprüfen lassen. Steht alles auf der Website der Gruppe.«
|291| Natürlich. Warum hatte sie das nicht selbst überprüft? Weil du Computer nicht leiden kannst, du Döspaddel! Keine Entschuldigung. Denn Lindsey liebte die Mistdinger.
Honey dachte über Steves Anmerkung nach. Ashwell Bridgewater arbeitete für eine Tochterfirma von Wallace & Gates. Simon Taylor
hatte
für eine Tochterfirma von Wallace & Gates gearbeitet. Neben Associated Security Shredding war eine Kopier-Firma angesiedelt. Auch die gehörte zur Gruppe. Der Laden, in dem man die ermordete Lady Templeton-Jones gefunden hatte, gehörte Wallace & Gates. Desgleichen der Laden nebenan.
»Wallace & Gates besitzt alles, was überhaupt etwas mit diesem Fall zu tun hat. Ich weiß ja, dass Teamarbeit Wunder vollbringen kann, aber kann sie auch lebensgefährlich werden?«
»Du denkst das Gleiche wie ich. Der Laden neben dem Tatort ist an meine Mutter vermietet.«
»Und der Mord hat sie nicht beunruhigt?«
»Nein!«, meinte Honey und schüttelte den Kopf. »Sie lässt Mary Jane trotzdem ein wenig mit brennenden Salbeizweigen durch die Räume wedeln. Das ist, glaube ich, die indianische Spielart von Feng Shui.«
Doherty lachte. »Sie machen sich ziemlich viele Umstände. Das Second Hand Rose hätte besser den Laden daneben gemietet, jetzt, da er leersteht …«
Honey spürte, dass er wohl gerade eine Art Damaskuserlebnis hatte – wenn es sich auch in seinem Fall auf der Straße nach Bath ereignete und bei Weitem nicht so spirituell war.
Doherty sprach den Satz nicht zu Ende. »Ach du Schei … Schreck! Der Laden hat doch nautische Antiquitäten verkauft!«, sagte er plötzlich. »Ich habe ins Schaufenster geguckt. Da lagen eine ganze Menge alter nautischer Instrumente und so im Fenster.«
»Und der Eigentümer?«
»Ins Ausland gegangen. Hat man mir gesagt.«
Honey fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Jetzt könnte ich einen Drink gebrauchen.«
|292| Sie steuerten auf den Pump Room zu. Wieder spielte das Trio Mozart.
Dohertys Blick fiel auf die Cellistin, ein schmales Mädchen mit einem rosenfarbenen Mund, das seine langen Beine um das glänzende Holz des Cellos geschlungen hatte.
Honey stupste ihn in die Seite. »Jetzt würde ich gern deine Gedanken lesen können.«
Er grinste. »Ich habe mir nur gerade überlegt, dass ich, wenn ich an Reinkarnation glauben würde, gern als Cello wiedergeboren würde.«
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»Honey Driver, jetzt hast du völlig den Verstand verloren! Entweder du reißt dich zusammen, oder du machst, dass du auf der Stelle aus meiner Küche rauskommst!«
Na gut, Smudger Smith war launisch und jähzornig, aber meistens doch ein freundlicher Kumpel von einem Chefkoch. Er war ihr Angestellter, und sie hätte ihm erwidern können, dass er sich gefälligst verkrümeln solle. Das kam leider nicht in Frage. Dieses Risiko konnte sie nicht eingehen. Außerdem hatte sie heute Morgen schon jede Menge Mist gebaut. Eben hatte sie ein Milchkännchen mit Mayonnaise statt mit Kaffeesahne aufgefüllt.
Sie war mit ihren Gedanken ganz woanders. Wo waren bloß die Filmspulen? Mehr wollte sie nicht wissen. Es war trotzdem keine Entschuldigung für Fehler wie den mit der Mayonnaise.
»Tut mir leid, Chef. Bin völlig verspannt«, murmelte sie und rieb sich verstohlen den Nacken. »Alles knochenhart.«
»Dann mach, dass du aus der Küche kommst, und such dir jemanden, der dich massiert.«
»War das etwa ein Angebot?«
»Raus!« Er deutete auf die Tür.
Sie verschwand eilends aus dem Raum und überlegte, dass
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