Mord
heiratete er und wurde Vater. Damit hatte er, so musste er nun feststellen, die ihm von seiner Frau zugedachte Funktion erfüllt, sie ließ ihn immer weniger an sich heran, wies ihn immer unwilliger zurück. Seinen Arbeitskollegen, die ihn in der Zeit der Schwangerschaft erstaunlich locker und gutgelaunt erlebt hatten, kam er nun niedergeschlagen und zerstreut vor. Sie fragten nach Sorgen, aber er sagte, dem Kind gehe es gut. Seine ganze Zuwendung galt nun seinem einzigen und besten Freund; das war schon damals ein Schäferhund.
Als sein Kind zwei Jahre alt war, war Gerd Fuhrmann abends oft mit dem Auto unterwegs. Eines Nachts nahm er eine junge Tramperin mit, fuhr mit ihr in einen Waldweg, fesselte ihre Hände, verband die Augen, knebelte den Mund, führte sie mit einem Seil in den Wald, wo er auch ihre Füße fesselte, und zwang sie zum Oralverkehr. Er wurde fast umgehend als Täter ermittelt; dass er all die Tatwerkzeuge im Auto bei sich geführt hatte, wurde als Hinweis auf ein geplantes und vorbereitetes Tatgeschehen gewertet, das er sich früher schon in seinen Phantasien ausgemalt hatte. Einer Psychiaterin offenbarte er nun erstmalig seine eigentümlichen sexuellen Vorlieben; das Bezirksgericht wies ihn daraufhin zur stationären Behandlung in eine geschlossene psychiatrische Klinik ein. Dort erhielt er triebdämpfende Medikamente und regelmäßige Gespräche mit einer mütterlichen Ärztin für Psychiatrie. Zugleich arbeitete er brav und zuverlässig in dem ihm zugewiesenen Betrieb und machte den Gabelstaplerschein; seine Ehefrau hatte derweil schnell das Weite gesucht. Er lernte aber eine sehr ordentliche Dame kennen, mit der er eine Beziehung einging. Nach all diesen Fortschritten wurde die zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie durch das Bezirksgericht nach einem Jahr aufgehoben, und Fuhrmann wurde nach Hause entlassen.
Man könnte dies für sehr rasch und unvorsichtig halten, aber danach ist Fuhrmann ganze 13 Jahre lang nicht mehr straffällig geworden. Die Volkspolizei kam ab und an mal vorbei, kontrollierte mehrfach seine Räume, aber von diesem Keller unter dem Keller wusste sie nichts. Zwei Jahre nach der Entlassung fand sie bei ihm, außerhalb des Hauses, einmal Ketten und Schließen, in einem kleinen Verschlag neben anderen Gerätschaften. Man forderte ihn auf, wieder in Behandlung zu gehen, aber die einstige Ärztin war nicht mehr in der Klinik. Jemand anderes wollte er nicht aufsuchen. Bald darauf kam die Wende, und man vergaß die Sache. Auch danach passierte zehn Jahre lang nichts.
Es war sicher gut, dass Iris Franke nichts von der Vorgeschichte dieses Mannes wusste, den sie Meister nennen musste und der sie Sklavin nannte. Am ersten Abend hatte er sie ausgezogen und vermessen, aber keinen Sex mit ihr erzwungen. Dafür hatte er sie in Todesangst und massiv gefesselt zurückgelassen; wenn sie schreie, werde er sie töten. Am nächsten Tag wurde sie von den Ketten befreit, in den anderen Raum zurückgeführt, und der Mann erklärte ihr, es kämen nun «Lehrtage» auf sie zu. Er verlangte von ihr Oralverkehr in verschiedenen Varianten, auch Geschlechtsverkehr. Dann vermaß er sie erneut mit Zentimetermaß und Stäben, führte Gegenstände ein. Es gab ein vielfältiges Arsenal von Quälereien, Demütigungen und Unterwerfungsritualen, er inszenierte Fesselungs- und Folterszenen, die er fotografierte. Es war schmerzhaft, und sie litt stets erneut unter Ängsten, das Knebeln, das Verbinden der Augen, die Schutzlosigkeit, körperlich völlig ausgeliefert zu sein. Er machte nichts, wobei Blut geflossen wäre oder er sie sichtbar verletzt hätte.
In der ersten Woche durfte Iris ihr Verließ nur zur Einnahme der Mahlzeiten in einem anderen Kellerraum verlassen. Nach einiger Zeit begann er, sie zeitweilig nicht wie eine Sklavin, sondern wie eine Ehefrau zu behandeln und das Geschehen zunehmend ins Erdgeschoss zu verlagern; sie sollte dort auch Hausarbeit verrichten. Sie musste mit ihm in der Wanne baden, er nahm sie mit in sein Schlafzimmer, wollte, dass sie dort übernachtete. Fuß- und Handfesseln wurden ihr deswegen jedoch nicht erlassen. Iris Franke machte heimlich Notizen in einem Tagebuch, auch um eine zeitliche Orientierung zu behalten. Das konnte sie tun, denn immer häufiger ließ er sie weitgehend ungefesselt im Keller zurück; sie konnte ja nicht hinaus, und ihre Schreie hätte keiner gehört; war sie oben, war er immer dabei.
Die Frau erlebte nun eine eigenartige Vermengung
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