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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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Uhr.«
    Brill und Ferenczi sahen sich an.
    »Meine Herren«, sagte Freud, »machen Sie sich nicht lächerlich.«
    »Und Nora wurde am Montagnachmittag überfallen«, ergänzte Brill. »Wo war das?«
    »Abraham.« Freuds Stimme klang mahnend.
    »Niemand will irgendwelche Verdächtigungen erheben.« Brills aufgeregte Miene widersprach seinem harmlosen Ton. »Ich habe Younger nur gefragt, wo Nora wohnt.«
    »Am Gramercy Park«, antwortete ich.
    »Meine Herren, ich will jetzt nichts mehr davon hören«, erklärte Freud.
    Wieder klopfte es an der Tür, und Jung trat ein. Wir tauschten Grüße mit ihm, die ziemlich steif ausfielen, wie kaum anders zu erwarten. Jung, der unser Unbehagen gar nicht zu bemerken schien, löffelte sich Zucker in seinen Kaffee und erkundigte sich, ob wir das Dinner bei Jelliffe genossen hatten.
    »Ach übrigens, Jung«, unterbrach ihn Brill, »Sie sind am Montag gesehen worden.«
    »Pardon?«
    »Sie haben uns doch erzählt, dass Sie am Montagnachmittag in Ihrem Zimmer waren und geschlafen haben. Aber wie sich jetzt herausstellt, hat man Sie in der Stadt gesehen.«
    Freud trat kopfschüttelnd ans Fenster und stieß es weiter auf.
    »Ich habe nie behauptet, dass ich den ganzen Montagnachmittag auf meinem Zimmer war«, antwortete Jung gleichmütig.
    »Merkwürdig«, versetzte Brill, »ich könnte schwören, dass Sie genau das behauptet haben. Ach ja, und das erinnert mich daran, Jung, dass wir heute den Gramercy Park besuchen wollten. Sie haben wohl keine Lust mitzukommen?«
    »Ich verstehe«, antwortete Jung.
    »Was verstehen Sie?«
    »Warum sprechen Sie es nicht offen aus?«, blaffte Jung.
    »Ich habe nicht die leiseste Idee, was Sie meinen.« Brill schlug absichtlich den Ton eines schlechten Schauspielers an, der vergeblich Unwissen heuchelt.
    »Nun, ich wurde also am Gramercy Park beobachtet«, erwiderte Jung kalt. »Was wollen Sie jetzt tun – mich bei der Polizei anzeigen?« Er wandte sich an Freud. »Anscheinend haben Sie mich mit der Absicht heraufgerufen, mich zu verhören. Sie werden mir verzeihen, wenn ich nicht mit Ihnen frühstücke.« Er öffnete die Tür und starrte Brill an. »Ich schäme mich für nichts.«

     
    Dank der Bekanntheit General Sigels fiel es der Polizei nicht schwer, die Adresse seiner Enkelin Elsie herauszufinden. Sie lebte bei ihren Eltern an der Wadsworth Avenue in der Nähe der 180th Street. Ein Beamter vom Revier Washington Heights wurde hingeschickt und begleitete Mr. und Mrs. Sigel zusammen mit ihrer Nichte Mabel zum Van den Heuvel Building. Dort trafen sie in einem Warteraum vor der gerichtsmedizinischen Abteilung auf Detective Littlemore.
    Er erfuhr von ihnen, dass die neunzehnjährige Elsie tatsächlich seit fast einem Monat vermisst wurde, nachdem sie von einem Ausflug zu ihrer Großmutter Ellie in Brooklyn nicht zurückgekehrt war. In den ersten Tagen nach ihrem Verschwinden hatten die Sigels ein Telegramm von Elsie aus Washington erhalten, in dem sie schrieb, dass sie mit einem jungen Mann dort war und ihn geheiratet hatte. Sie bat ihre Eltern, sich keine Sorgen um sie zu machen, versicherte ihnen, dass es ihr gut ging, und versprach ihnen, im Herbst nach Hause zu kommen. Die Eltern hatten das Telegramm aufgehoben und legten es jetzt dem Detective vor. Es war tatsächlich aus einem Hotel in der Hauptstadt abgeschickt worden und trug Elsies Namen, aber natürlich war nicht erkennbar, ob sie tatsächlich die Absenderin war. Mr. Sigel hatte die Polizei noch nicht eingeschaltet, da er darauf hoffte, bald von seiner Tochter zu hören, und jeden Skandal vermeiden wollte.
    Littlemore zeigte den Sigels die Briefe aus William Leons Schrankkoffer. Sie erkannten die Handschrift sofort. Als Nächstes präsentierte er ihnen den silbernen Anhänger und den Hut mit dem Vogel, die bei der Toten gefunden worden waren. Weder Mr. noch Mrs. Sigel hatten diese Gegenstände jemals gesehen, und beide waren sich ganz sicher, dass sie nicht ihrer Tochter gehörten. Doch Mabel widersprach ihnen. Der Anhänger war von ihr; sie hatte ihn Elsie im Juni geschenkt.
    Littlemore zog Mr. Sigel beiseite und bat ihn, einen Blick auf die Tote zu werfen, die in Leons Apartment gefunden worden war. Unten im Leichenschauhaus konnte Mr. Sigel die Leiche zunächst nicht identifizieren; die Verwesung war zu stark vorangeschritten. Betrübt ließ er den Detective wissen, dass er einen Blick auf die Zähne werfen wollte. Der linke obere Eckzahn seiner Tochter stand schräg. Und so war es auch bei

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