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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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stehen?«
    »Das können Sie gar nicht. Sie haben unten am Empfang Ihren Namen angegeben. Wenn Sie mich töten, kommen Sie an den Galgen.«
    »Da irren Sie sich. Nora wird man hängen, nicht mich. Ich werde ihnen erzählen, dass Nora Sie erschossen hat, und sie werden mir glauben. Haben Sie vergessen? Sie ist die Psychopathin. Sie ist diejenige, die sich mit einer Zigarette verbrannt hat. Sogar ihre Eltern sind davon überzeugt.«
    »Mrs. Banwell, Sie hassen Nora nicht. Sie hassen nur Ihren Mann. Sie sind seit sieben Jahren sein Opfer. Nora war ebenfalls sein Opfer. Machen Sie sich nicht zu seinem Werkzeug.«
    Clara starrte mich an. Ich tat einen Schritt in ihre Richtung.
    »Bleiben Sie sofort stehen«, herrschte mich Clara an. »Für einen Psychologen haben Sie eine erstaunlich schlechte Menschenkenntnis, Dr. Younger. Und Sie sind leichtgläubig. Alles, was ich Ihnen erzählt habe, halten Sie für wahr. Glauben Sie denn alles, was Ihnen Frauen sagen? Oder glauben Sie ihnen nur, wenn Sie mit ihnen schlafen wollen?«
    »Ich will nicht mit Ihnen schlafen, Mrs. Banwell.«
    »Alle Männer wollen mit mir schlafen.«
    »Bitte senken Sie die Waffe. Sie sind mit dem Nerven am Ende. Dazu haben Sie auch allen Grund, aber Ihr Zorn richtet sich auf die Falschen. Ihr Mann schlägt Sie, Mrs. Banwell. Er hat die Ehe nie vollzogen. Er hat Sie gezwungen … er hat Sie zu Dingen gezwungen …«
    Clara lachte. »Ach, hören Sie doch auf mit diesem Gefasel, sonst wird mir noch übel.«
    Es war weniger das Lachen als der herablassende Ton darin, der mich aus der Fassung brachte.
    »Er hat mich nie zu etwas gezwungen. Ich bin kein Opfer, Dr. Younger. In unserer Hochzeitsnacht habe ich ihm gesagt, dass er mich nie besitzen wird. Ich habe das gewollt, nicht er. Und es war so leicht. Ich habe ihm gesagt, dass er der stärkste Mann ist, den ich je gesehen habe. Ich habe ihm Dinge versprochen, die ihm noch besser gefallen. Und ich habe Wort gehalten. Ich habe ihm versprochen, dass ich ihm andere Mädchen bringe, jüngere, mit denen er machen kann, was er will. Ich habe Wort gehalten. Ich habe ihm versprochen, dass er mir wehtun kann und dass ich ihn dabei glücklich machen werde. Und ich habe Wort gehalten.«
    Nora und ich starrten Clara schweigend an.
    »Natürlich hat ihm das gefallen.« Sie lächelte.
    Wieder herrschte Stille, die ich schließlich durchbrach. »Warum?«
    »Weil ich ihn kenne. Seine Lust ist unersättlich. Natürlich wollte er mich, aber nicht nur mich allein. Irgendwann musste es andere geben. Viele, viele andere. Hätte ich mir denn einfach gefallen lassen sollen, eine von vielen zu sein, Dr. Younger? Ich habe ihn gehasst, seit ich ihn zum ersten Mal gesehen habe.«
    »Aber Nora ist doch nicht daran schuld, dass es so gekommen ist.«
    »Doch, das ist sie«, fauchte Clara. »Sie hat alles zerstört.«
    »Wie denn?«, fragte Nora.
    »Durch deine Existenz.« Unverhohlener Groll lag in Claras Stimme. Sie würdigte Nora keines Blickes. »Es … er hat sich in sie verliebt. Verliebt wie ein Hund. Und kein besonders schlauer Hund. Ein dummer Hund. Sie war so verzogen und doch so unverdorben. Was für ein reizvoller Gegensatz. Er war völlig besessen von ihr. Also musste ich dem Hund seinen Knochen beschaffen. Es ist ja nicht auszuhalten, wenn ein Mann ständig sabbert vor Gier.«
    »Deswegen hast du dich bereit erklärt, eine Affäre mit meinem Vater anzufangen?«
    »Ich habe mich nicht bereit erklärt.« Claras verächtliche Worte richteten sich nicht an Nora, sondern an mich. »Es war meine Idee. Der schwächste, langweiligste Mann, den ich je kennengelernt habe. Wenn es einen Himmel für selbstlose Frauen gibt, dann müsste ich … aber selbst das hat sie ruiniert. Sie hat George zurückgewiesen. Sie hat ihn einfach zurückgewiesen.« Clara holte tief Luft; ihre Anspannung schien sich etwas zu lösen. »Ich habe viele Sachen probiert, um ihn von dieser Sucht zu heilen. Die verschiedensten Sachen. Wirklich.«
    »Elsie Sigel«, warf ich ein.
    Ein winziges Zucken um ihren Mundwinkel verriet Claras Überraschung, aber sie blieb beherrscht. »Sie haben das Zeug zum Detektiv, Dr. Younger. Haben Sie schon mal über einen Berufswechsel nachgedacht?«
    »Sie haben Ihrem Mann ein anderes Mädchen aus einer guten Familie beschafft. Sie haben gehofft, dass er dann vielleicht Nora vergisst.«
    » Sehr gut. Ich glaube nicht, dass eine andere als ich das hätte bewerkstelligen können. Aber als ich ihren Chinesen gefunden hatte, war sie mir

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