Mordgier
Weißrusse bin, will Dinge erfahren über Schmuggelei und die Moskauer Mafia. Blödsinn.«
»Voreingenommen«, sagte ich.
»Ich hab immer wieder zu ihm gesagt: ›Hören Sie, Sie werden nichts finden, weil es nichts zu finden gibt.‹«
Gigi trabte zu einem weggeworfenen Pappkarton und hob ein Bein.
Korvutz salutierte. »Endlich, Hund.«
Ich sagte: »Die Safrans interessieren mich nur, weil -«
»Gute Nacht und viel Glück. Der einzige Grund, warum ich überhaupt mit Ihnen rede, ist, weil ich nicht will, dass Sie meine Tochter weiter belästigen. Außerdem hab ich nichts zu verbergen. Gehen Sie bald nach L.A. zurück?«
»Bald genug.«
»Grüßen Sie mir die Palmen.«
»Über die Safrans zu reden macht Ihnen wirklich etwas aus.«
Mit geschlossenem Mund stieß er Luft aus, wodurch die Haut um seine Lippen sich aufblähte.
Ich sagte: »Falls Sie nichts zu verbergen haben -«
Die Luft entwich mit einem Zischen. »Vielleicht sind sie zum Mond geflogen. Vielleicht hat der Arschkriecher ihnen was getan. Interessiert es mich einen Scheiß? Nicht mal einen kleinen - nicht mal einen Gigi-Scheiß.«
»Ein Glück, dass Sie sie los sind«, sagte ich.
»Hey«, erwiderte er, »legen Sie mir keine Worte in den Mund. Warum soll ich ihnen nachweinen? Sie kämpfen gegen mich, nur um zu kämpfen. Ich bin davor weggelaufen.«
»Vor dem Kämpfen?«
»Vor dem Kommunismus - kleiner langsamer Hund, mach fertig, mach schon fertig .«
»Die Safrans waren Kommunisten.«
»Belästigen Sie jemand anderen, Mister.«
»Ist Sonia in der Stadt?«
»Sollte ich das wissen?«
»Rufen Sie sie an. Wenn sie sofort mit mir reden kann, bin ich mit Ihnen fertig.«
»Sie sind sowieso fertig.«
»Rufen Sie sie an.«
»Warum soll ich Ihnen einen Gefallen tun?«
»Ihre Tochter und Ihr Hund mögen mich.«
Er starrte mich finster an. »Warum nicht? Sonia empfiehlt mir den blöden Arschkriecher, ich empfehle Sie ihr .«
*
Er ließ mich vor dem Haus stehen, überreichte den Spitz dem Portier und benutzte das Haustelefon. Plauderte kurz; hob den Daumen zu einem Okay.
Ich formte ein »Danke« mit den Lippen. Als Korvutz die Eingangshalle durchquerte, gab er nicht zu erkennen, dass er es bemerkt hatte.
Der Portier ging hinter ihm her. Blieb gelassen, als der Hund ihm das Gesicht leckte.
24
Sonia Glusevitch wohnte in einer Festung aus gelben Backsteinen, die ein Drittel eines Häuserblocks an der East Ninety-third in Beschlag nahm.
Die Tür zu dieser Eingangshalle stand weit offen. Spiegelwände wechselten sich mit goldener Velourstapete ab. Kränkelnde Palmen sehnten sich nach etwas anderem als künstlicher Beleuchtung.
Zwei hutlose Portiers in weißen Hemden saßen hinter einem Resopal-Empfangstisch und ignorierten eine Reihe von Bildschirmen einer Fernsehüberwachungsanlage. Sonia Glusevitchs Name veranlasste sie, mich durchzuwinken, während sie die Lektüre einer Informationsbroschüre zu Pferdewetten fortsetzten.
»Welches Apartment?«
Mühselige Befragung eines in schwarzes Plastik eingebundenen Buches.
»Sechsundzwanzig elf.«
Ein metallverkleideter Aufzug beklagte sich den ganzen Weg bis zum sechsundzwanzigsten Stock. Die Flure waren mit glänzendem Kupfer tapeziert, das man verwendet hatte, um den Eindruck von Patina zu erzeugen. Rostfarbener Teppichboden hatte schon lange seine Elastizität verloren.
Ich klopfte an Sonia Glusevitchs Tür. Die Frau, die öffnete, trug einen Kimono in Limetten- und Orangenfarben und goldene Sandalen mit hohen Absätzen.
Anfang vierzig, füllig und hübsch, mit langen, zu schwarzen Haaren, tarantelartigen Wimpern und blutroten Lippen. Ihr Gesicht war von einer frischen Puderschicht bedeckt. Mit Vanille beladenes Parfüm wehte hinaus auf den Korridor.
»Ms Glusevitch? Alex Delaware.«
»Sonia.« Zwei weiche Hände umschlossen meine. Mehr Vanilleduft, während sie meine Knöchel knetete. »Kommen Sie bitte herrein.«
Ihr Wohnzimmer war kastenförmig, hellblau, und die Einrichtung bestand aus weißen Teppichen, mit schwarzem Samt bezogenen Sitzmöbeln und Barocktischchen mit goldgerahmten Spiegeln. Pariser Straßenszenen mit zu viel Pigment und zu wenig Proportion hingen an den Wänden. Auf einer schwarz lackierten Truhe stand eine Ansammlung von Keramikschalen.
Sie hockte sich auf den Rand eines zweisitzigen Sofas und verwies mich mit einer Handbewegung auf einen Sessel, so dass unsere Knie nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Durch Fenster ohne Vorhänge hatte man einen
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