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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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grausame Zeit.«
    »Soll heißen?«
    »Schalte irgendwann die Nachrichten ein.«
    Er konzentrierte sich wieder auf sein Essen.
    »Es gibt noch eine Möglichkeit, wie man die Sache drehen könnte: Der blonde Mann ist nicht ihr Sohn, er ist der Kassierer«, sagte ich.
    Er nahm einen blauen Plastikhefter aus seinem Aktenkoffer und reichte ihn mir. Darin befanden sich ein vorläufiger Verbrechensbericht, der noch ausgefüllt werden musste, ein paar Papiere, die aussahen wie private Unterlagen von Ella Mancusi, und ein Umschlag mit einem Farbfoto.
    Auf dem Schnappschuss stand eine kleine weißhaarige Frau in einem geblümten Kleid mit Gürtel und hochhackigen Schuhen neben einem schwabbelig aussehenden blonden Mann in den Vierzigern. Hinter ihnen war minzgrüner Stuck. Ella Mancusi hatte ein Vogelgesicht und funkelnde dunkle Augen. Ihre Lippen waren rot angemalt, ihre Nägel lackiert. Sie lächelte, aber am Schwung ihrer Lippen fehlte irgendetwas.
    Der blonde Mann stand mit den Armen an den Seiten da. Die Schultern waren verkrampft, als ob es eine Zumutung gewesen sei, für das Bild zu posieren.
    »Passt zu dem Typ, den Moskow beschrieben hat«, sagte ich.
    »Lies die Rückseite.«
    Ich drehte das Foto um.
    Anthony und ich, mein Geburtstag. Ich habe einen Schokoladenkuchen gebacken. Die Schrift war eine elegante Kursivschrift. Das Datum war der Dezember vor zwei Jahren.
    »Liebender Sohn lässt sie ihren eigenen Geburtstagskuchen backen«, sagte ich.
    Ich studierte Ella Mancusis Lächeln noch ein bisschen und begriff, was fehlte. Mutterstolz.
    »Ich nehme an, er ist ein Einzelkind«, sagte Milo, »weil die wenigen Fotos im Haus alle von ihm waren, die meisten aus seiner Jugend, bis zurück zur Grundschule. Sie hat seine Geburtsurkunde und die Zeugnisse von zwölf Jahren aufbewahrt. Ein Durchschnitt von drei minus, als er sich um einen Studienplatz bewarb. Es gibt einen Anthony Mancusi im County, und seine einzige Vorstrafe ist ein Fall von Trunkenheit am Steuer vor sechs Jahren, der als Ordnungswidrigkeit geahndet wurde. Falls er zu viel trinkt, scheint es nicht genetisch bedingt zu sein. Der einzige Alkohol, den seine Mutter im Haus hatte, war eine ungeöffnete Flasche Sherry, die völlig mit Staub bedeckt war.« Er rieb sich das Gesicht. »Sie hat nicht viel besessen, Alex. Ihre ganzen wichtigen Papiere waren in drei Zigarrenkisten neben ihrem Bett. Vor achtzehn Jahren hat sie an der L.A. Unified aufgehört. In ihrem letzten Job hat sie Sozialwissenschaften an der Louis Pasteur Junior High unterrichtet, sie haben ihr einen netten Abschiedsbrief geschrieben. Verwitwet war sie schon lange vorher - als Anthony Teenager war. Ihr Mann war Anthony senior, Geschäftsführer einer Molkerei in Santa Fe Springs, der in der Arbeit an einem Herzinfarkt gestorben ist. Das Haus war seit elf Jahren abbezahlt, und von ihrer Pension und der ihres Mannes konnte sie recht gut leben. Eine ganz normale, rechtschaffene Mittelklasse-Lady, die den Rest ihres Lebens in einer Wohngegend mit niedriger Kriminalitätsrate verbringt. Warum zum Teufel sollte sie so enden?«
    Ich warf noch einen Blick auf das Foto. »Es ist der Geburtstag seiner Mutter, aber er möchte am liebsten ganz woanders sein. Wenn du Moskows Bericht über die zornige Unterhaltung hinzunimmst, dann gibt es hier eine Art Problem. Gab es ein Testament in einer der Kisten?«
    Er dachte nach. »Nein. Junior macht sie kalt, um zu erben?«
    »Soll schon vorgekommen sein.«
    »Klar ist es das, aber was für eine Bestie würde seine Mutter aufschneiden lassen wie einen Sonntagsbraten?« Er winkte nach der Rechnung. Die lächelnde, bebrillte Frau, die ihn immer bedient, eilte zu uns und fragte, wie das Essen gewesen sei.
    »Alles war köstlich«, sagte er, während er ihr ein paar Scheine zuschob. »Behalten Sie den Rest.«
    »Das ist viel zu viel, Lieutenant.«
    »Machen Sie sich mal keine Gedanken.«
    »Ich schreibe es Ihnen gut«, sagte sie. »Für das nächste Mal.«
    »Nicht nötig.«
    »Sehr nötig.«
    *
    Vor dem Restaurant zog er sich die Hose hoch und schaute auf die Uhr. »Es ist Zeit, dass wir mit Tony Mancusi junior reden, unserem ordnungswidrigen Trinker.«
    »Dass er keine richtige Vorstrafe hat, spricht nicht dagegen, dass er Glücksspielen frönt«, sagte ich.
    »Ja, schon, aber warum sollte man sich mit lebendigen, atmenden Haien abgeben, wenn man es hochladen und PayPal benutzen kann?«
    »Warum sollte ein Filmstar, der im Four Seasons wohnt, rausgehen und sich auf dem

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