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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einlegte, sagte Milo: »Wir möchten Ihnen unser Beileid ausdrücken, Sir.«
    Mancusi kam mühsam auf die Beine. Die Veränderung seines Teints war plötzlich und überzeugend.
    Er stolperte zwei Meter bis zu einer schäbigen Kochnische und erbrach sich in das Becken.
    Als das Würgen aufhörte, spritzte er sich Wasser ins Gesicht und ging mit geröteten Augen und an die feuchte Stirn geklatschten blonden Haarsträhnen zu der Ottomane zurück. Ein Bröckchen Erbrochenes war auf seinem Hemd gelandet, direkt unter einer zerknitterten Kragenecke.
    »Ich weiß«, sagte Milo, »dass es für Sie jetzt alles andere als leicht ist, mit uns zu reden, aber falls es irgendetwas gibt, was Sie uns sagen können -«
    »Was könnte ich Ihnen denn sagen ?«
    »Gibt es irgendjemanden, der Ihrer Mutter etwas hätte antun wollen?«
    »Wer?«
    »Das ist es, was wir -«
    »Sie war Lehrerin !«, sagte Mancusi.
    »Sie war pensioniert -«
    »Sie hat eine Auszeichnung erhalten! Sie war streng, aber gerecht, alle haben sie gerngehabt.« Er wackelte mit einem Finger hin und her. »›Willst du eine bessere Note haben? Dann mach deine Schulaufgaben !‹ Das war ihr Motto.«
    Ich fragte mich, wie das zu einem Sohn passte, der von einer Erwerbsunfähigkeitsrente lebte und sich Geld für die Miete lieh.
    Ein Dreier-Durchschnitt, als er sich um einen Studienplatz bewarb.
    »Also gibt es niemanden, der Ihnen in den Sinn kommt«, sagte Milo.
    »Nein. Das ist … das ist Wahnsinn.«
    Das Erbrochene fiel auf den Teppichboden, Zentimeter von Milos Schuhen entfernt.
    »Ein wahnsinniger Alptraum.« Mancusi senkte den Kopf. Keuchte.
    »Geht’s Ihnen nicht gut, Sir?«
    »Ein bisschen kurzatmig.« Er richtete sich auf, atmete langsam. »Das passiert mir häufiger, wenn ich unter Stress stehe.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, möchten wir Ihnen noch ein paar Fragen stellen«, sagte Milo.
    »Was?«, fragte Mancusi.
    »Nachdem Ihr Vater gestorben war, hatte Ihre Mutter irgendwelche romantischen Beziehungen?«
    »Romantisch? Sie hat gern gelesen. Hat sich ein paar Seifenopern angesehen. Das war für sie romantisch.« Er warf die Haare zurück, neigte den Kopf zur Seite und strich sich eine blondgefärbte Strähne aus der schweißnassen Stirn.
    Eine kraftlose Symphonie von Bewegungen, die an das Posieren erinnerte, dessen Zeuge Ed Moskow geworden war.
    »Irgendwelche engen Freunde, männlich oder weiblich?«
    Mancusi schüttelte den Kopf, bemerkte das Erbrochene auf dem Boden und zog die Augenbrauen hoch. Der Teppichboden war voll mit Fettflecken und von einem Flaum aus Krümeln und Staubflocken bedeckt. Eine helle Beigefarbe, die bis zur Schattierung von Raucherzähnen nachgedunkelt war.
    »Überhaupt keine Bekannten, mit denen sie sich getroffen hat?«, fragte Milo.
    »Nein. Nach ihrer Pensionierung hat Mom es vorgezogen, allein zu sein. Dieser ganze Schulquatsch. Damit hat sie sich dreißig Jahre abgegeben.«
    »Also wurde sie ein zurückgezogener Mensch.«
    »Sie war immer schon ein zurückgezogener Mensch. Jetzt konnte sie endlich sie selbst sein.« Mancusi unterdrückte ein Schluchzen. »Oh Mom …«
    »Es ist schwer, mit so etwas fertigzuwerden«, sagte Milo.
    Schweigen.
    »Hatte Ihre Mutter irgendwelche Hobbys?«
    »Was?«
    Milo wiederholte die Frage.
    »Warum?«
    »Ich versuche, sie kennen zu lernen.«
    »Hobbys«, sagte Mancusi. »Sie mochte Rätsel - Kreuzworträtsel, Sudoku. Sudoku war ihr Lieblingsspiel, sie mochte Zahlen. Sie hatte einen Abschluss in Mathematik, aber sie musste Sozialwissenschaften unterrichten.«
    »Irgendwelche anderen Spiele?«
    »Was meinen Sie damit? Sie war Lehrerin. Sie hat keine … das hier ist nicht wegen ihrer Hobbys passiert. Das war ein … ein … ein Wahnsinniger .«
    »Also gab es keine Hobbys oder Interessen, die sie dazu veranlasst haben könnten, sich in Schulden zu stürzen?«
    Mancusis wässrige braune Augen hoben sich zu Milos Gesicht. »Wovon reden Sie da?«
    »Das sind Fragen, die wir stellen müssen, Mr. Mancusi. Hat Ihre Mom Lotterielose gekauft, online Poker gespielt, irgendwas in der Art?«
    »Sie hat nicht mal einen Computer besessen. Ich auch nicht.«
    »Interessieren Sie sich nicht fürs Internet?«
    »Warum stellen Sie diese Fragen? Sie sagten, sie wäre nicht beraubt worden.«
    »Tut mir leid«, sagte Milo. »Wir müssen gründlich sein.«
    »Meine Mutter hat nicht gespielt.«
    »War sie ein Mensch mit regelmäßigen Gewohnheiten?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Hat sie bestimmte Dinge

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