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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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versetzte. Schließlich lag er zusammengekrümmt auf dem Bett, die Knie an die Brust gezogen und immer noch schwer atmend. »Ich kann Ihnen nichts sagen . Ich weiß nichts.«
    Milo fragte ihn nach anderen Familienangehörigen.
    Mancusis heftiges Kopfschütteln brachte die fadenscheinige Matratze zum Erzittern. »Mom hatte nach mir eine Fehlgeburt, und das war’s.«
    »Was ist mit Tanten, Onkeln -«
    »Niemand, der ihr nahestand.«
    Milo wartete.
    Mancusi sagte: »Niemand.«
    »Niemand, der Ihnen helfen könnte?«
    »Wobei?«
    »Hiermit fertigzuwerden.«
    »Gin Tonics waren eine große Hilfe. Vielleicht fange ich wieder damit an. Halten Sie das für okay?« Er lachte rau.
    Milo antwortete nicht.
    Mancusi sagte: »Vielleicht sollte ich essen und trinken, was ich will, und einen Scheiß drauf geben. Vielleicht sollte ich aufhören, irgendjemanden beeindrucken zu wollen.« Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. »Wen soll ich denn beeindrucken?«
    Er drehte sich auf den Rücken. »Könnten Sie mir etwas Aleve bringen? Es ist in dem Schränkchen neben dem Herd.«
    Ich fand die Flasche, schüttelte eine Pille heraus, ließ ein Glas Wasser an der Spüle volllaufen.
    »Ich brauche zwei«, sagte Mancusi. Als ich bei ihm ankam, schnappte er sich die Tabletten aus meiner Hand und lehnte das Wasser ab. »Ich schlucke sie trocken.« Er demonstrierte es. »Meine große Begabung … Ich muss mich ausruhen.« Er drehte uns den Rücken zu.
    »Noch mal unser herzliches Beileid«, sagte Milo. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie uns an.«
    Keine Antwort.
    Als wir an der Tür waren, sagte Mancusi: »Mom hat diese Kappen immer gehasst.«
    *
    Vor dem Haus fragte Milo: »Glaubst du, er hat uns was vorgespielt?«
    »Moskow hat ihn als theatralisch beschrieben, aber wer weiß?«
    »In welcher Beziehung theatralisch?«
    Ich berichtete ihm von dem Zurückwerfen der Haare mit der Hand in der Hüfte.
    Er runzelte die Stirn. »So was Ähnliches hat er eben auch gemacht. Aber er hat wirklich gekotzt.«
    »Menschen wird aus allen möglichen Gründen schlecht«, sagte ich. »Auch aufgrund von Schuldgefühlen.«
    »Symbolische Katharsis? Oder wie ihr Leute das nennt …«
    »Ich nenne es sich übergeben. Er ist ein Einzelkind ohne enge Verwandte. Ich wüsste wirklich gern, ob es ein Testament gibt.«
    »Einverstanden«, sagte er. »Die Frage ist, wie wir es finden.«
    »Vielleicht können es dir die Verwandten sagen, die ihr nicht nahegestanden haben.«
    »Hat Tony das Verhältnis runtergespielt, weil er nicht wollte, dass ich mit ihnen rede?«
    »Familiäre Werte«, sagte ich. »Das ist der Punkt, wo alles beginnt.«
    Er fuhr drei Häuserblocks weit, öffnete den Kofferraum des zivilen Einsatzfahrzeugs, zog sich Handschuhe an und durchwühlte die Schachtel mit persönlichen Habseligkeiten, die er aus Ella Mancusis Schlafzimmer mitgenommen hatte.
    Keine Erwähnung irgendwelcher anderer als Tony, aber die Karte einer Rechtsanwältin in einem Stapel, der mit einem Gummi zusammengebunden war, erregte seine Aufmerksamkeit.
    Jean Barone, Esq., Wilshire Boulevard, Santa Monica.
    Die anderen Karten waren von Installateuren, Elektrikern, Klimaanlagen- und Heizungsmechanikern, einem Lieferservice für Lebensmittel.
    Männer, die das Haus betraten und verließen und vielleicht Ella Mancusis Gewohnheiten zur Kenntnis nahmen. Falls nicht bald andere Spuren auftauchten, müssten sie alle überprüft werden.
    Milo rief Jean Barone an, und nachdem sie den Schock überwunden hatte, sagte sie, ja, sie habe Mrs. Mancusis Testament aufgesetzt, schätze es aber nicht, Angelegenheiten von Mandanten am Telefon zu besprechen.
    Als wir uns auf den Weg nach Santa Monica machten, sagte Milo: »Vielleicht liegt es an mir, aber sie klang interessiert.«
    *
    Jean Barone empfing uns in der beengten, leeren Eingangshalle ihres Bürohauses, eines zweistöckigen Gebäudes unmittelbar westlich der Yale. Der Raum konnte eine Auffrischung vertragen. Sie sah aus, als hätte sie gerade ihr Make-up erneuert.
    Sie war eine Brünette mittleren Alters mit welligem Haar, die knapp in ihr nachgemachtes pfauenblaues Chanelkostüm passte. Nachdem sie sich Milos Ausweis hatte zeigen lassen, nahm sie uns im Aufzug mit in ihr Zweizimmerbüro. Auf der schlichten weißen Tür stand außer ihrem kein Name. Unter ihrem Titel zusätzliche Beglaubigungen als öffentliche Notarin und geprüfte Steuerberaterin.
    Ihre Kanzlei roch nach Shalimar. Sie nahm hinter einem dunklen Schreibtisch Platz,

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