Mordgier
müsse er beweisen, dass er sich nicht schämte. Kat sagte zu mir, darüber wäre sie wirklich sauer gewesen, sie würde sich doch keine Frechheiten von einem Verrückten gefallen lassen, und deshalb hätte sie zurückgestarrt. Ich nehme an, das könnte man Konflikt nennen.«
»Klingt wie ein selbstbewusster Verrückter«, sagte Milo.
»Kat hielt es für irrsinnig komisch«, erwiderte Amelie. »Ich war entsetzt. Alle Menschen haben ihre Geheimnisse, warum sollte man dafür sorgen, dass sie sich lächerlich vorkommen?«
»Was ist dann passiert?«
»Der Typ hat sie weiter angestarrt, schließlich klein beigegeben und ist schnell verschwunden. Kat meinte, sie hätte sich noch ein paar Lacher für den Schluss aufgehoben. Damit er sie hören konnte, als er sich davonschlich. Es bedeutet vermutlich nichts, aber Sie haben nach Problemen gefragt.«
»Hat Kat diesen Mann beschrieben?«
Schwarz umrandete Augen weiteten sich. »Glauben Sie, er könnte es tatsächlich gewesen sein? Oh nein, was ist, wenn er wiederkommt?«
»Ich bin mir sicher, da besteht keine Verbindung, Amelie. Wir müssen nur so viele Fakten sammeln wie möglich.«
»Das würde mich echt zum Ausflippen bringen«, sagte sie. »Der Gedanke daran, hier mit -«
»Sie werden keine Probleme haben, Amelie. Hat Kat ihn beschrieben?«
»Nein, nein. Sie hat nur die Geschichte erzählt und gelacht. Den ganzen Rest des Tages hat sie immer wieder gekichert.«
17
Ein Juwelierladen mit Namen Cachet war am Ende des Häuserblocks zu sehen.
»Wo ich so ein toller Hecht als Detective bin«, sagte Milo, »würde ich mal annehmen, dass das der Laden ist, wo Beth Holloway arbeitet. Aber zunächst muss ich etwas für meinen Blutzucker tun.«
Ich folgte ihm in das Kaffeegeschäft. Der Laden war fast leer, aber es dauerte eine gewisse Zeit, bis wir die Aufmerksamkeit des iPod-tragenden Jungen erregt hatten, der sich hinter der Espressomaschine versteckte.
Milo kaufte zwei mit Crème fraîche bestrichene Bagels in Frisbeegröße, füllte einen kleinen Pappbecher mit kostenlosem Wasser und brachte seine Beute zu einem Barhocker an der Ecke.
Als er einen Bagel verputzt hatte, wischte er sich das Kinn ab. »Ist eine Weile her, seit ich einen Fall mit Untertönen hatte.«
Vor einigen Jahren war er einem Captain unterstellt gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass ihm jeder Mordfall mit »unkonventionellen Untertönen« zugewiesen wurde, der in der Abteilung anfiel. Womit er alles außer Mann an Frau meinte, je schauriger, desto besser.
Kat Shonskys Leiche trug die Zeichen eines Lustmords - blitzartig verabreichte Kopfwunde, exzessive Messerarbeit, sexuelle Positionierung, die verächtliche Platzierung des Führerscheins. Aber nichts wies darauf hin, dass es etwas anderes war als Mann an Frau.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich irgendwelche Untertöne erkenne, Großer.«
Er lächelte.
»Was ist daran lustig?«
»Wohin es auch führt.«
*
Glitzern und Versuchung füllten die Schaufenster des Juweliergeschäfts. Ein junger Mann mit spatenförmigem Gesicht in einem dunklen Anzug musterte uns, bevor er uns mit einem Knopfdruck die Tür öffnete. Sobald wir eintraten, hielt er die Hände unter den Ladentisch.
Als Milo ihm seinen Ausweis zeigte und nach Beth Holloway fragte, entspannte sich der Mann zusehends.
»Das da ist Beth.« Er richtete den Blick auf eine kleine Frau mit honigblonden Haaren, die einem gebeugten weißhaarigen Mann um die achtzig ein Auslagekästchen aus grauem Samt mit Cocktailringen zeigte.
Beth Holloway hatte große blasse Augen, makellose Haut, glatte bronzefarbene Arme. Eine Minikollektion Armreifen umringte zierliche Handgelenke. Sie trug ein eng anliegendes, tief ausgeschnittenes taupefarbenes Kleid, das hinter mehreren Lagen ein volles, sommersprossiges Dekolleté aufblitzen ließ. Die Aufmerksamkeit des Kunden schwankte zwischen all der Haut und dem Spielzeug auf der Auslage hin und her.
»Ziemlich umwerfend, Mr. Wein«, sagte sie. »Nicht wahr?«
Der alte Mann seufzte. »Es ist immer schwierig.«
Beth berührte sein Handgelenk. »Sie wissen immer, was zu tun ist, Mr. Wein.«
»Wenn Sie das sagen …« Er hielt einen Platinring mit Saphiren hoch. »Was meinen Sie?«
»Perfekt, er wird ihr gefallen.«
Wein hielt den Ring ins Licht und drehte ihn.
»Möchten Sie eine Lupe haben, Sir?«
»Als ob ich wüsste, was ich mir da anschaue.«
Beth lachte. »Sie können es mir glauben, Mr. Wein, das hier sind wirklich großartige Steine. Und
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