Mordkommission
diesem Moment nicht daran zu denken, dass noch an diesem Abend ein Elternpaar eine
Tür öffnen würde, vor der zwei Kollegen mit ihren Mützen unter dem Arm stehen würden …
Die eisige Kälte, die mir gleich darauf am Parkplatz vor dem Supermarkt entgegenschlug, trieb mir die Tränen in die Augen.
Ich überzeugte mich davon, dass die Absperrung vollständig stand und niemand mehr ungesehen und unkontrolliert das Gelände
verlassen konnte. Sodann erhoben wir von allen anwesenden Mitarbeitern die Personalien und |141| befragten sie nach verdächtigen Beobachtungen und wo sie sich in der Zeit von 17 Uhr bis zur Auffindung der Toten befunden hatten. Keiner konnte nähere Angaben zu ihrem privaten Umfeld machen, dafür war
die Ermordete zu kurz in der Firma tätig. Mittlerweile waren auch Mitarbeiter der Firmenzentrale eingetroffen, die um einen
sofortigen Kassensturz gebeten wurden, damit wir feststellen konnten, ob der Mörder Geld geraubt hatte.
Die Beamten des Erkennungsdienstes in ihren weißen Schutzanzügen sowie ein Gerichtsmediziner nahmen ihre Arbeit auf. Dem ersten
Anschein nach war die Frau mit einem schweren Gegenstand mit mehreren wuchtigen Hieben erschlagen worden. Da kein entsprechender
Gegenstand im Umfeld der Getöteten gefunden wurde, forderte ich zur Durchsuchung weitere Einsatzkräfte an. Allein die vollgestellten
Lager- und Personalräume im Keller boten Dutzende möglicher Verstecke, in denen der Täter sowohl die wahrscheinlich blutbeschmierte
Tatwaffe als auch seine vermutlich ebenfalls blutbesudelte Oberbekleidung verborgen haben konnte. Denkbar war ebenfalls, dass
der Täter die Tatwaffe auf dem Weg durch den Verkaufsraum zum Ausgang unter eines der vielen Verkaufsregale geworfen hatte.
Aber sie konnte auch in der Umgebung des Marktes liegen. Deshalb wurden alle in Frage kommenden Örtlichkeiten bis hin zur
Müllpresse und dem Leergutlager genauestens unter die Lupe genommen. Auch die Fahrzeuge, die Mülleimer und Einkaufswagensammelplätze
auf dem weitläufigen Parkplatz wurden mit einbezogen. Doch trotz des großen Aufgebotes an Suchmannschaften und dem Einsatz
eines Polizeihundes mussten wir die Suche schließlich resigniert aufgeben. Wir hatten keine Spur einer möglichen Tatwaffe
gefunden.
Inzwischen hatte einer unserer Kollegen die Prüfung der Tageseinnahmen durch die Revisoren des Unternehmens beaufsichtigt.
Es fehlte ein Bargeldbetrag von mehr als 4000 Euro, den die Ermordete möglicherweise bei sich getragen hatte. Damit war ein Raubmord wahrscheinlich, wenngleich man zu diesem
frühen Ermittlungsstand natürlich |142| auch andere Tatmotive wie Rache oder Eifersucht nicht ausschließen konnte.
Mit uneingeschränkter Unterstützung der Firmenleitung führten wir am übernächsten Tag, einem Sonntag, nochmals eine akribische
Durchsuchung der Geschäftsräume nach Hinweisen auf den Täter oder die Tatwaffe durch, jedoch fanden wir nichts, das uns weitergebracht
hätte. Anschließend befragten wir alle Angestellten nochmals einzeln. Wir suchten mit ihnen jeweils die Stelle auf, wo sie
sich zum Tatzeitraum befunden hatten. Dazu ließen wir uns erklären und zeigen, womit genau sie beschäftigt gewesen waren und
welchen ihrer Kollegen sie in dieser Zeit an welcher Stelle bei welcher Tätigkeit gesehen hatten.
Nach einiger Zeit kristallisierte sich heraus, dass Britta G. am Freitagnachmittag eine Auseinandersetzung mit einem 2 6-jährigen türkischen Subunternehmer gehabt hatte, dessen Aufgabe unter anderem darin bestand, die Lebensmittellieferungen in die Regale
einzuräumen. Ein Mitarbeiter hatte mitbekommen, wie seine Chefin dem Mann mehrfach androhte, ihn hinauszuwerfen. Der Mann
habe jedoch nicht auf die Vorwürfe der Frau reagiert und seine Arbeit fortgesetzt. Einem anderen Verkäufer, der von diesem
Streit nichts wusste, war aufgefallen, dass der Regaleinräumer das Geschäft am Tattag bereits gegen 18 Uhr und nicht wie sonst erst gegen 19.30 Uhr verlassen hatte. Das erschien ihm an diesem umsatzstarken Tag merkwürdig.
Bei der Überprüfung des Mannes ergaben sich erste Auffälligkeiten: So hatte er kurz nach der Tat bei einem Bekannten eine
fällige Schuld von rund 3000 Euro überraschend in bar beglichen. Und als in unmittelbarer Nähe des Leichenfundortes an einer tatrelevanten Stelle ein Handabdruck
des jungen Türken gesichert werden konnte, geriet der Mann zusehends in das Zentrum unserer
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