Mordkommission
ersehnte heiße Spur
zu unserem Täter?
Sogleich machten wir uns mit dem Wirt in unserem Dienstwagen auf den Weg und kamen schließlich nach Altschwabing. Kurz vor
dem Ziel blockierte ein LKW die Hauptstraße. Der Gastwirt dirigierte uns daraufhin durch eine kleine Nebenstraße. Fast beiläufig
zeigte er im Vorbeifahren auf ein indonesisches Lokal und erklärte, dass die Tote manchmal auch hier gegessen habe, wenn sie
allein sein wollte. Gut, dort würden wir anschließend auch einmal nachfragen. Als wir schließlich die Wohnung des geheimnisvollen
Gastes erreicht hatten, stellten wir enttäuscht fest, dass es sich bei dem Mann um einen Arbeitskollegen von Bian V. handelte.
Ihn hatten wir schon überprüft und vernommen; sein DN A-Muster schied ihn als Täter aus. Bei der dennoch durchgeführten Befragung über den Grund seiner |134| Auseinandersetzung mit dem Opfer erfuhren wir, dass der Gastwirt sein bester Freund war! Selbstverständlich kannte dieser
seinen Namen, seine Adresse und auch seine Telefonnummer. Das alles erschien uns sehr merkwürdig. Wusste er mehr, als er zugab?
Wir nahmen uns vor, den Gastwirt sehr genau unter die Lupe zu nehmen. Zunächst aber baten wir ihn lediglich um die freiwillige
Abgabe einer Speichelprobe, womit er sofort einverstanden war.
Auf dem Rückweg hielten wir kurz vor dem indonesischen Lokal an. Meine beiden Kollegen wollten den Wirt routinemäßig um eine
freiwillige Speichelprobe bitten. Sie betraten das kleine Lokal, das um diese Zeit noch leer war und im Gastbereich gemütlich
und sauber wirkte. Aus der Küche erklangen Geräusche, weshalb sie diese aufsuchten, nachdem sie sich bemerkbar gemacht hatten.
Die Küche bot ein absolutes Kontrastprogramm zur adretten Gaststube. Schmieriges Kochgeschirr, unappetitlich verwahrte Lebensmittel
und eine allgemeine Unordnung versprachen nicht gerade kulinarischen Hochgenuss. Die Kollegen nahmen sich vor, einen Bericht
an das Gaststättenreferat zu erstellen, um eine lebensmittelrechtliche Kontrolle zu veranlassen. In der Küche stand ein circa
vierzigjähriger Vietnamese, der sich als Inhaber bezeichnete und gerade dabei war, mit einem großen Messer ein Stück Fleisch
zu bearbeiten. Die Kollegen erklärten dem Wirt den Grund ihres Kommens und fragten ihn, ob er Bian V. gekannt habe. Er habe
von der schrecklichen Tat aus der Zeitung erfahren, dort auch ein Bild der Frau gesehen, aber ob sie bei ihm jemals zu Gast
gewesen sei, könne er nicht sagen. Zumindest sei sie ihm nicht aufgefallen. Mit dieser Auskunft gaben sich meine Kollegen
zunächst zufrieden, da der Mann sofort in die Abgabe einer Speichelprobe einwilligte.
Nichts an der Gaststätte hätte einen von uns dazu veranlasst, sie wieder aufzusuchen. Dennoch sollte sie uns genau zehn Tage
später erneut beschäftigen. Da nämlich rief eine Gutachterin des Instituts für Rechtsmedizin an und erkundigte sich scheinheilig,
ob wir denn schon wüssten, wer im Fall des Mordes an der vietnamesischen Kellnerin der Täter |135| sei? Leider nicht! »Da habe ich vielleicht eine Information, die euch ein wenig auf die Sprünge helfen könnte« – und dann
ließ sie die Katze aus dem Sack: »Ihr habt mir eine Speichelprobe herübergeschickt, die exakt mit dem bislang nicht zugeordneten
DN A-Muster vom Tatort übereinstimmt!« Ich konnte es kaum fassen: ein Datenbanktreffer! Wir hatten den Mörder! In Windeseile versammelte
ich meine Kollegen, die ungläubig zuhörten, während ich mein Telefonat mit der Dame aus der Rechtsmedizin fortsetzte. Nicht
umsonst war sie – stellvertretend für ihr gesamtes Team – zur Ehrenkommissarin der Mordkommission ernannt worden. Immer wieder
war es dank der außerordentlich gewissenhaften und sorgfältigen Arbeit der Spezialistinnen und Spezialisten des Institutes
für Rechtsmedizin gelungen, so manchen der scheinbar unlösbaren Mordfälle – zum Teil nach Jahrzehnten – doch noch zu klären.
Nicht selten waren die Mitarbeiter der Rechtsmedizin auch außerhalb ihrer Dienstzeiten, an Wochenenden und bis spät in die
Nacht, über unseren Spuren gesessen, bis sie ein Ergebnis erzielten. Landauf, landab werden wir von anderen Mordkommissionen
um diese unbürokratische und schnelle Unterstützung beneidet, die nicht überall selbstverständlich ist. Ich wiederholte sorgfältig
die Codierung der DN A-Probe , die mir meine Gesprächspartnerin durchgab, und bedankte mich. Dann ging das Suchen nach der
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